Rio 2016:
Olympia-Werbung ohne IOC, Teil 2
Die Hamburger Rechtsanwälte Georg Fechner und Dominik Schmidt beleuchten in einer dreiteiligen Serie die Grundregeln des Ambush Marketing bei Olympischen Spielen. Teil 2 widmet sich der Olympia-Rabatt-Entscheidung des BGH.
Die Hamburger Rechtsanwälte Georg Fechner und Dominik Schmidt beleuchten in einer dreiteiligen Serie (hier Teil 1 und Teil 3) die Grundregeln des Ambush Marketing bei Olympischen Spielen und geben Tipps für Nicht-Sponsoren. Teil 2 widmet sich der Olympia-Rabatt-Entscheidung des BGH.
Mit der sogenannten Olympia-Rabatt-Entscheidung erleichterte der Bundesgerichtshof (BGH vom 15.05.2014 – I ZR 131/13) die Werbung im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen.
Diesem Rechtsstreit vorausgegangen war die Werbung eines Kontaktlinsen-Herstellers, der 2008 auf einer Online-Plattform für seine Produkte mit den Slogans „Olympische Preise“ und „Olympia-Rabatt“ geworben hatte. Gegen die werbliche Verwendung dieser beiden Slogans wandte sich der DOSB und bekam vor den Gerichten zunächst auch Recht, da in der Verwendung dieser Slogans ein Verstoß gegen § 3 OlympSchG vorliege (LG Kiel vom 21.06.2012 – 15 O 158/11; OLG Schleswig vom 26.06.2013 – 6 U 31/12).
Nach der Beurteilung des BGH sei zunächst klar, dass nach dem Olympiaschutzgesetz das olympische Emblem und die olympischen Bezeichnungen explizit geschützt seien. Aber die Rechtsverletzungstatbestände des § 3 Abs. 2 OlympSchG stellen insbesondere gerade kein grundsätzliches Verwendungsverbot der olympischen Bezeichnungen auf.
Entscheidendes Kriterium sei vielmehr die Wertschätzung, die den Olympischen Spielen und der olympischen Bewegung entgegengebracht werde. Ein Verstoß liege dementsprechend nur dann vor, wenn durch die konkrete Verwendung ein Imagetransfer stattfände, der den Zielen der olympischen Bewegung zuwiderliefe. Dafür wiederum müsste durch die Werbung die Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Bewegung auf die konkret beworbene Ware oder Dienstleistung übertragen werden. Für einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 OlympSchG reiche es allgemein aber nicht aus, wenn sich Werbung darauf beschränke, lediglich positive Assoziationen zu den Olympischen Spielen oder der olympischen Bewegung zu erwecken. Da jede Werbung Sprache bewusst einsetze, sei es auch und gerade zulässig, damit solche Assoziationen zu erregen.
Mit der Bewerbung „Olympia-Rabatt“ des Kontaktlinsenherstellers stelle dieser lediglich einen rein zeitlichen Bezug zu den Olympischen Spielen her. Eine solche rein zeitliche Bezugnahme sei jedoch von vorneherein nicht geeignet, eine bestimmte Güte- oder Qualitätsvorstellung auf bestimmte Produkte oder Dienstleistungen zu übertragen. Bei der Bewerbung „Olympische Preise“ sei überdies ein Imagetransfer ausgeschlossen, da lediglich die Assoziation eines „Preis-Leistungs-Verhältnisses der Spitzenklasse“ geweckt werde. Dies stelle gerade keinen unlauteren Imagetransfer dar, da das Wort „olympisch"“ hier lediglich entsprechend des allgemeinen Sprachgebrauchs gleichsam als Synonym für eine außergewöhnlich gute (Spitzen-) Leistung verwendet werde, ohne eine produktbezogene Qualitätsaussage zu treffen. Zudem sei die Bewerbung mit „Olympia-Rabatt“ und „Olympischen Preisen“ grundsätzlich auch nicht geeignet, die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen mit Dienstleistungen oder Produkten des IOC hervorzurufen. Denn angesprochene Kunden bzw. Verbraucher können durchaus selbst zwischen offizieller Sponsoren-Werbung und Werbung anderer Unternehmen unterscheiden. Anders können gegebenenfalls Werbesprüche wie „Olympia-Pflegeset“ oder „Olympische Kontaktlinsen“ zu beurteilen sein, da hier eine stärkere (sprachliche) Koppelung der olympischen Bezeichnung zu dem beworbenen Produkt erfolgen könne.
Zwischenergebnis
Auch nach der Olympia-Rabatt-Entscheidung des BGH ist eine trennscharfe Abgrenzung zwischen der zulässigen Bezugnahme auf Olympische Symbole oder Bezeichnungen und der unzulässigen Rechtsverletzung nicht immer zweifelsfrei möglich und stets einzelfallbezogen abzuwägen. Die Begründung der Olympia-Rabatt-Entscheidung gibt allerdings gelungene Leitlinien für eine einheitliche Auslegungs- und Anwendungspraxis vor, die bei der Einzelfallbewertung helfen kann:
- Um eine unzulässige Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn bzw. gedankliches In-Bezug-setzen mit Olympischen Spiele oder der olympischen Bewegung annehmen zu können, muss ein „durchschnittlich informierter Verbraucher“ vom Bestehen einer wirtschaftlichen oder organisatorischen Beziehung zwischen dem werbenden Unternehmen und dem IOC (z. B. einem Sponsoring-Verhältnis) ausgehen. Eine bloße Assoziation mit den Olympischen Spielen oder der olympischen Bewegung reicht jedoch gerade nicht aus. Zudem erkennen Verbraucher den Unterschied zwischen Sponsoring-Werbung und allgemeinen werblichen Bezugnahmen und gehen schon nicht von Sponsoring aus, wenn sich der Werbende nicht als Sponsor bezeichnet oder sich den äußeren Umständen nach nicht wie ein Sponsor verhält.
- Für eine unzulässige Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der olympischen Bewegung ist ein konkreter Imagetransfer erforderlich, der begründet werden kann, wenn durch die Werbung eine konkrete Übertragung der Wertschätzung (z. B. der Güte-, Qualitäts- oder Wertvorstellungen) der Olympischen Spiele oder der olympischen Bewegung auf die beworbenen Produkte erfolgt. Auch hierbei reichen aber eine rein zeitliche Bezugnahme auf nahende Olympische Spiele oder bloße (positive) Assoziationen mit den mit den Olympischen Spiele oder der olympischen Bewegung nicht aus, da gerade dann meist keine Übertragung der Wertschätzung möglich ist. Zudem kann „olympisch“ als Synonym für außergewöhnlich gute Leistungen nicht aus dem allgemeinen Sprachgebrauch gerissen werden. Je stärker die Werbemaßnahme aber eine sprachliche Koppelung der olympischen Bezeichnung zu dem beworbenen Produkt vornimmt, desto eher kann ein Imagetransfer angenommen werden.
In Teil 3 werden Fechner und Schmidt verdeutlichen, welche Werbeformen für Nicht-Sponsoren des IOC konkret möglich sind.