Rio 2016:
Olympia-Werbung ohne IOC: Tipps für Nicht-Sponsoren
Wie weit darf Kommunikation gehen, ohne durch das IOC abgemahnt zu werden? Die Hamburger Rechtsanwälte Georg Fechner und Dominik Schmidt stellen die Grundregeln des Ambush-Marketing dar und erläutern das Olympiaschutzgesetz.
Das Problem entsteht immer wieder neu: Wie weit darf Kommunikation gehen, ohne durch das IOC abgemahnt zu werden? In der heute beginnenden Reihe stellen die Hamburger Rechtsanwälte Georg Fechner und Dominik Schmidt (www.fechner.eu/) die Grundregeln des Ambush-Marketing dar und erläutern das Olympiaschutzgesetz. Im zweiten Teil widmen sich die Juristen der bahnbrechenden Entscheidung des BGH im Jahr 2005, um in den beiden letzten Teilen (hier Teil 3) Möglichkeiten aufzuzeigen, die wohl den strengen Blicken der Richter standhalten können.
OLYMPIA, OLYMPIADE, OLYMPISCHE SPIELE – WERBUNG MIT OLYMPISCHEN SYMBOLEN & BEZEICHNUNGEN
Teil 1: Das Olympiaschutzgesetz und die bisherige Rechtsprechung dazu
Wenige Wochen vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro sind die Planungen der Ideen und Konzepte für Werbemaßnahmen rund um das größte globale Sportereignis 2016 zum Teil schon weit fortgeschritten. Die auf den ersten Blick sichtbarsten und aufmerksamkeitsstärksten Werbemaßnahmen sind den offiziellen, branchen- und produktexklusiven Werbepartnern des Internationalen Olympischen Komitees vorbehalten. Kaum eine Marke ist jedoch offizieller Partner des IOC, sodass „inoffizielle“ Kampagnenansätze wieder Anlass für viele kreative und reichweitenstarke Ideen geben werden.
Inoffizielle Olympia-Kampagneninhalte bewegen sich rechtlich aber teilweise auf dünnem Eis und sind angreifbar – DOSB und IOC gehen außerdem konsequent gegen werbliche Maßnahmen vor, die ihre Schutzrechte und exklusive Sponsorenrechte im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen verletzen. Um Streitigkeiten über die zulässige werbliche Nutzung der olympischen Symbole und Bezeichnungen bereits im Vorfeld zu verhindern, soll der nachfolgende dreiteilige Bericht einen Überblick dazu geben, was in Deutschland bei Werbung mit olympischen Symbolen und Bezeichnungen erlaubt sein kann und was lieber nicht realisiert werden sollte – wir weisen darauf hin, dass die nachfolgenden Ausführungen einen Überblick und keine Einzelfallberatung darstellen.
Das Olympiaschutzgesetz
Das sogenannte „Olympiaschutzgesetz“ heißt eigentlich „Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen“. Es ist – wie alle Gesetze – natürlich für jeden frei zugänglich und einsehbar, z. B. hier.
Seit sich Deutschland kurz nach der Jahrtausendwende mit dem Projekt Leipzig 2012 für die Austragung der Olympischen Spiele 2012 bewarb, macht das IOC ein nationales Regelwerk zum Schutz der olympischen Symbole und Bezeichnungen zu einer der Bewerbungsbedingungen für Austragungsorte. Der deutsche Rechtsrahmen hatte bis dahin keinen besonderen Schutz der olympischen Symbole und Bezeichnungen vorgesehen, da u. a. die olympischen Bezeichnungen dem allgemeinen Sprachgebrauch unterliegen und die olympischen Ringe frei verwendbar sein sollen.
Um die letztlich scheiternde Bewerbung zu sichern, verabschiedete der Deutsche Bundestag im Januar 2004 daher das Olympiaschutzgesetz. Es trat kurze Zeit später in Kraft und gilt seitdem fort.
Gegenstand des Olympiaschutzgesetzes ist der Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen. Das olympische Emblem ist dabei das Symbol des Internationalen Olympischen Komitees, bestehend aus fünf ineinander verschlungenen Ringen.
Die „Olympischen Bezeichnungen“ sind die Wörter „Olympiade“, „Olympia“, „olympisch“, alle diese Wörter allein oder in Zusammensetzung sowie die entsprechenden Wörter oder Wortgruppen in einer anderen Sprache.
Das ausschließliche Recht auf die Verwendung und Verwertung des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen steht nach dem Olympiaschutzgesetz dem (früher) Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland (bzw. heute) Deutschen Olympischen Sportbund und dem Internationalen Olympischen Komitee zu.
Der für inoffizielle Werbemaßnahmen wichtigste Teil befindet sich in Absatz 2 des Olympiaschutzgesetzes. Danach ist es Dritten u. a.
