Wellbeing-Trend:
Wie Marken und Medien vom Gesundheitstrend profitieren
Sich gesund und fit zu halten ist ein Trend und für viele zwingend notwendig. Magazine und Formate, die den Wellbeing-Trend aufgreifen, sind ihre Informationsquelle. Marken rund um Food und Kosmetik können davon profitieren.
Wenn Tristan Horx es mal krachen lassen will, sorgt er schnell für Ausgleich. Bier und Binge-Watching macht er mit Obst und Joggen wett. Der junge Trendforscher hält so die Balance – wie das andere Millennials auch tun. „Gerade junge Menschen achten heute auf gute Ernährung und Bewegung“, sagt Horx. Weil sie immer besser Bescheid wissen. In den vergangenen Jahren haben sich die Medien ausführlich mit Chemikalien in der Agrarwirtschaft, globaler Erwärmung und Plastikmüll in den Meeren beschäftigt. Das nährt das Bewusstsein für einen nachhaltigen und gesunden Lebensstil – und schürt die Verantwortung, die jeder selbst dafür trägt.
Darin sieht Karin Libowitzky, CEO bei Vizeum, mehr als nur ein flüchtiges Lifestyle-Gefühl. Nachhaltig zu leben ist in den Augen der Mediaexpertin heute für viele selbstverständlich. Das zeigt sich in vielen Lebensbereichen. "Ob Ernährung, Mode, Fitness oder Kosmetik, viele Verbraucher richten ihr Konsumverhalten als Ausdrucksform für mehr Lebensqualität und Nachhaltigkeit entsprechend aus." Ihre Qualitätsmerkmale: Bio- und Gütesiegel und Regionalität. Offenheit für eine Neue Lebensqualität Die Zahlen bestätigen das. Der aktuellen Studie "B4P Trends" zufolge achten 65 Prozent der Befragten auf ausreichend Schlaf. Auf Zigaretten verzichten 64 Prozent, und für 62 Prozent gehört Bewegung inzwischen zum Alltag (Grafik rechts). Diese Tendenz wird von der "Consumer Connection Study" (CCS) von Dentsu Aegis – wozu auch Vizeum zählt – bestätigt. Danach legen 56 Prozent der Deutschen Wert auf eine ausgewogene Ernährung. Regelmäßig Sport treiben 42 Prozent, und 66 Prozent tun ihr Bestes, um die Umwelt zu schonen. Besonders die Jüngeren stehen neuen Lebenseinstellungen ebenso offen gegenüber wie Food-Trends von vegan bis vegetarisch, von lacto-ovo über paleo bis hin zu Low Carb.
Diskutieren in sozialen Medien
Auch wenn Trendforscher Horx zufolge die meisten Menschen Flexitarier sind. Was auch immer es ist: Die Vorlieben des Einzelnen sind heute Gesprächsthema. Beim gemeinsamen Grillen, aber auch auf den sozialen Medien diskutieren die Menschen ihre Essgewohnheiten und ihren Lebensstil. Damit grenzen sie sich ab und zeigen, wer sie sind und welche Werte sie vertreten. Auf der Suche nach der Zielgruppe: Das Mindset ist entscheidend Was sich nicht geändert hat: Für Frauen spielt gesunde Ernährung eine wichtigere Rolle als für Männer. Das stellt auch Gabriele Mühlen fest. "Über zwei Drittel der Frauen sagen von sich, dass sie auf gesunde Ernährung achten", sagt die Chefredakteurin des Branchennetzwerks "House of Food" bei der Bauer Media Group. In dem Netzwerk bündelt Bauer seit vergangenem Jahr den gesamten Content zu Ernährungstrends und Entwicklungen für die eigenen Medienmarken. Dabei fällt auf, was doch anders geworden ist: Die eine Kernzielgruppe für gesundes Essen und Ernährungstrends nach soziodemografischen Ansätzen gibt es nicht mehr. "Vielmehr verbindet die jeweilige Zielgruppe ein ähnliches Mindset, bei dem Wünsche, Bedürfnisse, aber auch Lebensumstände eine entscheidende Rolle spielen", sagt Mühlen. Sie verweist auf Menschen, die aufgrund von Unverträglichkeiten ein spezielles Ernährungskonzept benötigen.
Oder Berufstätige, die Job und Alltag in Einklang bringen wollen, sich über Essen "to go" und Essen "to come" ebenso wie über Convenience informieren. Hinzu kommt: Ernährung gilt heute als Quelle der Gesunderhaltung und Selbstoptimierung, auf die Menschen aktiv zurückgreifen. Das war nicht immer so. "Wir fördern damit unsere Leistungsfähigkeit und unterstützen sowohl Psyche als auch Physis", sagt Mühlen. Diese Erkenntnisse fließen in die Inhalte der hauseigenen Magazine, Websites, Apps und in die sozialen Kanäle der Marken. Zum Beispiel in die Rubrik "Wohlfühlküche" von Kochen & Genießen. Oder "Wellfood" von Lecker. Aber auch in Frauenmagazinen wie Cosmopolitan oder Neue Post hält das "Healthy Food" Einzug. Daneben gibt es monothematische Specials und Sonderhefte wie Tina Schlank & Gesund oder Wellbeing-Booklets für Shape. Anfang März wurde mit Lecker good food ein Special-Interest-Titel auf den Markt gebracht. "Dort zeigen wir nach neuestem Erkenntnisstand der Ernährungswissenschaften, dass gesunde Ernährung genussvoll und einfach ist und keinesfalls Verzicht bedeutet", sagt Chefredakteurin Mühlen.
