Interview mit Ralf Dümmel:
"'Der Kunde ist König' gilt heute umso mehr"
Ralf Dümmel kennt sich aus: Er sitzt als Investor in der Jury des Vox-Erfolgsformates "Die Höhle der Löwen" - und ist Geschäftsführer des Handelsunternehmens DS Produkte. Im exklusiven Gespräch haben wir mit ihm über Trends wie Einzelhändler als Medienunternehmen, den Handel in 15 Jahren und Individualisierung gesprochen.
Herr Dümmel, ohne welches Produkt, das Ihnen bei Die Höhle der Löwen (DHDL) präsentiert wurde, können Sie zu Hause nicht mehr leben?
"Oh, da gibt es wirklich eine Menge. Ich investiere nicht einfach nur in Produkte, sondern bin wirklich selbst so begeistert davon, dass ich das Produkt nicht mehr missen möchte. Die Abfluss-Fee beispielsweise, denn das ist einfach so eine tolle Innovation. Auch Rokitta’s Rostschreck ist bei mir im Geschirrspüler und im Besteckkasten vorhanden. Das sind beides Problemlöser und das erleichtert einfach den Alltag. Um ehrlich zu sein muss ich aber auch sagen, dass ich nicht alle Produkte nutzen kann, z.B. die Tierartikel, da ich selber keine Haustiere habe, trotzdem bin ich von denen auch begeistert."
Die meisten Produkte, mit denen die Gründer aus DHDL auf den Markt wollen, scheinen dazu da, um uns das Leben irgendwie zu vereinfachen. Was meinen Sie, wohin die Reise geht: Welche Arten von Produkten werden wir in Zukunft zu sehen bekommen? Geht ohne Digitales gar nichts mehr, oder wird ein klassisch-analoges Produkt wie etwa Öko-Schneckenmittel nach wie vor gefragt?
"Menschen sind Gewohnheitstiere, denn was sich als gut erweist wird gerne wiederholt. Nicht umsonst absolvieren Millionen Menschen stets das gleiche Prozedere jeden Morgen. Deswegen suchen wir auch oft nach Problemlösern für den Alltag. Umso digitaler die Welt wird, desto mehr digitale Erfindungen erobern die Welt. Aber es wird immer Sachen geben, die nicht mit technischen Know-how zu bewältigen sind. Ich bin mehr deshalb sehr sicher, dass wir auch weiterhin klassische Produkte brauchen. Der Mix macht´s."
Studien zufolge verliert der stationäre Einzelhandel zwar an Kunden, der Umsatz aber steigt. Warum wird der einzelne Kunde wertvoller? Wie können Händler das nutzen?
"Für die Kunden selbst ist eines besonders wichtig: das Einkaufserlebnis. Kunden zu gewinnen und zu halten ist sicherlich eine der größten Herausforderungen des stationären Handels. Neben einem Sortiment mit innovativen Produkten und Neuheiten, gehört auch die fachkundige Beratung und die digitale Vernetzung. Händler sollten sich fragen, wie sie sich Multichannel-seitig aufstellen können um den Kunden immer und überall das perfekte Einkaufserlebnis bieten können. Die Prämisse „Der Kunde ist König“ galt schon immer für den Handel und heute umso mehr. Davon profitieren in erster Linie die Endkunden."
Auch als Innovator wird der Kunde immer öfter eingebunden. Was halten Sie davon? Wie verändert sich dadurch das Angebot und die Kommunikation? Was heißt das für Start Ups?
"Das ist ein spannender Trend. Vieles spricht dafür, Kundenbeiräte einzuführen und so sozusagen die Marktforschung direkt ins Haus zu holen. Nach meiner Erfahrung sind besonders Startups nah an ihren Kunden dran. Daran kann sich der etablierte Handel gut orientieren. Wir bei DS Produkte arbeiten seit jeher eng am Kundenfeedback. Wir sammeln die Kundenkommentare, die wir zu unseren Produkten bekommen, online und über die Kundenhotline und eruieren das Feedback vor der Entwicklung neuer Produkte oder auch um vorhandene Produkte zu verbessern. Der Handel ist keine Einbahnstraße – das muss jeder verstehen."
