W&V Marketing Convention:
Wie Künstliche Intelligenz die Werbekunden beschäftigt
Noch spielt es eine geringe Rolle, doch ist es groß im Kommen: Künstliche Intelligenz hat auch weitreichende Konsequenzen für das Marketing. Bei der W&V Marketing Convention sieht man jedoch noch den Menschen am längeren Hebel. Zu Recht?
Wenn er Vorträge über Künstliche Intelligenz hört, ändert sich Christof Barons Stimmung. "Wie unter Drogen” fühlt er sich dann, beschreibt der CEO Central und Eastern Europe von Mindshare auf der W&V Marketing Convention 2016. Dem erstaunten Publikum erklärt er auch, warum: "Es ist bestürzend, wie weit wir heute noch von maschinellem Marketing weg sind." Programmatic habe im Media-Mix noch einen Zwergenanteil, und mit KI bisher wenig zu tun. Leider. Baron ist ein großer Fan von maschineller Intelligenz und Automation. So gestand er auf der W&V-Konferenz im The Charles Hotel in München. Unter dem diesjährigen Motto Thema "Mensch oder Maschine: Marketing zwischen Kreation und Automation" kamen dort 150 Manager aus Marketing, Agenturen und Medien zusammen.
Immerhin: Die meisten glauben noch an die eigene Spezies. Bei der Abstimmung per App stimmte mit 40 Stimmen die Mehrheit dafür, dass der Mensch künftig die Geschicke des Marketings bestimmen wird. Nicht die Maschine (30 Stimmen). Die übrigen Teilnehmer waren unentschlossen. Für Jürgen Schmidhuber - der mit seinem Vortrag über KI der Auslöser für Barons Bestürzung war - ist die Sache dagegen glasklar. Sein Argument: "Die erfolgreichsten Unternehmen wie Google oder Facebook setzen massiv KI ein, um ihren Profit zu erhöhen", so Scientific Director The Swiss AI Lab Idsia. KI ist aus Sicht des Wissenschaftlers das größtes Thema des 21. Jahrhunderts: "Es wird jeden Bereich unseres Lebens umgestalten, und tut es gerade schon."
Nicht nur, weil Robotics Unternehmen einen Schnelligkeitsvorteil bieten, sondern auch tiefe Einsichten in Daten über Konsumenten gewähren. “Neuronale Netzwerke verbinden das Wissen von Millionen von Menschen." Blitzschnell. Die Evolution nimmt immer mehr an Fahrt auf. Das hat weitreichende Konsequenzen fürs Marketing: "Algorithmen lernen, welche Schritte wir getan haben und welche wir als nächste machen sollten, weil wir sie gerne machen würden", sagt der KI-Forscher. Weil Maschinen so viel intelligenter als der Mensch seien werden, würden sie bald die Führung übernehmen. "Wir sollten uns nicht als die Krone der Schöpfung betrachten, sondern nur als ein Bestandteil im Prozess, der das Universum treibt."
Noch haben es die Marketer in der Hand, wie viel Intelligenz sie zulassen. Uwe Storch steht der Automatisierung noch skeptisch gegenüber. Der Head of Media bei Ferrero findet - intelligent ausgesteuerte - Werbeautomation zwar gut, wenn es um Bedarfsdeckung geht. "Aber wenn es um die Bedarfsweckung geht, hat nach wie vor das klassische Marketing den Lead." Für Tanja Bogumil dagegen lässt sich Automatisierung nicht mehr aus ihrem Geschäftsmodell wegdenken. Die Geschäftsführerin von Curated Shopping-Anbieter Kisura verwenden KI um relevante Einsichten in den Geschmack der Kunden zu gewinnen. Doch letztlich, so räumt sie ein, benötigt man bei einem emotionalen Thema wie Mode auch Menschen, die beraten und auswählen.
Was sich letztlich durchsetzt, entscheidet ohnehin der Kunde. Der hat heute das Glück, nicht mehr in einer Welt des Mangels, sondern in einer des Überflusses zu leben. Das verändert den Medienmarkt in seiner gesamten Logik, erklärt Philipp Welte, Vorstand bei Hubert Burda Media. Von Push zu Pull. Als er 1994 bei Burda als stellvertrender Kommunikationschef angefangen hatte, gründete der Verlag gerade Europe Online. Heute, 22 Jahre später - mit manchen Trials and Errors, hat Burda viel mehr Möglichkeiten denn je, seine Konsumenten zu erreichen. Zusätzliche zum Medienangebot, das es nun auch digitalisiert gibt, werden Services und Dienstleistungen angeboten.
Genauso macht das die Konkurrenz sowie immer neue Wettbewerber. "Das macht die Kunden machtvoll, agil und bestens informiert. Er ist von Werbung und Marketing nicht mehr so leicht zu verführen", beschreibt Welte die Herausforderung, die Unternehmen jedoch positiv sehen sollten: "Derjenige gewinnt, der sich voll und ganz auf den Konsumenten konzentriert." Technologie wird dabei zusehends zum wichtigen Treiber.