Influencer-Marketing:
„Influencer Personas steigern die Effizienz und erhöhen die Brand-Safety“
"Was mit Influencern" - das reicht nicht als Kampagnengrundlage. Wie man das Thema strategisch angeht, erklärt im Interview André Karkalis, Dozent für Influencer Marketing.
"Was mit Influencern" - das reicht nicht als Kampagnengrundlage. Wie man das Thema strategisch angeht, und was die häufigsten Fehler sind, erklärt André Karkalis, Geschäftsführer von Karkalis Communicartions und Dozent für Influencer Marketing bei der Deutschen Akademie für Public Relations, im Interview.
Herr Karkalis, viele Kampagnen bauen darauf auf, dass man „irgendwas mit Influencern“ machen möchte. Eine Strategie gibt es oft nicht. Kann man so eine brand-safe Influencerkampagne umsetzen?
Influencer Marketing hat in den letzten beiden Jahren einen Boom erlebt. Leider ist aber eine strategische Planung noch nicht überall die Regel. Hinzu kommt, dass Influencer als Content Creators eine gewisse kreative Freiheit wünschen und auch brauchen. Die Herausforderung für Unternehmen: Leitplanken für die Kommunikation zu setzen. Eng genug, um brand safe zu bleiben, aber so weit, dass die Influencer trotzdem ihre Kreativität einbringen können.
Wie setzt man das konkret in der Praxis um?
Gute Influencer Kommunikation benötigt ein Qualitätsmanagement – genau wie alle anderen Disziplinen. Das bedeutet: Briefings immer schriftlich und zusätzlich persönlich/telefonisch geben. Klare Verträge für beide Seiten. Außerdem das nötige Fingerspitzengefühl: Statt allen 20 Influencern ein Moodboard für ein Shooting zu senden und sie damit zu Auftragnehmern zu degradieren, sollte man sich Zeit nehmen und von jedem Creator die Artikel, Bilder oder Videos raussuchen, die besonders gut zur Brand und Kampagne passen. Wenn man Influencer anhand ihres eigenen Contents brieft, vermittelt das Wertschätzung. Und die ist langfristig genau so wichtig wie ein Vertrag.
Welches sind die Hauptfehler bei der strategischen Planung von Influencerkampagnen?
Fehler 1: Kein klares Ziel definieren. Wer nicht weiß, wo er hinmöchte, sollte nicht losfahren. Fehler 2: Zu früh die Kreation planen. Influencer sind Content Creator. Wer sie einbindet, gewinnt. Fehler 3: In der Planung mit Beispiel-Influencern um sich zu werfen, anstatt quantitative und qualitative Faktoren zu analysieren.
Was ist so schlimm daran, Influencer beim Namen zu nennen?
Bekannte Influencer geben automatisch die Richtung vor. Dadurch legt man (meist unbewusst) Faktoren fest, ohne diese einzeln bewertet zu haben. Aber vielleicht ist Instagram gar nicht der bestmögliche Kanal für das Ziel, was aber in der Diskussion um den individuellen Influencer untergeht. Außerdem wecken Gesichter und Profile Emotionen. Statt einer sauberen Analyse kommt der persönliche Geschmack ins Spiel. Es besteht die Gefahr, dass Influencer X engagiert wird, weil alle Verantwortlichen sich auf diese Person einigen konnten. Aber bei einer analytischen Betrachtung, hätte es dieser Influencer vielleicht nie bis in die Endrunde geschafft.
Aber was wäre die Alternative?
Wir sind dazu übergegangen für Konzepte die jeweils idealen Influencer für eine Kampagne zu definieren. Wir nennen das Bilden der „Influencer Persona“. Wir haben hierzu ein eigenes Online-Tool entwickelt, das für alle Branchen und Ziele anwendbar ist. Es handelt sich um einen analytischen Ansatz, der alle Faktoren eines Influencers hinterfragt und in die Tiefe geht. Wer sich detailliert mit der Follower-Struktur, der Content-Tonalität, der Themen-Kompetenz, dem Publishing-Rhythmus, der Engagement Rate und allen anderen Faktoren auseinandersetzt, erhöht automatisch die Brand Safety, weil er den Influencer ganzheitlich betrachtet. Teilweise erstellen wir die Influencer Persona in Workshops gemeinsam mit Kunden oder wir nutzen sie als Re-Briefing für eine Kampagne. Einmal erstellt, ist sie eine Steilvorlage für die Recherche und Auswahl von Influencern. Das erhöht die Effizienz, weil Abstimmungsschleifen wegfallen.
