Anja Hendel, Porsche Digital Lab

Anja Hendel, Porsche Digital Lab

Anja Hendel, Director Porsche Digital Lab

Bei der Marke Porsche denken viele zunächst an Zündschlüssel, röhrende Sechszylinder und sportliche Fahrwerke - kurz: an feinste deutsche Ingenieurskunst. Gleichzeitig haben wir schon lange verstanden, dass die analoge und digitale Welt nicht mehr parallel existieren, sondern im Alltag unserer Kunden verschmelzen. Darum nutzen wir moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Blockchain, um das Porsche Lebensgefühl durch smarte digitale Services über das Auto hinauszutragen und einer größeren Zielgruppe zugänglich zu machen.

Patrick Holtkamp, Territory Webguerillas

Patrick Holtkamp, Territory Webguerillas

Patrick Holtkamp, Geschäftsführer Territory Webguerillas

Parallelwelten sind ein Phänomen, welche nicht erst mit dem Aufkommen digitaler Technologien entstanden sind. Heutige digitale Technologien ermöglichen es, in immer mehr Bereichen in eine konstruierte Wirklichkeit zu flüchten. Dadurch verschiebt sich zwar auch die Wahrnehmung, aber es eröffnen sich auch komplett neue Möglichkeiten der Nutzung. Ob in der Medizin für therapeutische Zwecke oder für marketingtechnische Raffinessen, wie der Erlebbarkeit von Marken und Produkten: Die Immersionskraft virtueller und augmentierter Realität ist groß. Parallelwelten und Manipulation liegen insbesondere in Sozialen Netz werken eng beieinander. Instagram ist für mich derzeit das Paradebeispiel einer konstruierten digitalen Wirklichkeit. Hier verschieben sich im wahrsten Sinne des Wortes mit jedem Like Idealvorstellungen. Ein gezielter Konsens in einer Parallel-Gesellschaft ist schnell erzeugt  – oft auch zu schnell – und zieht Folgen nach sich, die nicht mehr nur in der virtuellen Realität bleiben, sondern in die reale Welt hineinreichen. Das bringt auch Gefahren und Verantwortung mit sich, was gerade durch jüngste Entwicklungen allzu klar geworden ist. Aber mit gezielten Strategien, guter Kommunikation sowie dem gezielten Nutzen von Innovationen können echte Mehrwerte für Menschen geschaffen werden und Parallelwelten in einer Art und Weise bereichert werden, die die jeweilige “Parallelwelt-Gesellschaft” maximal profitieren lässt.

Sheila Moghaddam Ghazvini, Hootsuite

Sheila Moghaddam Ghazvini, Hootsuite

Sheila Moghaddam Ghazvini, Head of Social & Content bei Hootsuite

Es wird ja häufig von der Parallelwelt “Social Media” gesprochen. Vor allem von den Menschen, die selbst mit Social Media nicht so viel anfangen können oder es schlichtweg ablehnen. Ich beobachte aber schon länger, dass sich die analoge Welt und die digitale Welt annähern – junge Beauty Influencer, die im TV auftreten und sich für die Europawahl einsetzen, Unternehmen setzten Unterhaltungen von LinkedIn auf offline Events fort oder setzten Insights aus sozialen Medien für die Marktforschung ein. Für mich gehören Analog und Digital definitiv zusammen – die gesonderte Parallelwelt muss mit einbezogen werden. Für eine gemeinsame Entwicklung brauchen wir kritische und aufgeklärte Unternehmen als auch Verbraucher, die sich mit Social Media auseinandersetzen. Daher unterstützen wir bei Hootsuite Unternehmen dabei, Verbindungen zu ihren Kunden und Partnern aufzubauen, mit diesen in Dialog zu treten und Beziehungen zu pflegen. Es liegt also in unserer Hand keine Parallelwelten entstehen zu lassen oder zumindest durch Aufklärung das negative Image dieser abzustreifen.

