SXSW 2022:
Wie auf der SXSW Politik gemacht wird
Alex Turtschan berichet für uns täglich von der SXSW.
Ein großartiger Aspekt der SXSW ist die enorme Bandbreite an Themen, die auf den Bühnen der Konferenz stattfinden. Die neuesten Entwicklungen in Marketing, Technologie & Kreativwirtschaft, Klimawandel, Startup-Pitches, Weltraum-Tourismus, die Zukunft der Arbeit, Unternehmertum, verrückte Metaverse Anwendungen - es gibt Platz für (fast) alles. Und vor allem auch für Politik. Die Organisatoren der Konferenz waren schon immer sehr gut darin, die wichtigsten politischen Debatten unserer Zeit auch im Programm abzubilden.
So war die Auftakt-Keynote am Freitag z.B. ein Interview mit Alexis McGill Johnson, der Präsidentin von Planned Parenthood und drehte sich unter anderem um den andaurenden Kampf gegen das neue drakonische Abtreibungsgesetz im Bundesstaat Texas.
Am Sonntag war das Thema Trans-Rechte prominent auf der größten Bühne der Konferenz vertreten, auch hier wieder mit dem traurigen Anlass aus der Tagespolitik in Form einer neuen Verordnung des republikanischen Gouverneurs Greg Abbott an die Behörden in Texas, Hormonbehandlungen für Trans-Kinder und -Jugendliche künftig als Kindesmissbrauch zu behandlen.
Und der große Hoffnungsträger der texanischen Demokraten, Beto O'Rourke, warb im Interview auf der SXSW Bühne um Stimmen für die anstehende Gouverneurs-Wahl. Aber auch international wichtige Themen, wie die zögerliche Haltung der großen Digital-Konzerne, Inhalte auf ihren Plattformen stärker zu moderieren finden ihren Platz, wie z.B. im Vortrag der Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen.
Es ist eine gute Erinnerung für uns Besucher aus den großen Unternehmen, Beratungen und Agenturen dass wir durchaus Möglichkeiten haben, unsere priviligierte Position für positive Veränderungen in der Gesellschaft und im politischen Diskurs zu nutzen. Purpose-Kommunikation ist nicht umsonst einer der großen Trends unserer Zeit und Themen, für die es zu kämpfen gilt, gibt es aktuell wirklich mehr als genug.
Die Gen Z in China als Glaskugel für die westliche Welt
Einer der spannendsten Vorträge am heutigen Dienstag drehte sich um die Gen Z in China. Für die beiden Speaker Arnold Ma and Tom Nixon von Qumin, der ersten chineischen Digital-Agentur in Großbritannien, ist die Gen Z in China der perfekte Gradmesser für das Marketing in der westlichen Welt.
Die größten Trends sind bereits heute spürbar: die enorme Popularität von Social- und Live Commerce, die auch in den westlichen Märkten immer mehr an Fahrt gewinnen. Gaming und Esports als dominierende Unterhaltungsplattform in jungen Zielgruppen. Und nicht zuletzt der enorme Einfluss, den Influencer in China auf die Kaufentscheidung ihrer Follower haben, insbesondere im Vergleich zur traditionellen Werbung.
Ein anderes Marketing-Instrument, das in China extrem populär ist, hat es hingegen noch nicht zu uns geschafft: virtuelle Influencer. In China sind sie bereits seit 10 Jahren ein wichtiger Teil der Online-Kultur. Sie sind Partner für Unternehmen, werben für Produkte, geben Konzerte und dienen als Charaktere für digitale CRM-Systeme.
Inzwischen gehen viele Marken in China bereits einen Schritt weiter und entwerfen komplette digitale Welten rund um die virtuellen Influencer und als Raum für Storytelling rund um die digitalen Charaktere. Und wo ist dafür der perfekte Platz? Natürlich im Metaverse.
Also doch alles Metaverse?
Was nehmen wir mit von der SXSW 2022? Das Metaverse war sicherlich eines der dominierenden Themen. Aber sicherlich nicht als Allheilmittel, die Auseinandersetzung war differenziert und allen vielen Stellen kritisch. Wird die Zukunft des Metaverse, wie von vielen Experten propagiert, nicht in Virtual Reality und 3D stattfinden, sondern über Wearables? Oder hat Mark Zuckerberg nach Facebook's Transformation in Richtung Mobile auch mit seiner Vision Horizon Worlds den richtigen Riecher? Sind NFts wirklich die Möglichkeit für Künstler, die Kontrolle und Monetisierung ihrer Inhalte zurück zu erlangen, oder sind sie reine Spekulationsobjekte? Wollen die Konsumenten wirklich ein transaktionales Metaverse, in dem alles zur Ware wird? Oder geht es viel mehr um unterhaltsame, immersive Social Spaces, in denen persönliche Beziehungen im Vordergrund stehen, die Spaß machen und die Grenzen zwischen realer und digitaler Welt weiter verschieben? In einigen Jahren werden wir schlauer sein.
Für mich persönlich war die vergangene Woche auch eine Rückbesinnung auf die Zeit vor der Pandemie. Der persönliche Austausch, die positive Energie der Konferenz, die vielen Eindrücke und das bewusste Erleben und Verarbeiten ebendieser klappt wohl nirgends besser als in Austin im März. Bis nächstes Jahr!
Alex Turtschan berichtet für W&V täglich von der SXSW in Austin, Texas. Bislang erschienen:
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