Branchenumfrage:
Facebook 2016: Was Mediaplaner wollen
Seit einem Jahr ist Marianne Dölz Deutschland-Chefin von Facebook. Sie hat viel vor, um an mehr Budgets zu kommen. Aber auch die Mediaplaner haben Erwartungen. W&V hat sie nach ihren Wünschen gefragt.
Im Bereich Social Media und Mobile ist Facebook aus Mediaplänen kaum wegzudenken. Insofern sind die Ausbaupläne, die Deutschland-Chefin Marianne Dölz im Gespräch mit W&V skizziert (Ausgabe 5/16), sehr logisch. Doch dafür muss sie auch den Markt voranbringen. "Wir verzeichnen inzwischen täglich mehr als acht Milliarden Video-Views weltweit auf Facebook. Bei uns macht die mobile Nutzung 85 Prozent aus. Mobile ist die am stärksten wachsende Werberubrik bei Nielsen. Und trotzdem entfällt auf Mobile nur ein Prozent der Bruttowerbebudgets und auf TV fast die Hälfte", sagt Dölz.
Um mehr der klassischen Budgets gen Facebook zu ziehen, werden die Werbewirkungsforschung ausgebaut, Kunden und Agenturen beraten und kontinuierlich neue Formate eingeführt.
Doch die Mediaplaner und Werbungtreibenden haben auch andere Wünsche, wie die Befragung durch W&V verdeutlicht. So skeptisch sich Facebook beim Thema gemeinsame Bewegtbildwährung mit der AGF zeigt – die Planer erwarten sie.
Mehr zu Dölz' Plänen für 2016 erfahren Sie in der aktuellen Printausgabe. Die Perspektive der Mediaplaner finden Sie hier.
Andrea Malgara, Sprecher der Mediaplus Gruppe
"Facebook wird zunehmend wichtiger in der Kampagnenplanung, aber es ist nicht so, dass damit die Ziele der Kampagnen aller Kunden erreicht werden können. Das soziale Medien eignet sich darüber hinaus vor allem für Involvement. Daher sind Branding- und Bewegtbild-Kampagnen nicht so wichtig, wie das Facebook gerne hätte.
Der Anteil unserer Onlinebudgets, und damit auch das Budget, das auf Facebook entfällt, wird noch steigen, weil der Zenit hier noch nicht erreicht ist. Was wir aber unbedingt brauchen, ist eine gemeinsame, holistische Bewegtbild-Währung, von der wir aber noch weit entfernt sind. Selbst Google bemüht sich in dieser Richtung. Es wäre deshalb wünschenswert, wenn Facebook sich hier stärker engagieren würde.
Was Messung und Kontrolle der Reichweiten bei Facebook betrifft: Auch da bin ich noch nicht ganz zufrieden. Third Party Tracking ist nicht möglich und die Konventionen sind nicht zufriedenstellend. Hier hoffen wir auf die neuen Möglichkeiten mit Atlas, die vielversprechend klingen. Insgesamt könnte man sagen, Facebook ist gerade erst in der Pubertät angekommen."
Uwe Storch, stellvertretender OWM-Vorsitzender
Wie wichtig Facebook für Kampagnen ist, hängt sehr stark von der medialen und kommunikativen Zielsetzung der einzelnen Kampagne ab. Dabei sollte eine Marke idealerweise bereits auf Facebook etabliert sein und die Zielgruppe sollte mit für Facebook-User tatsächlich auch relevanten Content erreichbar sein. Für Werbetreibende ist bei der Platzierung von bezahlten Werbemitteln bei Facebook aber auch entscheidend, ob das jeweilige Umfeld der Platzierung den eigenen Marken nützt oder gar schadet. Hier sind die Medien in der Verantwortung, adäquate Umfelder anzubieten. Auf dem Höhepunkt vieler politischer Diskussionen zeigte sich jedoch, dass ein Negativ-Targeting nach Keywordlisten nicht differenziert oder effektiv genug ist. Denn hier werden zum Teil auch zu Unrecht Personen von der Zielgruppe ausgeschlossen und damit diskriminiert, die nur einen Beitrag anklicken – unabhängig von deren Einstellung.
Die Nutzerdatenqualität und das damit mögliche Interessen-Targeting macht Facebook verbunden mit seiner Reichweite zu einem relevanten Kanal. Allerdings ist die konkrete Nutzungssituation, also das Verhalten der Konsumenten hinsichtlich der nachhaltigen Wirkungsweise der Werbeformen, nicht einfach eins zu eins vergleichbar mit anderen Bewegtbild-Plattformen und noch nicht ausreichend erforscht.