Auch bei Burda hat der gesunde Lifestyle seinen festen Platz. 2013 hat das Medienhaus dafür Slowly Veggie und 2018 Einfach low carb gelauncht. Daneben wurde das digitale Food-Portfolio ausgebaut. Slowly veggie und Meine Familie & ich haben neue Webauftritte erhalten. Beim Rezeptportal Das Kochrezept setzt man auf eine konsequente SEO-Strategie. Auf Vermarktungsseite will Burda Home mit dem Vermarkternetzwerk "First in Food" expandieren. Zum Portfolio gehören auch externe digitale Communitys, Plattformen und Blogs wie Foodboom, Eat this oder Wir essen gesund. Zudem sind weitere foodaffine Burda-Marken wie Mein schönes Land oder Freizeit-Revue an das Netzwerk angebunden. Linda Ibscher, Head of Client Services Food & Home beim Burda-Vermarkter BCN, sieht viel Bedarf an Themen rund ums Essen mit Wohlfühlfaktor. Mit der Burda Food Factory hat Burda auch ein Standbein im Contentmarketing geschaffen: Angeboten wird Branded Content, vom Rezeptvideo bis hin zum Influencer Workshop im eigenen Küchenstudio. Eines ist allen Publikationen und Content-Angeboten gemeinsam: Sie setzen auf Spaß. Der Genuss steht im Mittelpunkt. Nina Winter, Managing Director bei der Verlagsgruppe Burda Home, zu der auch die Food Factory gehört, spricht dabei von "Feel-good"-Momenten. „Für Marken ist es wichtig, neue Anwendungsanlässe und Rezeptinspirationen zu schaffen.“
Marken stellen sich gesundheitsbewusst auf
Aber auch andere Medien reagieren auf den Trend. Da gibt es Spartensender wie Health TV, doch halten Food-Themen auch auf reichweitenstarken Sendern Einzug – zum Beispiel in Formaten wie Abenteuer Leben oder Galileo. Umfelder, die für Unternehmen mit Produkten rund um Getränke, Lebensmittel und Fitness wie geschaffen sind. An der Positionierung als gesunder Energielieferant arbeitet zum Beispiel Knorr. Um Suppen dem Trend gemäß zu vermarkten, setzt der Food-Hersteller in seiner Kommunikation auf Schlüsselworte wie „100 Prozent natürlich“. Damit signalisiert das Unternehmen den Verzicht auf künstliche Zusatzstoffe und differenziert sich darüber vom Wettbewerb. Die Verpackung und Anzeigenkreation mit dem Claim „Natürlich lecker“ zeigt allerlei frische Zutaten. Neben Food-Herstellern können auch die Bereiche Mode und Kosmetik den Gesundheitstrend für sich nutzen. „Vorausgesetzt, sie tragen die Themen Gesundheit und Nachhaltigkeit in ihrer Marken-DNA und bedienen entsprechende Bedürfnisse der Konsumenten“, sagt Karin Libowitzky. Die Apotheken-Umschau hat für diese Ansprüche die Rubrik „Lebenslust“ parat. „Dort finden Marken aus den Bereichen Kosmetik, Beauty, Wellness- und Erlebnisreisen, die den häufig beruflich basierten Stresspegel herunterfahren wollen, ein passendes Umfeld“, sagt Chefredakteur Hans Haltmeier. Doch steht bei diesem Ziel, das der Apotheken-Umschau-Chef als „Downshifting“ bezeichnet, letztlich der Spaß im Mittelpunkt. Den Menschen mit erhobenem Zeigefinger zu erklären, wie sie sich fit zu halten haben und über Prävention Krankheiten vermeiden, gehört nicht dazu. Fakten genügen. Im Ernährungsbereich klärt das Magazin, das in Apotheken gratis vertrieben wird, etwa darüber auf, was hinter einer Gluten-Unverträglichkeit steckt und wie Betroffene damit umgehen sollten. Die politische Diskussion über die Lebensmittelkennzeichnung wird in den Brennpunkten begleitet. Daneben gibt es Rezepte, die auf gesunde Zutaten Wert legen, ohne dabei den Genuss zu vernachlässigen. Haltmeier bringt es auf den Punkt: „Um die Menschen zu erreichen, genügt es nicht mehr, ihnen das Richtige zu raten. Sie wollen sich dabei auch wohlfühlen.“