Kommentar:
Das war die Dmexco 2020: Rohkost – schwer verdaulich
Die Dmexco hat technisch gut funktioniert. Aber inhaltlich zeigt sie das gleiche Defizit wie Social Media als Informationskanal: Man bekam wahnsinnig viel serviert – aber halt vor allem Rohkost.
Viele Beiträge namhafter Speaker auf der Dmexco waren ganz einfach unverhohlene PR in eigener Sache. Ist ja auch okay. Es hatte sogar was Lustiges. Ich hatte den Eindruck, dass einige Protagonisten kurz zuvor noch Moderationsschulungen hatten. Man sah oft die gleiche Gestik, die gleiche, Spannung schaffende Betonung: Drama für laue Inhalte. Leicht Konsumierbares in Form von Zuckerwatte.
Andererseits gab es – ebenfalls hochkarätig besetzte – Panels, die dermaßen hart Klartext redeten, dass man mindestens einen doppelten Espresso getrunken haben musste, um gedanklich Schritt halten zu können. Ist doch klar: Wenn Experten sich mit Experten unterhalten, dann wird’s schwierig.
Eher Twitter als Linkedin
Dmexco-Grandmaster Matyka meinte im Vorfeld, die Dmexco sei eine Mischung aus Netflix, Zoom und Linkedin. Na ja. Erstens: Im Netflix-Vergleich war die Dmexco zu sachlich. Im Vergleich mit Zoom war sie technisch nicht genug ausgereift. Und der Vergleich mit Linkedin hinkt, weil sie zeitlich stark begrenzt ist.
Die physische Dmexco war ein Treffen. Die digitale Dmexco ist ein Austausch. Und wo wir schon beim Vergleich mit amerikanischen Companies sind: Ich musste an Twitter denken. Da bekomme ich auch wahnsinnig viel authentische, Quell-Informationen. Aber nicht kuratiert, sondern prodomo-gefärbt, zusammenhanglos, ungeprüft. Sprich: ein Mosaik aus lauter Informationssplittern.
Die Sehnsucht nach Moderation
Ich hätte mir stärkere Moderationselemente gewünscht. Jemanden, der die Unmenge an informationeller Rohkost sortiert, manchmal kleinschnippelt, zubereitet, von mir aus auch scharf würzt und serviert.
Hier wird der Unterschied deutlich zwischen Information und Journalismus. Ich kann informiert sein und trotzdem ein schiefes Bild sehen. Erst journalistisch bearbeitete Informationen sind gesäubert, geordnet, gewichtet und eingeordnet.
"Wie fandest du die Dmexco?" Ich wette, diese Frage wird dieses Jahr deutlich öfter gestellt als die Jahre zuvor. Meine Antwort ist: Informativ. Aber schwer verdaulich.