W&V Marketing Convention:
Absage ans Bauchgefühl: Warum brillante Ideen harte Fakten brauchen
Erweitern statt unterbrechen - das macht für Franziska von Lewinski gute Werbung aus. Auf der W&V Marketing Convention erklärt die Fischer-Appelt-Chefin, wie Automation der guten Idee dabei unter die Arme greifen kann.
Foto: Unternehmen
Bei Werbung geht es immer mehr darum sinnvolle Verbindungen zwischen Marke und Mensch herzustellen. Die große Idee allein kann da nicht mehr viel ausrichten. Im Interview mit W&V spricht Digitalexpertin Franziska von Lewinski, Vorstand von Fischer-Appelt, über den Einsatz von Statistik und Analytik in der Werbung.
Die Debatte um Adblocker zeigt: Werbung muss offenbar generalüberholt werden. In welche Richtung muss es gehen?
Unsere Richtung heißt Creative Content. Markenführung wird immer agiler und immer inhaltlicher. Brands bauen selber reichweitenstarke Plattformen auf, erzählen dort ihre Geschichten und die ihrer Konsumenten, rücken das Nutzererlebnis in den Vordergrund.
Gerade die programmatische, also automatisierte Ausspielung von Werbung verprellt viele User. Da ist das berühmte Beispiel der roten Schuhe, die schon gekauft wurden, aber immer wieder als Banner-Ad auftauchen. Gefährdet Automation die Zukunft der Werbung?
Ganz im Gegenteil. Automation bedeutet genau nicht das aufdringliche Angebot der roten Schuhe, die ohnehin längst im Regal stehen. Automatisierung macht Werbung schließlich schlauer und nicht dümmer. Datenbasierte Algorithmen identifizieren die richtige Zielgruppe für rote Schuhe und begleiten Nutzer auf ihrer Customer Journey vom ersten Kontakt mit den neuen Tretern in affiner Umgebung bis hin zur Conversion auf den einschlägigen E-Commerce-Plattformen.
Wie gelingt das?
Ob kleine Tools, die wertvolle Insights liefern oder komplexe Software-Lösungen, die große Mengen Content organisieren: Automation ist ein entscheidender Faktor für Effizienz- und Relevanzgewinn im digitalen Marketing. Wir können Daten einsetzen, um mit werblichen Angeboten die User Experience sinnvoll zu erweitern, anstatt sie zu unterbrechen. So stellen wir positive und vor allem nachhaltige Verbindungen zwischen Marken und Menschen her.
Welche Auswirkungen hat dies für die Kampagnen-Kreation?
Grundlage für gute Kampagnen sind gute Ideen. Kreativität entsteht aber keineswegs nur aus einem Bauchgefühl heraus. Oft sind statistische Insights oder analytisch herausgearbeitete Themen die Grundlage für neue Ideen im Marketing. Und das ist auch gut so. Ein Beispiel: Gleich, wie kreativ die werbliche Inszenierung einer Baumarkt- und Gartencenterkette ist – bei 20 Zentimeter Neuschnee wirkt ein Out-of-Home-Motiv zur Balkonbepflanzung reichlich deplatziert. Unsere Erfahrung zeigt: Marketing-Automation kann Ideen, Inhalte und Distributionslösungen beflügeln.
Wie sieht Werbung in zehn Jahren aus?
Ich glaube, Werbung wird inhaltlich relevanter, standortbasierter, kontextsensitiver und deutlich individualisierbarer. Eben viel stärker an die Nutzungssituation und die Customer Journey angepasst.
Welchen Tipp geben Sie Ihren Kunden, um sich mit Ihrer Kommunikationsstrategie entsprechend der digitalen Transformation aufzustellen?
Die meisten Unternehmen beginnen damit, sich die richtigen Fragen zum digitalen Zeitalter zu stellen. Wo werden in meinem Unternehmen Daten verarbeitet? Wie kann ich diese für Automation nutzen? Wo sind die größten Schmerzen im operativen Arbeitsalltag und welche Tools können hier schon heute Abhilfe schaffen? Auf dieser Basis lässt sich im nächsten Schritt meist ein valides, zukunftsorientiertes Setup für die digitalen Herausforderungen unserer Zeit entwickeln.
Franziska von Lewinski ist Rednerin bei der W&V Marketing Convention 2016, die sich dem Thema "Mensch oder Maschine: Marketing zwischen Kreation und Automation" widmet. Sie findet am 7. Juni in München statt.
