Branding:
Starke Marke, starke Typo: Was Mercedes & Co. auszeichnet
Schrift gehört zu den wichtigsten Elementen, die eine Marke nach außen tragen. Doch was machen Mercedes, die Deutsche Bahn, Diageo & Co. richtig? Das wollten wir von den internationalen Branding-Expert:innen von Monotype wissen.
Nur vier Grundelemente definieren den Auftritt einer Marke: Farbe, Form, Bild und Schrift. Letztere stellt sich dabei oft als belastbarste Konstante heraus. Wir haben uns bei den internationalen Branding-Expert:innen von Monotype umgehört und gefragt, welche Marken mit ihren Schriften ihre Kernwerte am überzeugendsten transportieren.
Als Markenmacher solltest du dich mit Design beschäftigen. Warum? Weil es dein Marketing hebelt. Die erfolgreichsten Marken der Welt sind Design-driven.
Beispiele? Apple ist das wertvollste Unternehmen der Welt, Porsche hat gerade einen Rekord-Gewinn eingefahren, Nike ist mit einem Markenwert von über 50 Milliarden Dollar die wertvollste Bekleidungsmarke der Welt. Design ermöglicht ein Preis-Premium.
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Unverwechselbar durch Kontinuität
"Seit mehr als drei Jahrzehnten verwendet Mercedes mit der Corporate A-S-E Familie das gleiche Schriftsystem und hat sich damit zu einer der Spitzenmarken entwickelt, die mit Typografie hervorstechen. Die Richtlinien sind in den 30 Jahren seit Einführung unverändert geblieben. Damals schien die Verwendung von Serifenschriften für Überschriften nicht dem Zeitgeist für Autowerbung zu entsprechen. Durch das Beibehalten - auch als alle anderen Marken serifenlose Schriften verwendeten - konnte Mercedes eine unverwechselbare Identität schaffen. Kontinuität ist in der Tat eine Stärke."
Akira Kobayashi, Creative Type Director
Deutsche Bahn - sowohl modern als auch nostalgisch
"Die individuelle Schrift für "Die Bahn" ist ein starkes und etabliertes Beispiel für typografisches Branding mit hohem Wiedererkennungswert in Deutschland. Eine gut gemachte, umfangreiche Schriftfamilie, bestehend aus Sans, Serif, Italics usw., die Wiedererkennungswert schafft und unverwechselbar für die Marke ist. Ihre ungewöhnlich abgerundeten Ecken machen sie auch für Nicht-Schriftexperten leicht erkennbar. Gleichzeitig eignet sich die Schrift für eine Vielzahl von Anwendungen - von Bannern und Bahnsteiganzeigen bis hin zu Fahrplänen und Apps - und behält dabei ihre Einzigartigkeit. Die Marke lebt seit fast dreißig Jahren und ist sowohl modern als auch nostalgisch."
Friedrich Althausen, Creative Type Director
Die Johnston-Schrift spricht für London
"Ich lebe in London und kann deswegen nicht anders, als eine Marke zu wählen, mit der Tausende von Menschen hier täglich zu tun haben: Transport for London, kurz TfL, ist die Dachorganisation, die seit 2001 das Verkehrssystem dieser Stadt koordiniert. Die Marke hat sich im Laufe der Jahrzehnte angepasst, wurde modernisiert und hat dennoch eine Konstante: eine Schriftfamilie und ein typografisches System, das seit über einem Jahrhundert verwendet wird. Der ursprüngliche Entwurf für die Schrift wurde 1913 in Auftrag gegeben. Edward Johnston entwarf ein ikonisches Design, das die humanistische Struktur mit einer modernen serifenlosen Schrift verbindet. 1916 feierte die Schrift ihr Debüt und ist seither in Gebrauch: auf Wegweisern, Karten, Schildern, Zügen, in mobilen Apps und digitalen Anzeigen. 2016 hat Monotype das klassische Design neugestaltet und die Johnston100 entwickelt - eine Schrift für den Einsatz im 21. Jahrhundert, aber mit Referenzen auf ihre Wurzeln."
