Aber es ist eben auch eine besondere Branche: Insgesamt tat sich der gesamte deutsche DIY- und Garten-Markt lange schwer mit dem E-Commerce an sich. 2022 lag der Online-Anteil am Gesamtumsatz der Branche laut dem HDE Online-Monitor bei gerade mal 7,2 Prozent; zum Vergleich: im Modesektor liegt die Online-Durchdringung mittlerweile bei über 40 Prozent. Das Online-Geschäft mit ihren Sortimenten überließen die stationären deutschen Platzhirsche jahrelang weitgehend E-Commerce-Generalisten wie Amazon, Otto oder Kaufland.

Mit der Corona-Pandemie änderte sich das, zunächst gezwungenermaßen, nach und nach auch mit zunehmender Begeisterung. Bauhaus beispielsweise investierte kräftig in seinen Online-Shop, sowohl im Frontend als auch in Prozesskettenoptimierung und Logistik. Der Erfolg der Maßnahmen zeigt sich in der aktuellen EHI-Liste der Top 100 Online-Shops: Dort findet sich Bauhaus auf Rang 26; vor drei Jahren stand das Unternehmen noch auf Platz 89. Auch Hornbach (2022 Platz 30) und Obi (2022 Platz 32) schrieben ähnliche Online-Erfolgsgeschichten.

Der Einstieg ins Plattform-Business scheint da nur der logische nächste Schritt. Und er kommt keine Minute zu früh.

Der DIY-Markt wird gerade verteilt

Denn die europäische Konkurrenz ist teilweise schon deutlich weiter als die deutschen Marktführer, wie ein Blick auf den aktuellen Marktplatz-Quadranten "DIY & Garden", den ich in Zusammenarbeit mit der Marketplace Uni erstellt habe, zeigt.

Der Marktplatz-Quadrant "DIY & Garden"

Der Marktplatz-Quadrant "DIY & Garden"

Aus Frankreich drängt ManoMano mit jeder Menge Investorengeld im Rücken nach Europa. In den traditionell DIY-starken Benelux-Märkten stehen die Hauptquartiere der Branchengrößen Brico, Bricoman, Praxis und VidalXL, die allesamt in mehreren europäischen Ländern Dependancen betreiben. Und in Großbritannien ist der Baumarkt-Kette Kingfisher/B&Q mit einer Marktplatz-Eröffnung unter der Traum-Adresse DIY.com ein großer Wurf gelungen: Die erst im März gestartete Plattform trägt bereits jetzt 33 Prozent zum Gesamthandelsvolumen von DIY.com bei, listet 700.000 SKUs (bis Ende 2024 sollen es vier Millionen sein) und will bereits im kommenden Jahr mit eigenen Marktplätzen in Frankreich und Polen starten.

Das ist das Tempo, mit dem Hornbach, Bauhaus und bald auch Obi mithalten müssen, wenn sie ihre Marktanteile am europäischen DIY-Markt nicht verlieren wollen. Auf der anderen Seite werden auch die großen Generalisten dem neuen Online-Push im Baumarkt-Bereich nicht tatenlos zusehen. Galaxus meldete im Sommer ein Baumarkt-Sortiment von über 500.000 Produkten - was die Plattform zum größten Baumarkt der Schweiz machte, online wie offline. Bei Amazon wiederum gehört das Baumarkt-Segment am Prime Day Fall zu den aktivsten Kategorien, vom Meisenknödel bis zum Akkubohrer.
Die endgültige Marktverteilung in der wachsenden Branche ist alles andere als abgeschlossen, und Plattformen werden eine entscheidende Rolle dabei spielen. Es bleibt spannend.

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Autor: Ingrid Lommer

Ingrid Lommer ist die Plattform-Expertin der W&V-Redaktion. Sie behält Online-Marktplätze in Deutschland, Europa und der Welt im Blick, verfolgt die aktuellsten Änderungen auf dem Amazon-Marktplatz und späht mögliche Verfolger aus - weshalb sie auch Marktplatz-Anwandlungen von TikTok, Shopify oder Meta hochspannend findet. Ihre Expertise vertieft sie alle zwei Wochen beim Talk mit Valerie Dichtl im Podcast-Format "Let's talk Marketplace". Natürlich ist sie deshalb auch Ansprechpartner Nummer 1, wenn es um die Ausgestaltung von Plattform-Themen auf den Events ihres Verlags wie zum Beispiel der „Marketplace Convention“ geht. Dabei liegt ihr besonders der Austausch und das Networking innerhalb der Community der "Marktplatz-Menschen" am Herzen.