Für Ihr Tool haben Sie 20 Faktoren herausgearbeitet, die zum richtigen Influencer für die Kampagne führen. Einer davon ist zum Beispiel „Image“. Warum? Sucht nicht jeder nur Influencer mit gutem Image?
Was bedeutet denn ein „gutes Image“? Nehmen wir eine Modemarke. Muss eine Influencerin bereits auf Covern von Modezeitschriften posiert haben oder ständig in der Front Row sitzen – eine echte „Fashionista“ sein? Oder kann eine Mutter, die aus dem echten Leben für wenige tausend Leser über ihre Familie bloggt, nicht vielleicht besser zur Marke und zur Zielsetzung passen? Zwei völlig unterschiedliche Strategien – die Influencer Persona zwingt den User, sich darüber Gedanken zu machen.
Ähnlich ist es mit dem Faktor „Bekanntheit“. Auch hier könnte man denken: Ist doch toll, wenn möglichst viele Menschen den Influencer kennen. Aber die Frage muss lauten: Wie ESSENTIELL ist die Bekanntheit eines Influencers um das Kampagnen-Ziel zu erreichen? In unserem Tool muss man die Bekanntheit des Influencers gewichten und angeben, wer diesen kennen soll: andere Influencer, Journalisten, Offline-Zielgruppen, ...
Plant eine Marke beispielsweise ein Influencer-Event oder eine POS-Aktion, kann ein berühmter Name als Besuchermagnet sinnvoll sein. Bei klassischem Product Placement sind Mikro-Influencer aber vielleicht viel geeigneter.
Man sollte nie vergessen, dass Influencer sich (zu Recht) Bekanntheit und Image honorieren lassen. Aber manchmal gibt es effizientere Wege das Ziel zu erreichen.
Wie weisen Sie nach, dass ein Influencer ein „echter“ Influencer ist, mit echten Followern und brand-safen Inhalten?
Um Fake Follower zu identifizieren gibt es inzwischen zahlreiche Tools. Schwieriger ist es, Kommentare sinnvoll zu prüfen. Gerade bei Pods (Whatsapp-Gruppen von Influencern, die sich gegenseitig auf Instagram unterstützen) kommen die meisten technischen Lösungen an ihre Grenzen. Das Gleiche gilt für den Content. Hier muss eine manuelle Qualitätskontrolle erfolgen. Genau wie für die korrekte Kennzeichnung für Werbung. Macht der Influencer hier Fehler, können Agentur und Auftraggeber ebenfalls haftbar gemacht werden.
Petfluencer sind die neuen Influencer, heißt es. Weil Tiere immer brand-safe sind?
Die Tiere selbst sind meist brand-safe, aber wie sagt Hundetrainer Martin Rütter: „Das Problem ist das andere Ende der Leine.“ Wir haben eine europaweite Kampagne für FURBO umgesetzt, eine Art Babyfon für Hunde. Frauchen und Herrchen können über das Smartphone den Vierbeiner zu Hause beobachten und ihm sogar Leckerchen zuwerfen. Vorgabe zur Brand-Safety in diesem Fall: Übermotivierte Zweibeiner davon abhalten ihrem menschlichen Partner per FURBO M&Ms zuzuwerfen. In unseren über 800 Kooperationen auf unterschiedlichen Kanälen ist dies nicht einmal vorgekommen. Aber es hat auch kein einziger FURBO ohne Briefing und Vertrag unsere Agentur verlassen.
André Karkalis ist Geschäftsführer von KARKALIS COMMUNICATIONS und Dozent für Influencer Marketing bei der Deutschen Akademie für Public Relations. Unter influencerpersona.de hat er ein Whitepaper zum Thema veröffentlicht.
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