Emilios Theofanos, Creative Type Director
Diageo macht seine Marken mittels Typografie erlebbar
"Diageo's ikonische Markenwelt ist etwas Besonderes – speziell vor allem das Verständnis und der Wert, den die Gruppe auf Schrift und Typografie legt, um die verschiedenen Markengeschichten zu erzählen: Guinness, Johnnie Walker, Baileys, Tanqueray, Captain Morgan, Zacapa... alle diese Brands sind unverwechselbar durch ihre eigenen, einzigartigen und fein gearbeiteten Markenschriften, die mit Liebe und Sorgfalt entwickelt wurden. Diageo ist ein kreativer Verfechter von Markendesign und der Schriftgestaltung. Die Gruppe arbeitet kontinuierlich daran, seine Brands mittels Typografie erlebbar zu machen. Und Schrift ist der Grund, warum diese ikonisch sind."
Phil Garnham, Executive Creative Director
Channel 4 unterstreicht seinen Charakter durch Typografie
"Der britische öffentlich-rechtliche TV-Sender setzt auf originelle Inhalte und einen verspielten Ton. Im Jahr 2015 entwarfen das hauseigene Kreativ-Team 4creative und Neville Brody zwei individuelle Schriften für den Sender: Horseferry und Chadwick, die für Überschriften bzw. Text zum Einsatz kommen. Beide zeichnen sich durch eigenwillige Details wie schräge Schnitte in den Buchstabenformen und besondere Serifen aus, die zum Sender und seinen Inhalten passen und für einen sofortigen Wiedererkennungswert sorgen. Erst vor wenigen Wochen wurden die Schrift- und Designsysteme in Zusammenarbeit mit Hudson-Powell von Pentagram London erweitert: Die Schriften erhielten neue Schnitte und Stärken, um sich in der verändernden Medienlandschaft in Großbritannien widerzuspiegeln."
Marie Boulanger, Head of Brand & Design
Chobani erinnert mit seiner Serifenschrift an frühere Epochen
"Chobani ist Amerikas Nummer eins unter den griechischen Joghurts. Das nostalgische, im Retrostil gehaltene Rebranding hat in der gesamten Lebensmittelindustrie für Furore gesorgt. Und die Folgeeffekte sind auch Jahre später noch sichtbar, denn andere große Lebensmittelmarken wie etwa Burger King zogen nach und führten ähnliche Brandings im Vintage-Design ein. Mit seiner maßgeschneiderten Serifenschrift war Chobani eine Art Initialzünder für eine ganze nostalgische Designbewegung, die an frühere Epochen erinnert. Die eigenwillige und charaktervolle Schrift setzt sich deutlich von anderen Markenschriften im Wettbewerbsumfeld ab. Das Rebranding erzielte ein breites Echo in der Presse und löste wie alle guten Designprojekte heftige Diskussionen aus. Aber Chobani blieb der Linie treu, stellte sich gegen die vorherrschenden typografischen Trends der Zeit, die nach funktionalen, effizienten Schriften verlangten, und machte seine Marke auf diese Weise erfolgreich."
James Fooks-Bale, Senior Director Brand
Canal+ setzt auf Futura Extra Bold Italic
"Seit Mitte der achtziger Jahre nutzt der französische private Fernsehsender Canal+ eine neu gestaltete Version der Futura, die Extra Bold Italic. Die Hauptunterschiede zur ursprünglichen Futura sind die engen Abstände und die etwas breiteren Proportionen. Etwa 25 Jahre lang nutzte der leitende Art Director Etienne Robial die Schrift in allen kreativen Bereichen: vom Druck bis zum Bildschirm, auf Fernsehgeräten und für alle jemals erstellten Werbemittel - sogar die Beschilderung der Büros von Canal+ wurde mit dieser Schrift gestaltet. Im Laufe der Jahre haben sich die grafischen Elemente und Farben mit der Entwicklung der Inhalte von Canal+ weiterentwickelt. Die Schrift blieb jedoch der wichtigste visuelle Bezugspunkt und ist Teil der DNA des Senders. Obwohl sie immer wieder in Frage gestellt wurde, ist es dem Kreativteam gelungen, die Schriftart in allen modernen Medien wie Apps, AppleTV usw. beizubehalten. Ein Teil des Erfolgs der Marke ist mit Sicherheit auf genau diesen Aspekt zurückzuführen. Das Schriftbild ist die beruhigende visuelle Stimme und steht für hochwertige Inhalte sowie Dienstleistungen. Sie vermittelt Verlässlichkeit und gibt der Marke ein vertrautes Gesicht, das nostalgisch und doch modern wirkt."
Damien Collet, Creative Type Director