Wirkungsmessung:
So wirkt Werbung in den einzelnen Kanälen!
Einzeln stark, aber stets mit dem Blick für den Gesamterfolg von Kommunikation: Wie Vermarkter die Wirksamkeit ihrer Kanäle unter Beweis stellen - und welche Wirkung sie auf Kunden wie Emmi Caffè Latte, Melitta oder Fielmann haben.
Das oft zitierte „Kanaldenken“ gehört in der Mediabranche – gefühlt – schon seit Jahren der Vergangenheit an. Im Sinne der Werbekunden und ihrer Budgets war es ohnehin nie. Wirkungsforschungsansätze belegen heute verstärkt den kanalübergreifenden Beitrag einzelner Gattungen. Dennoch ist Werbewirkungsforschung im Sinne des Gattungsmarketings auch heute keineswegs out. Sonst konkurrierende Vermarkter ziehen an einem Strang, um gemeinsam die eigene Gattung zu stärken – Screenforce ist hierfür ein prominentes Beispiel, ebenso die von AS&S Radio und RMS betriebene Forschungsinitiative Audioeffekt.
Bei seinem Vortrag auf den Screenforce Days im vergangenen Jahr unterstrich Günter Linke, Research Director bei Dentsu Aegis Resolutions, dass die Gattung Fernsehen gerade in Sachen Return-on-Investment einen wichtigen Beitrag leistet. Mit der enormen Erweiterung des Bewegtbildspektrums ist allerdings auch bei TV die Werbewirkungsforschung wesentlich komplexer geworden, sagt Cornelia Krebs, Leiterin Werbewirkungsforschung bei der Mediengruppe RTL Deutschland. Wenn Nutzer bei ihrem Medienkonsum „munter zwischen Geräten und Kanälen hin und her springen“, brauche es ein Grundverständnis dafür, wie sich das Zusammenspiel der Kanäle gestaltet. Noch schwieriger ist die Frage nach der inkrementellen Reichweite – also: welche Nettoreichweite durch den jeweiligen Videokanal „on top“ komme, erklärt Forscherin Krebs. Mit der im Tagesverlauf erhobenen Single-Source-Studie „IP Fourscreen Touchpoints“ liefert IP Deutschland Basiswissen zur Bewegtbildforschung. Daneben kann der RTL-Vermarkter aus Grundlagenstudien wie dem „Crea-Kompass Video“, der Studienreihe „Kartografie von Bewegtbild“ sowie zahlreichen Beispielen kundenspezifischer Begleitforschung schöpfen.
Über einen Fundus kundenbezogener Forschungen verfügt auch Sevenone Media. Daneben beleuchtet eine Langzeitstudie, für die seit 2003 alle zwei bis drei Monate jeweils 100 Personen befragt werden, aktuelle Entwicklungen zum Thema Kreation. Um die Werbewirkung von TV im Zusammenspiel mit Online ging es dagegen jüngst in einem Feldexperiment („Video Impact Check“). Mit Emmi Caffè Latte trat ein Produkt, das länger schon nicht mehr im TV beworben wurde, gegen einen neu eingeführten Joghurt an. Fazit der Sevenone-Forscher: Online-Video und TV-Werbung steigern Abverkauf und Umsatz deutlich, die Wirkung des TV-Spots ist jedoch um ein Vielfaches höher.
Nichts ist also überzeugender als ein erfolgreicher Kunden-Case – dies beherzigen auch die Forscher der ARD-Werbung Sales & Services und gehen mithilfe des AS&S-TV-Trackings einzelnen Kampagnen auf den Grund. Daneben hat die AS&S bereits in mehreren Studien bewiesen, wie sich die Wahrnehmung von Umfeldqualität oder die spezielle Verfassung der TV-Nutzer am Vorabend auf die Verarbeitung und Wirkung von Werbeimpulsen auswirkt. Der ARD-Trend 2017 beispielsweise zeigte, dass Image, Programmqualität, Nachrichtenkompetenz und Glaubwürdigkeit unmittelbar auf die positive Wahrnehmung von Werbung im Ersten abstrahlen. Im Auftrag der AS&S analysierte zudem das Marktforschungsinstitut Rheingold, wie die 20-Uhr-Tagesschau auf die im Vorfeld präsentierte Werbung wirkt. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer nimmt im Verlauf der letzten Viertelstunde vor der Sendung immer mehr zu, so die Rheingold-Forscher Stephan Grünewald und Nicole Hanisch im AS&S-Magazin Einser. „Diese Zuwendung genießt denn auch die Werbung, die in der letzten Viertelstunde vor 20 Uhr im Ersten läuft.“
Aufmerksamkeit war auch das Thema einer Studie, bei der die Markt- und Werbeforscher der AS&S den Zusammenhang von Werbevolumen und Werbewirkung im Radio untersuchten. Die Frage war: Wie verändert sich die Werbeerinnerung an einen Hörfunkspot, wenn er sich in einem Umfeld mit viel Werbeaufkommen befindet? Und umgekehrt: Welche positiven Effekte entstehen durch ein Umfeld mit gemäßigterem Werbevolumen? Fazit der Untersuchung: Radiospots in Umfeldern mit geringerem Werbeaufkommen wirken tatsächlich deutlich besser. Im Rahmen einer weiteren Studie kam die AS&S Radio zu dem Ergebnis, dass Kampagnen, die qualitativ nach Kaufkraft geplant werden, ein wesentlich höheres Wirkungspotenzial haben.
