Neben den Befürwortern sorgen sich allerdings auch einige Händler um die Missbrauchsmöglichkeiten, die gewerbliche "Schwarzverkäufer" nutzen könnten, um unter einem jetzt kostenfreien Privataccount gewerbliche Verkäufe im großen Stil zu Dumping-Preisen anzubieten. Allerdings meldet eBay seit 1.1.23 nach dem Plattformen-Steuertransparenzgesetz die Daten aller Verkäufer auf seiner Plattform an das Finanzamt - auch die von Privatverkäufern. Einem wachsamen Finanzbeamten könnten verdeckte gewerbliche Gewinne also eventuell auffallen.  

Wie viel sich eBay den Schritt kosten lässt, verrät der Marktplatz nicht; auch aus den Geschäftszahlen lässt sich der Anteil des Privatkundengeschäfts in Deutschland nicht herauslesen. Es handle sich aber um ein "signifikantes Investment" auf Seiten eBay Deutschlands, das auch innerhalb des weltweiten Konzerns aufmerksam beobachtet werde, so Schmaler. 

Die relevante KPI für die Messung des Erfolgs sei allein die Nutzerzahl, hieß es aus dem Management. Deshalb soll die Neuerung auch breit kommuniziert werden; mit der Einführung am 1. März startet eine breit angelegte TV-, Radio-, Online- und Social-Kampagne unter dem Claim "Lass es los. Kostenlos", und auch auf ebay.de selbst soll auf den neuen gebührenfreien Privatverkauf prominent hingewiesen werden. 

Harte Strategiewende und Reaktion auf den Erfolg von Kleinanzeigen.de

Der Gebührenerlass für Privatverkäufer stellt eine deutliche Kehrtwende in der eBay-Strategie dar. Erst im Juli 2021 hatte der Marktplatz seine Gebührenstruktur für Privatverkäufer überarbeitet und seither 11 Prozent Provision auf den Gesamtpreis einer Bestellung (inklusive Versandkosten) verlangt - plus 35 Cent pro Bestellung. Damals wurde der Schritt mit einer Modernisierungsstrategie begründet, die den Marktplatz insgesamt attraktiver machen sollte. 

Das ging nach hinten los, denn viele Privatverkäufer nahmen die Preisänderung zum Anlass, die Plattform zu verlassen. Mit ihnen zogen aber auch viele potenzielle Käufer davon: Seit dem zweiten Quartal 2021 sinkt die Zahl der aktiven eBay-Nutzer stetig ab. 2022 betrug der Nutzerschwund laut den eBay-Geschäftszahlen -8,8 Prozent.  

Die abtrünnigen Privatverkäufer finden im lebendigen deutschen C2C-Markt schnell eine neue Heimat, vor allem bei der ehemaligen eBay-Tochter Kleinanzeigen.de, die der Konzern 2020 an den norwegischen Online-Marktplatz Adevinta verkauft hat. Das Portal läuft trotz der Trennung von eBay sehr erfolgreich und erreicht nach eigenen Angaben zwei von drei deutschen Internetnutzern - die auf der Plattform kostenlos verkaufen können. Der Strategiewechsel von eBay im Umgang mit seinen Privatverkäufern dürfte als Versuch zu verstehen sein, nicht noch mehr Nutzer an Kleinanzeigen.de zu verlieren. 

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Autor: Ingrid Lommer

Ingrid Lommer ist die Plattform-Expertin der W&V-Redaktion. Sie behält Online-Marktplätze in Deutschland, Europa und der Welt im Blick, verfolgt die aktuellsten Änderungen auf dem Amazon-Marktplatz und späht mögliche Verfolger aus - weshalb sie auch Marktplatz-Anwandlungen von TikTok, Shopify oder Meta hochspannend findet. Ihre Expertise vertieft sie alle zwei Wochen beim Talk mit Valerie Dichtl im Podcast-Format "Let's talk Marketplace". Natürlich ist sie deshalb auch Ansprechpartner Nummer 1, wenn es um die Ausgestaltung von Plattform-Themen auf den Events ihres Verlags wie zum Beispiel der „Marketplace Convention“ geht. Dabei liegt ihr besonders der Austausch und das Networking innerhalb der Community der "Marktplatz-Menschen" am Herzen.