Marcel Hollerbach, Productsup

Marcel Hollerbach, Productsup

Marcel Hollerbach, CMO Productsup

Parallele Welten hat es immer gegeben. Die uns am besten bekannte Parallelwelt, ist die Co-Existenz zweier deutscher Staaten durch die Mauer, die das Land 28 Jahre und 88 Tage geteilt hat. Auch heute gibt es noch eine Menge Mauern, die Länder, Unternehmen und Gesellschaften teilen. Durch die fortschreitende Technisierung sind viele moderne Mauern heute nicht mehr physisch – sondern digital. Wir nennen sie Walled Gardens. Die meisten Unternehmen und gerade die großen Tech-Giganten aus dem Silicon Valley haben sich technologisch so abgeschottet, dass sie in ihrer eigenen Parallelwelt leben und von außen nur schwer zu durchdringen sind. Zusätzlich dienen die Walled Gardens dem Zweck und den Zugriff auf Daten der eigenen Kunden zu kontrollieren und zu führen. Für Unternehmen wie Google und Facebook ist es dabei ein Leichtes, sogar für jeden Kunden individuell eine eigene Waren- und Informationswelt zu kreieren. Productsup hat es sich zur Mission gemacht, digitale Mauern und Walled Gardens zu durchbrechen, um offene Ökosysteme zu ermöglichen, in denen Daten frei fließen können. Wir denken, dass Parallelwelten auf Dauer nicht zum Erfolg führen, sondern ein freier Austausch von Daten Unternehmen und Gesellschaften langfristig besser machen.

Alexander El-Meligi, Demodern

Alexander El-Meligi, Demodern

Alexander El-Meligi, Managing Partner & Creative Director bei Demodern – Creative Technologies

In Parallelwelten abzutauchen oder Alltäglichkeiten mithilfe von Technologie bewusst aufzuwerten, ist meiner Meinung nach ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft und zählt zu den menschlichen Bedürfnissen. Ich verstehe darunter die Suche nach besonderen und emotionalen Erlebnissen, die vom Grundrauschen abweichen. Diese Erlebnisse können medial unterschiedlich erfahren werden: Sei es eine besonders positive Reaktion auf einem Social Media-Kanal oder die mitreißende Serie am Abend. Auch das rasante Wachstum der Gaming Branche ist ein Beleg für diese Entwicklung, denn beim Spielen geht es primär um den Rollenwechsel und das emotionale Erlebnis. Auf der ständigen Suche nach neuen emotionalen Impulsen werden neue Medien und Technologien wie Virtual Reality durch ihre starke immersive Wirkung besonders relevant.

Da unser Schwerpunkt in der Entwicklung von innovativen digitalen Erlebnissen und Services liegt, profitieren wir als Unternehmen aktuell sehr vom Parallelwelten-Trend. Über wirkungsvolle Virtual Reality-Szenarien tauchen Nutzer oder Kunden in Marken- oder Produktwelten ein und erleben Geschichten, an die sie sich lange erinnern und die sie gerne teilen. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist unser Projekt für PETA: In einer Virtual Reality-Anwendung führt der Nutzer ein intensives Gespräch mit einem Hasen und erlebt eine Reise durch dessen bewegtes und zum Teil auch verstörendes Leben. Die Reaktionen der Nutzer auf den Dialog und das Erlebte waren teilweise sehr emotional.

Bernd Krämer, Cream Colored Ponies

Bernd Krämer, Cream Colored Ponies

Bernd Krämer, Geschäftsführer und Gründer der Digitalagentur Cream Colored Ponies

‚Parallelwelten’ sind im Digital-Marketing sehr stark ausgeprägt. Sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Agentur-Seite. Manche in der Branche ticken noch wie klassische Werber, andere wie Performance-Marketer ­– daher verstehen sie sich nicht. Und dann gibt es noch die SEOs, die Social Media-Menschen und die IT-Fachleute, die noch einmal ganz anders denken. Diese Welten zusammenzubringen empfinde ich als eine der wichtigsten Herausforderungen. Für unser Business bedeutet das: Wir bauen Prozesse auf, in denen wir die unterschiedlichen Kulturen synchronisieren. 