Drohnen, Same Day-Delivery, Sprachassistenten – die Zukunft des Handles scheint bunt. Wo stehen wir Ihrer Meinung nach in 15 Jahren? Wie kaufen wir dann wirklich ein?
"Auch ich kann leider nicht in die Zukunft schauen, aber ich bin mir sicher, dass sich unglaublich viel verändern wird. Einfach nur Produkte bereitstellen wird keinen langfristigen Erfolg für loyale Kunden garantieren. Ich denke, dass Einzelhändler sich in Zukunft als Medienunternehmen verstehen und auch diese Rolle übernehmen werden. Soziale Medien werden sich noch weiter entwickeln, verändern und noch mehr Einfluss nehmen mit dem Ziel Kunden Teil des Geschehens werden zu lassen, Kunden zu inspirieren und entsprechende Transformationsmöglichkeiten anzubieten. Wahrscheinlich werden wir irgendwann einen Film gucken, das Sakko von Brad Pitt berühren und es klingelt dann kurze Zeit später an der Haustür."
Mobile Commerce und E-Commerce legen weiter zu. Es heißt, die Grenzen zwischen Geschäften, Web und Mobile müssen sich auflösen. Aber wie gelingt das?
"Es wird kein Weg dran vorbeiführen, dass die Grenzen aufweichen, denn die Kunden haben einfach die Erwartung, dass ihre Bedürfnisse sofort gestillt und Erwartungen sofort erfüllt werden. Ob E-Commerce, Mobile-Commerce oder das Ladengeschäft – alles hat seine Daseinsberechtigung und es muss doch vor allem darum gehen, alles ideal miteinander zu vernetzen und besser aufeinander einzahlen zu können. Das klassische Ladengeschäft wird es auch weiterhin geben, diese müssen sich aber anders aufstellen. Und auch die Kunden müssen sich darauf einstellen, dass sie immer gläserner werden. Vermutlich wird man ein Geschäft betreten und der Verkäufer weiß schon viel über die Gewohnheiten, bevor man überhaupt Guten Tag gesagt hat. Neben aller Begeisterung für technische Innovationen, wird es auch wichtig sein hier eine ethische Debatte zu führen."
Kunden wollen begeistert werden und das Einkaufserlebnis wird immer wichtiger. Was heißt das für den Handel? Können auch Discounter da mithalten?
"Ja, da bin ich mir sicher. Gerade die Discounter haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sie nicht stehen bleiben und sich permanent weiterentwickeln. Die Funktion des Handels wird sich komplett ändern, da die Grenze zwischen der physischen und der digitalen Welt immer mehr verschwindet. Geschäfte werden sich in Orte verwandeln, wo Kunden die Marke hautnah erleben und damit eine emotionale Beziehung aufbauen können. Einzelhändler müssen ihre Ladengeschäfte neu gestalten, um die Forderung von vernetzten Kunden zu erfüllen."
Welche Chancen bietet der Trend zur Individualisierung dem Handel?
"Chancen gibt es eine Menge, aber ich glaube der Trend für Zeitersparnis im Handel wird immer größer. Zeit ist eines der kostbarsten Güter. Die Kunden werden den Händlern die Treue halten werden, die den höchsten Komfort bieten. Jeder weiß, dass das Einkaufen Zeit kostet, aber es gibt auch die Einkäufe, die man als Konsument genießen kann. Hier geht es nicht um den Toilettenpapier-Einkauf, sondern um den „Heute gönn ich mir etwas-Einkauf“. Händler müssen die richtigen Antworten finden, wie auf Kunden individual eingegangen werden kann und Verkäufer werden immer wichtiger als Berater für die Kunden werden."
Stellen wir uns DHDL in 20 Jahren vor. Was wird anders sein?
"Ich hoffe und wünsche mir, dass es die Sendung dann immer noch gibt. Ich werde dann im Schaukelstuhl die Sendung sehen, denn ich werde nie den Spaß daran verlieren, neue Produktideen vorgestellt zu bekommen. Da die Gründer eigentlich die wichtigen Player sind, werden sie vermutlich im Sessel sitzen und die Löwen werden um den Deal pitchen."