"untersagt, ohne Zustimmung des DOSB bzw. des IOC im geschäftlichen Verkehr die olympischen Bezeichnungen in der Werbung zu verwenden, wenn hierdurch die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Bezeichnung mit den Olympischen Spielen oder der Olympischen Bewegung gedanklich in Verbindung gebracht wird oder wenn hierdurch die Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird".
Seitdem es das Olympiaschutzgesetz gibt, wird es kritisiert, da es nach Meinung der Kritiker ein verfassungswidriges Einzelfallgesetz sei, das gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße, einseitig die kommerziellen Interessen des IOC bzw. DOSB bevorzuge sowie die Nutzung von Bezeichnungen aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und der frei verwendbaren Ringe genehmigungspflichtig mache.
Die Rechtsprechung bis 2014
Neben den Kritikern haben sich auch immer wieder Gerichte mit der Frage befasst, ob eine konkrete Werbemaßnahme eine Rechtsverletzung nach § 3 OlympSchG darstellt:
- In einem der interessantesten Streitigkeiten zum Olympiaschutzgesetz hatte das Landgericht Darmstadt (LG Darmstadt vom 22.11.2005 – 14 O 744/04) ein Lucky-Strike-Plakat mit dem Claim „Die Ringe sind schon in Athen“ zu bewerten. Unabhängig von Erwägungen, ob das OlympSchG verfassungsgemäß ist, hat das Landgericht Darmstadt festgestellt, dass die in dem Werbeplakat enthaltene Anspielung auf die Olympischen Spiele selbst nach dem weit gefassten Olympiaschutzgesetz keine Rechtsverletzung darstellt. Der werbende Hersteller von Zigaretten habe nicht die olympischen Ringe verwendet, sondern lediglich Lichtpunkte. Diese Punkte seien nicht ineinander verschlungen, sondern räumlich voneinander getrennt. Der damit verbundene Text beinhalte keinen der im Olympiaschutzgesetz aufgeführten Begriffe. Da weder das olympische Emblem noch die Verwendung der Begriffe „Olympia“, „Olympiade“, „Olympisch“ gegeben seien, könne keine Rechtsverletzung nach dem Olympiaschutzgesetz vorliegen. Außerdem bediene sich Lucky Strike erkennbar nicht eines positiven Bildes der Olympischen Spiele. Mit der Werbemaßnahme würden überwiegend negative Aspekte der Olympischen Spiele in Athen assoziiert. Es sei allgemein bekannt gewesen, dass die Bauten für die Olympiade in Athen bis zuletzt nicht fertig gestellt werden konnten. Auf dieses Defizit nehme Lucky Strike mit dem Plakattext Bezug. Ein Imagetransfer im Sinne der Anlehnung an eine Großveranstaltung, die sich allgemeiner Wertschätzung erfreut, sei u. a. deshalb nicht beabsichtigt oder gegeben.
- Ganz anders hatte das Landgericht Leipzig (LG Leipzig vom 08.05.2012 – 5 O 3913/11) bei der Verwendung des Begriffs „Olympia-Rabatt“ entschieden. Hiernach erzeuge der Begriff „Olympia-Rabatt“ zur Bewerbung von TV-Geräten mit Koppelung des Verkaufspreises an die Medaillen-Nationenwertung eine Verwechslungsgefahr, da Kunden nach einer Gesamtbeurteilung im konkreten Fall von einer wirtschaftlichen oder geschäftlichen Sponsoring-Verbindung zwischen dem Werbenden und dem IOC ausgingen. Gleichfalls liege eine unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung vor.
- Ähnlich argumentierte das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf vom 18.06.2013 – I-20 U 109/12) bei der Verwendung des Begriffs „Olympia 2010“ für einen Whirlpool mit dem zusätzlichen Claim „Vorfreude auf Vancouver in unserem „Canadian“ Whirlpool mit eingebauter Dusche und Massagebett” entschieden, da dies eine gezielte unlautere Aufmerksamkeitsausbeutung der Olympischen Spiele für das eigene Produkt darstelle.
- Das Landgericht Bochum (LG Bochum vom 12.12.2013 – I-14 0 141/13) hat Werbung mit dem Claim „Gold für Dich“ für unzulässig erklärt, weil das werbetreibende Unternehmen zunächst ein Symbol verwendet habe, das in seiner Geometrie der Anordnung der olympischen Ringe entspreche. Mit dem Werbeclaim „Gold für Dich“ und der visuellen und sprachlichen Bezugnahme zu dem Olympischen Spielen 2012 in London verfolge der Werbetreibende einen unlauteren Imagetransfer zugunsten seines Warenangebots.
Nachdem das Landgericht Darmstadt also zunächst eine recht werbefreundliche Entscheidung getroffen hat, folgten von den meisten anderen Gerichten sehr enge Auslegungen des Olympiaschutzgesetzes, die die Möglichkeiten inoffizieller Olympia-Werbung annähernd zu einem Himmelfahrtskommando machten.
Im 2. Teil geht es um die Olympia-Rabatt-Entscheidung des BGH, die Werbung im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen wesentlich erleichterte.