Daneben spielt das auch eine wichtige Rolle für unser Agentur-Recruiting: Es wird immer schwerer Menschen zu finden, die den Überblick über diese Parallelwelten haben. Diese Spezialisten finden wir nicht mehr in Agenturen mit ihrem ausgeprägten Silo-Denken, sondern zunehmend auf Unternehmens-Seite oder bei Startups.

Carsten Dorn, Score Media Group

Carsten Dorn, Score Media Group

Carsten Dorn, Geschäftsführer Score Media Group

„Von Künstliche Intelligenz und Machine Learning über VR/AR und Voice bis zu Internet of Things und autonomem Fahren – obwohl das analoge und digitale Leben zunehmend miteinander verschmelzen, wirken analoge und digitale Welt bei vielen Themen wie ein Paralleluniversum. Viele Buzzwords sind gefühlt allgegenwärtig und vermitteln so eine gelebte Realität. Faktisch sind sie für die breite Masse aber immer noch Fiktion. ‚Früher‘ war diese Verschiebung von Raum und Zeit die Domäne von Science-Fiction, heute dominiert sie die digitale Gegenwart. Für mich hat eine Parallelwelt aber nicht zwangsläufig etwas mit Raum-Zeit-Verschiebung zu tun, sondern häufig auch mit den Rollen, die wir im jeweiligen, analogen Umfeld einnehmen. Als Print/Zeitungsmann (für Digitalis sicher auch eine Art Parallelwelt, wenn nicht gar ein Anachronismus) bewege ich mich ebenfalls in mehreren Welten. Meine beruflichen Multiversen: Verlegerwelt, Agenturwelt, Kundenwelt, Score Media-Welt. Alle real. alle existent – und doch jede eine Welt für sich.“

Silvio Kuche, Noventi

Silvio Kuche, Noventi

Silvio Kusche, Bereichsvorstand Marketing (CMO) bei NOVENTI Group

 „Ein gutes Beispiel für Parallelwelten erleben wir im Gesundheitsmarkt: Kaum ein digital aufgewachsener Kunde versteht es, dass er Ärzte, Apotheker und sonstige Leistungserbringer lediglich von 9h–12h erreichen kann und dann auch noch persönlich in einer Praxis oder Apotheke erscheinen muss. Zentrale und notwendige Schritte im deutschen Gesundheitsmarkt erfolgen nur sehr langsam und zögerlich, wie beispielsweise die Einführung des E–Rezeptes. Das war erstmals bereits im Jahre 1990 gesetzlich vorgesehen. Vor allem mit Blick auf den internationalen Markt und einer drohenden disruptiven Entwicklung, wie z.B durch Amazon, ist das eine tatsächlich existierende Parallelwelt. Daher ist es dringend notwendig, den Gesundheitsmarkt zu transformieren und an die Bedürfnisse einer immer jüngeren und stets mobilen Zielgruppe anzupassen. Wir arbeiten an dieser Transformation und stellen uns dabei laufend selbst infrage. So bieten wir z.B. Apps zur Vorbestellung von Medikamenten an und haben natürlich bereits jetzt alles für den Einsatz des E–Rezeptes vorbereitet. Ich bin fest davon überzeugt, dass zukünftig auch im deutschen Gesundheitsmarkt nicht regulatorische Vorgaben oder nur die Technik entscheidend sind, sondern einzig und allein der Endkunde.“


Autor: Julia Gundelach

Julia Gundelach ist freie Autorin mit Schwerpunkt Specials. Daher schreibt sie Woche für Woche über neue spannende Marketing- und Medien-Themen. Dem Verlag W&V ist sie schon lange treu – nämlich seit ihrem Praktikum bei media & marketing in 2002, später als Redakteurin der W&V.