Dagmara Greve, Director Digital ZenithOptimedia
"Ob Facebook für eine Kampagne wichtig ist, entscheidet die Zielsetzung und darauf basierende Strategie. Facebook ist natürlich besonders relevant, wenn Maßnahmen geplant sind, die Aspekte der Social Media in den Fokus haben. Facebook kann aber auch als Reichweitenbringer bei der Ansprache jüngerer Zielgruppen genutzt werden. Die Erfahrung, die Performance und auch die Möglichkeiten der Kampagnen sind entscheidend. Generelle Aussagen würde ich aber nicht treffen, es ist sehr stark abhängig davon, welche Ziele die Kunden haben und welche Learnings im Zusammenhang mit Facebook vorhanden sind. Die Zeiten, in denen Facebook als Testplattform in die Mediapläne reingerutscht ist, sind jedenfalls längst vorbei.
Eine neutrale und für möglichst für viele Plattformen geltende Währung wäre für alle von Vorteil und würde Transparenz im Markt schaffen. Eine einheitliche Messmethodik macht die Plattformen untereinander vergleichbar und damit die Selektion der geeigneten Umfelder leichter. Diese Diskussion führen wir jedoch seit Jahren, und ich habe nicht das Gefühl, dass wir da ein großes Stück weiter gekommen sind. In Anbetracht dessen, dass Mobile Media in sehr hoher Geschwindigkeit wächst und Facebook gerade in dem Bereich hohe Relevanz aufweist, sehen wir hier die Chance, bestimmte nationale und internationale Standards gemeinsam mit anderen Marktplayern zu etablieren."
Für uns ist klar: Da Facebook den Anspruch erhebt, als eine weitere Alternative für Bewegtbildkampagnen eingesetzt zu werden und dabei für sich relevante Budgets reklamiert, benötigen Werbetreibende auf jeden Fall eine einheitliche Währung. Da TV meist Bestandteil großer Kampagnen ist und bleiben wird, interessieren uns device-übergreifende Nettoreichweiten. Facebook sollte außerdem, wenn es einen größeren Anteil am deutschen Werbebudget beansprucht, sich auch den bewährten und allgemein am Markt akzeptierten JIC Initiativen anschließen und sich für neutrale und übergreifende digitale Nutzungs- und Reichweiten-Erhebungen durch einen neutralen dritten Dienstleister, wie etwa Infonline, Agof oder AGF öffnen.
Oliver Schulz, Kommunikationsberater/Leiter Social Media Advertising, Pilot Hamburg
Facebook ist im Social Media Bereich einer der effektivsten Kanäle für Werbung. Damit habe ich in den letzten Jahren, auch international, nur positive Erfahrungen gemacht. Ob es um Performance oder Branding oder auch Videoaussteuerung geht - Wenn man Facebook Advertising mit anderen Online-Kanälen vergleicht, ist es einer der performantesten Kanäle.
Die Targetingqualitäten sind enorm. Auch als Plattform für Videoformate ist Facebook erwachsen geworden – hier werden schließlich etwa acht Milliarden Videos täglich angesehen. In Kombination mit TV können mit Facebook in Kombination extreme Kontaktklassenoptimierungen vorgenommen werden. Deswegen ist Facebook auch ein bewährter Kanal innerhalb unseres „Double Play“ Produktes.
Natürlich braucht es eine gemeinsame Bewegtbild-Währung. Das Problem ist hier allerdings, dass Bewegtbild online unterschiedlich, je nach Kanal funktioniert und wahrgenommen wird. Unterschiedliche Videolängen, Snippets die ohne Ton und mit Untertitelung arbeiten, sind schwer über einen Kamm zu scheren.
Was Facebook besser machen kann? Ich glaube, dass vor allem die Werbekunden und Agenturen mutiger und konsequenter in der Kreation sein müssen um die Potentiale von Facebook auszunutzen.
Verschiedene Zielgruppen sollten mit verschiedenen Werbemitteln angesprochen werden - Es ist ein Unterschied, ob sie einen Joghurt einer 20-Jährigen oder einem 60-Jährigen verkaufen wollen. Dennoch gehören beide zur anvisierten Zielgruppe. Also individuelle Werbemittel für individuelle Targetings haben ein immenses Potential für die Werbewirkung - Da arbeiten viele Werber immer noch viel zu konservativ. Da müssen mehr Ideen her, mehr Kreativität und Detailliebe – das wird dann auch entsprechend auf die Performance einzahlen.
(rp/bk)