Sportmarketing und Olympia:
TV-Spots: Wie die Olympia-Werbung professionalisiert wurde
W&V Online hat einige der spannendsten Olympia-Spots aus den letzten vier Jahrzehnten zusammengetragen. Es sind nicht zwangsläufig die besten ...
Spots mit den Olympischen Spielen funktionieren wie eine Zeitmaschine. Oft nehmen sie gesellschaftliche Themen auf, um den Grundgedanken von Olympia, ein friedliches Zusammentreffen aller Kulturen, so eindrucksvoll wie möglich in Szene zu setzen. Manchmal transportiert sich eher ungewollt das Zeitgefühl mit. Ein anderes Mal versuchen die Unternehmen, nationale Stimmungen für sich auszunutzen. Und selten, ganz selten, scheinen die altruistischen Motive zu überwiegen. Nachfolgend einige der spannendsten Olympia-Spots - nicht zwangsläufig die besten - aus den letzten vierzig Jahren, vom Beginn der Kommerzialisierung bis heute.
Bei den Sommerspielen in London 2012 etwa hat Omega versucht, Aufmerksamkeit mit dem Rolling-Stones-Hit "Start me up" generieren. Dazu sind Bilder von Athleten kurz vor dem, na klar, Start zu sehen. Schöne Bilder zweifellos, konzentrierte Sportler sehen immer gut aus, sonderlich originell sind die Bilder allerdings nicht. Irgendwie will sich keine Gänsehaut-Stimmung einstellen. Wahrscheinlich ist es auch einfach der falsche Song, zu abgenudelt das Ding. Alles in allem: Ein allzu bemüht wirkender Spot.
Besser sieht das schon bei Samsung (ebenfalls für London 2012) aus: Das Ethos der olympischen Idee wird mit Bildern aus dem sportlichen Alltag beschworen, kein Glamour, leere Hallen, frierende Kinder, und trotzdem machen sie alle weiter. Da kommt sie dann auf, die Gänsehaut. Was vor allem einem exzellenten Drehbuch und einem erstklassigen Sprecher zu verdanken ist. On your marks, get set - go.
Dass aber auch Omega weiß, wie Gänsehaut-Feeling geht, zeigt der folgende Spot für London 2012. Ein passender, weil moderner Song, vor allem aber ein perfekt darauf abgestimmter Schnitt, ergeben zusammen mit sorgfältig ausgewählten Bildern einen hochemotionalen Spot, der Lust macht auf die Spiele. Und Omega im besten Licht erscheinen lässt.
Eigentlich ist es ja ganz einfach. Kinder, die spielen (wahlweise erwachsene Sportler), die sich freuen, wenn sie gewonnen haben und dazwischen eine gravitätische Stimme aus dem Off, die erzählt, dass sich der Sponsor, hier Microsoft zu den Special Olympics in Los Angeles 2015, ganz bescheiden nur in den Dienst einer guten Sache stellt. Dennoch funktioniert es nicht immer, siehe weiter oben. Hier aber schon.
Und hier nicht. Dabei sieht der Coca-Cola-Spot zu Olympia 2012 auf den ersten Blick wie eine sichere Nummer aus. Stadionkonzert-Atmosphäre vermischt mit über die Bühne springenden Sportlern - was kann da schief gehen? Alles. Eine bombastische Inszenierung, der die Bilder einfach nicht folgen wollen. Vor allem nicht zu dieser Musik, einer uninspiriert dahingejammerten Pop-Nummer, die den Bildern jeden Schwung nehmen. Auch wenn der Schnitt sich nach Kräften bemüht. "You can't beat the feeling"? Lange her. Von der Energie der 80er-Jahre-Werbung von Coca-Cola kann dieser Spot nur träumen. Robin Beck? "First Time" und so? Und dann das hier.
Schon mal von Brim Kaffee gehört? Es muss ihn aber gegeben haben, denn 1976 in Montreal war die Marke "offizieller Kaffee" der Sommerspiele. Interessant ist der Spot wegen der unglaublichen Unschuld, mit der hier ein Produkt verkauft werden soll. Zwei lachende Frauen halten einen Kaffee in die Kamera. Und es funktioniert. Die ganze jugendliche Aufbruchstimmung der 70er Jahre scheint in diesem einfachen Spot kondensiert zu sein. "Everybody loves a Brim."
Wie die amerikanischen Zuschauer ihr Team 1984 in Los Angeles bejubelten, hat wohl niemand vergessen, der damals vor dem Fernseher saß. Vier Jahre später in Seoul beschwor Budweiser, damals Sponsor des US-Teams, diese Stimmung in einem pathetischen Spot. Aus heutiger Sicht wirkt er zwar nur noch unglaubwürdig und kitschig, doch dick aufzutragen war damals en vogue und galt als unterhaltsam. Hollywood und MTV machten es schließlich nicht anders.
Der folgende Spot entstand für die Winterspiele in Nagano 1998. Elf Tage lang wurde in Sarajevo gedreht, die Kosten überstiegen eine Million Dollar. Die Versicherung John Hancock warb darin für einen Fonds, den sie zusammen mit dem U.S. Olympic Committee und dem American Refugee Committee für die Kinder der Stadt aufgesetzt hatte. Was die Olympischen Spiele zu allen Zeiten und gerade heute bedeuten können und sollten, ist vielleicht noch niemals so klar geworden wie in diesem Spot, der die Grenzen des Kommerzes weit hinter sich lässt.
P.S. Die Musik stammt von Samuel Barber, es ist das "Adagio for Strings", das bereits Oliver Stone in "Platoon" eingesetzt hatte.