Sportmarketing:
Werbeumfeld Eishockey: Die DEL erfindet sich neu
Eishockey ist in Deutschland populär wie nie zuvor. Um sich für Sponsoren noch attraktiver zu machen, leitet die Deutsche Eishockey Liga für die Zukunft grundlegende Veränderungen ein.
Ausgerechnet jetzt, nachdem die deutsche Nationalmannschaft durch das gute Abschneiden bei der Weltmeisterschaft in Russland die Werbetrommel für das deutsche Eishockey gerührt hat, schockierte diese Nachricht die Sportwelt hierzulande: Die Hamburg Freezers sind nicht mehr Teil der Deutschen Eishockey Liga (DEL).
Der Klubbesitzer, die Anschutz Entertainment Group (AEG) hatte kurz vor Fristende verkündet, keine Lizenz für die kommende Spielzeit in der DEL zu beantragen. Eine Rettungsaktion der Fans und Spieler inklusive Crowdfunding, das knapp 500.000 Euro einbrachte, scheiterte. Die AEG, die auch Eigner der Eisbären Berlin ist, sieht keine Perspektive für den Hansestadt-Klub, weitere Investitionen würden sich nicht lohnen.
Keine Perspektive? Das scheint doch überraschend. Hatten die Hamburger doch im vergangenen Jahr einen beachtlichen Zuschauerschnitt von 9022 Fans pro Spiel – den viertgrößten der Liga.
"Das ist eine Entscheidung, die in Nordamerika getroffen wurde, bei der auch abseits der Zuschauerzahlen einige Faktoren eine Rolle spielten. Da kommen Hallenbelegungskosten und Mischkalkulationen zusammen. Hinzu kommt, dass die Sponsorenstruktur in diesem Fall sehr schwierig war. Anders als beim Fußball, wo der Großteil des Etats durch die Fernsehgelder gedeckt ist und dann erst angefangen wird, die Besucherzahlen zu kalkulieren, brauchen wir im Eishockey jeden Zuschauer und jeden Sponsor", erklärt DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke.
Vorteil "Sponsoren-Mentalität"
Vor allem zweitere hätten in Hamburg zuletzt gefehlt. "Wir müssen einfach schauen, dass sich regionale Unternehmen finden, die sich für Eishockey begeistern können und ihrer Region auch etwas zurückgeben wollen", so Tripcke weiter.
Bevölkerungsinteresse gäbe es genug. In der Saison 2013/14 kamen rund 2,7 Millionen Zuschauer in die Stadien. Zum Vergleich: Beim Basketball sind es pro Spielzeit etwa 1,5 Millionen Besucher. Hinzu kommt der leichte Vorsprung, was die Umsatzzahlen betrifft. Die Wirtschaftsprüfung Deloitte bezifferte den Umsatz der DEL in der Saison 2014/15 auf 107,4 Millionen Euro - und das mit 14, statt wie im Handball (Umsatz: 96,1 Millionen Euro) und Basketball (Umsatz: 97,8 Millionen Euro) mit 18 Mannschaften.
Ein großer Vorteil des Eishockeys ist die "Sponsoren-Mentalität" der Fans. Die im Fußball so ungeliebten Groß-Investoren wie VW, SAP und Red Bull finden im Eishockey eine weitaus größere Akzeptanz. Denn: Ohne, geht nicht. Das wissen auch die Fans. Sonst passiert das, was gerade in Hamburg geschehen ist. Tripcke: "Definitiv ist man im Eishockey da offener. Sowohl Spieler und Fans als auch Sponsoren selbst sind bodenständiger und dadurch greifbarer. Bei uns sind die Spieler noch froh darüber, wenn sie mal interviewt werden oder zu einer Autogrammstunde gehen können."
Neu-Positionierung im TV
Dennoch: Um die Marke DEL und das deutsche Eishockey weiter nach vorne zu bringen, mussten Veränderungen her. Ende Januar wurde bekannt, dass sich die Deutsche Telekom die Medienrechte für die kommenden vier Spielzeiten gesichert hat. Die Reichweite des bisherigen Rechtehalters Servus TV waren zu begrenzt.
Die Neu-Positionierung ist vor allem eine gute Nachricht für echte Eishockey-Fans. Mit Telekom Entertain können erstmals alle 419 möglichen Partien live in HD, online, über Mobilfunk, Smart-TV und Streamingdienste angesehen werden. "Wir erweitern damit EntertainTV um einen weiteren attraktiven Sport-Inhalt und gestalten unser TV-Angebot auf allen Plattformen noch interessanter", sagt Philipp Rütgers, Projektleiter Eishockey der Telekom.
Auch im Free-TV ändert sich etwas. Der Münchner Sender Sport1 erhält ein Lizenzpaket von der Telekom, ebenfalls für die Laufzeit von vier Jahren. Darin enthalten sind 40 Sonntagsspiele pro Saison und Rechte an Highlight-Clips sowie Spielzusammenfassungen, die vor allem über Online gespielt werden sollen.
"Wir vermarkten die DEL crossmedial über TV, Digital/Mobile und Social Media, von klassischen Werbeformen über Specials bis hin zu kundenindividuellen Konzepten. Hierzu gehören unter anderem das Presenting-Sponsoring der DEL-Spiele im TV, die Spotplatzierung im 'Powerbreak' oder der Cornersplit im Live-Spiel sowie ganz neu - ein Paket mit Sponsoring des Livestreams auf Sport1.de inklusive Countdown-Ad hinführend zu den Livespielen und begleitenden 'Branded Posts' auf der Sport1-Facebook Fanseite", erklärt Patrick Fischer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Sport1 Media GmbH, die Pläne des Münchner Senders.
"Für uns ist das die nächste Stufe"
Auch Online geht die DEL neue Wege. Die Homepage wird künftig ebenfalls von der Telekom betreut. "Wir wollten eine Plattform, wo alle Informationen, die wir bisher schon hatten - also Berichte und der ganze Statistik-Bereich - verbunden sind mit den Bewegtbild-Inhalten. Dadurch haben wir gebündelt eine Anlaufstelle für Fans, was daher durchaus attraktiv für Werbende sein kann", sagt Tripcke.
Der Jurist hegt große Hoffnungen in die Neu-Positionierung. "Wir glauben, dass mit Sport1 ein gewisser Reichweitensprung erreicht werden kann. Das ist für uns sicherlich nochmal die nächste Stufe." Und schon im nächsten Jahr könnte eine weitere Stufe folgen. Denn dann findet in Deutschland die Eishockey-WM statt. "Eine gute Weltmeisterschaft hilft uns natürlich enorm. Solche Sachen fördern das allgemeine Sportinteresse", weiß Tripcke.
Übrigens: Die Suche nach einem neuen 14. DEL-Klub läuft bereits auf Hochtouren. Als Interessenten gelten die Kassel Huskies, die Bietigheim-Bissingen Steelers, die Fischtown Pinguins Bremerhaven, die Ravensburg Towerstars, der SC Riessersee und die Heilbronner Falken. Wer es letztlich wird, wollte Tripcke noch nicht verraten. Eine Entscheidung sei aber innerhalb der nächsten vier Wochen zu erwarten.