Ein Hauptaugenmerk der Forscher beim Audiovermarkter RMS liegt – neben dem Engagement bei der Forschungsinitiative Audioeffekt mit zahlreichen aktuellen Audio-Cases wie Melitta, Fielmann und A.T.U. – auf dem Nutzungsverhalten der sogenannten Audio-Total-Hörer, also Personen, die sowohl UKW- als auch Online-Audioangebote nutzen. Laut RMS gehört die große Mehrheit der Nutzer – nämlich 70 Prozent – zu dieser Gruppe der Audio-Total-Hörer. Um die Wirkleistung der jeweiligen Kanäle UKW und Online-Audio nachweisen zu können, hat die RMS gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Gelszus rmm Marketing Research den sogenannten „RMS-Audio-Total-Tracker“ ins Leben gerufen. Eine generelle Erkenntnis daraus: Das durch Audio Total entstehende Plus an Touchpoints führt zu einer um 47 Prozent höheren Kampagnenerinnerung. Und: Konvergente Audiohörer, die bei der kampagnenbegleitenden Forschung den Hörfunkspot erinnern, werden um 30 Prozent stärker aktiviert, so die Forscher der RMS.
Die verlagsübergreifende Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung (GIK) bietet mit „Best for Tracking“ (B4T) zwei Forschungsansätze: Das Markentracking vergleicht die Wirkung unterschiedlicher Mediamixvarianten und isoliert den Wirkungsbeitrag einzelner Kanäle. „Damit erhalten die Kunden wertvolle Hinweise zur Verbesserung ihrer Mediastrategie“, sagt Managerin Julia Scheel von Hubert Burda Media. „Daneben interessieren sich die Kunden stark für Metaanalysen aus unseren Werbemitteltests im Kreativtracking: Branchen-Benchmarks liefern wertvolle Anhaltspunkte zur Einordnung der Ergebnisse, und durch Auswertung der Design-Codes erfolgreicher Motive lassen sich Leitlinien für die künftige Gestaltung von Creatives ableiten.“
Beim Zeitungsvermarkter Score Media Group beobachtet man eine steigende Nachfrage nach RoI-Modellings, die den Abverkauf am Point of Sale messen. Dabei werden die Modellings immer weiter ausdifferenziert: „Wir arbeiten beispielsweise an Modellings, die den Wirkungsbeitrag der Kampagne herausarbeiten und dabei neben den klassischen KPIs auch Kriterien wie Saisonalitäten, etwa das Wetter, mitbetrachten“, so ein Experte von Score.
Darüber hinaus hat Score Media in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal die repräsentative Gattungsmarketingstudie „Zeitungsfacetten“ aufgelegt, für die Leser zu Nutzungsmotiven und Nutzungsverhalten befragt wurden. Die Studie liefert wichtige Einsichten unter anderem dazu, wie die Leser die regionalen Tages­zeitungen als Werbeträger wahrnehmen.
Nachdem die Wirkungsmechanismen klassischer Onlinewerbung ohnehin unter permanenter Beobachtung stehen – etwa durch die „Viewability Benchmarks“ von Meetrics, die regelmäßig die Sichtbarkeitswerte von Video-Ads erheben –, fokussieren Onlinevermarkter in ihren Forschungen immer wieder einzelne Wirkungsaspekte digitaler Kommunikation. So hat G+J EMS bereits Studien zu den Themen Contentmarketing, Ad-Specials oder Mobile aufgesetzt; im vergangenen Jahr nahm der Vermarkter dann die Wirkungseffekte von Influencermarketing unter die Lupe. Auf diese Weise erfuhren Influencer-interessierte Werbekunden beispielsweise, dass die viralen Markenbotschafter die Aufmerksamkeit für eine Marke um fast 35 Prozent steigern und die Kaufbereitschaft für eine Marke durch eine Influencer-Kooperation durchschnittlich um 29 Prozent erhöht wird.
Dass es aber auch einfach ein Werbeformat im E-Mail-Postfach sein kann, durch das Onlinezielgruppen involviert werden, hat United Internet Media im Rahmen einer Eyetracking-Studie herausgefunden. Dabei wurde am Beispiel einer Inbox-Ad-Kampagne von Drive Now die Wechselwirkung zwischen Postfach und Werbebotschaft analysiert. Das Inbox-Ad sorgte im Posteingang für beachtliche Leistungsdaten: Die durchschnittliche Betrachtungsdauer lag bei 3,6 Sekunden, und immerhin zwei Drittel der Probanden klickten die Betreffzeile an. Und: Das dadurch geöffnete Inbox-Ad wurde im Schnitt über 24 Sekunden lang angeschaut.
Erfreuliche Ergebnisse brachte auch eine Ana­lyse von G+J EMS, Burda Forward und Mediascale für den Kunden ING-Diba zutage: Die begleitende Marktforschung einer Kampagne auf Stern.de und Focus Online ergab, dass die Direktbank mit Native Ads die Markensympathie um ganze 55 Prozent steigern konnte.