Bewegtbildwerbung:
Praxistipps: So erstellt man tonlosen Content
Emotionale Bilder, das richtige Format und die Marke gleich am Anfang: Gastautor Claudius von Soos von TV-Wartezimmer erklärt, wie Content ohne Ton funktioniert.
Dass Videos und Bewegtbilder aus der Kommunikation nicht mehr wegzudenken sind, ist mittlerweile allen klar. Was viele jetzt erst merken: Es reicht nicht, vorhandenes Videomaterial für digitale Werbeträger weiterzuverwerten. Denn: Zum einen sind die Rezeptionssituationen der Betrachter sehr unterschiedlich, zum anderen muss der Content auf Webseiten, Digital-out-of-Home-Screens (DooH) oder dem Smartphone größtenteils ohne Ton funktionieren. Studien zeigen, dass Videos mit Ton oft als Störfaktor gelten. User finden es peinlich, wenn auf dem eigenen Rechner ein Werbespot plötzlich lautstark für alle Kollegen zu hören ist. Oder wenn der Spot auf dem Handy startet und alle anderen in der Umgebung mithören können. Laut einer Untersuchung von Teads "hassen" es 53 Prozent der Befragten, wenn auf einer Website unvermittelt ein Werbespot mit aktivierter Lautstärke startet. 40 Prozent verlassen daraufhin sofort die Seite.
Der Werbespot verfehlt damit in zweierlei Hinsicht seine Wirkung: Er wird nicht zu Ende gesehen. Und der Absender hat sich den Zorn des Users zugezogen. Knapp 60 Prozent der User schalten Videowerbung auf Nachrichtenseiten, YouTube oder Facebook bereits stumm. Die Nutzer sind dabei nicht von Inhalten oder der Werbung genervt, sondern von den unkontrollierten Geräuschen.
Wie man Botschaften subtiler vermittelt
Markenartikler, die sich einer Vielzahl von Plattformen und Medien gegenübersehen, um ihren Videocontent zu platzieren, müssen also Botschaften subtiler vermitteln und Werbespots produzieren, die ohne Ton sowohl in den eigenen vier Wänden als auch im öffentlichen Raum funktionieren, wenn sie nicht ignoriert werden wollen. Für den Digital-out-of-Home-Experten TV-Wartezimmer eigentlich nichts Neues: Das Medium strahlt seinen Content in den Wartebereichen von rund 7.000 Arztpraxen aus - genau dort, wo die Menschen zwar Zeit haben, das Programm zu konsumieren, aber keinesfalls durch Ton gestört werden wollen. TV-Spots werden deshalb hier nicht 1:1 übernommen, sondern für den Wartebereich optimiert.
Animierte Szenen und dazu passende Textzeilen, die behutsam und verständlich ineinander greifen, sind das Mittel der Wahl. Dadurch gelingt es, selbst komplexere Zusammenhänge tonlos, aber verständlich zu übermitteln. Auch 2D-, bzw. 3D-Animationen und Infografiken sorgen für eine tonlose Übertragung des Contents. Bilder und Text-Schnipsel müssen sich gegenseitig so ergänzen, dass ein Verständnis ohne Ton gewährleistet ist. Die Maßgabe: sympathische und starke Bilder mit leicht lesbaren Untertiteln zu ergänzen, aber nicht zu überfrachten.
Emotionale Bilder
Tonlose Spots müssen Sound und Sprache aus dem Off nämlich insbesondere durch emotionale Bilder kompensieren. Und das wird meist unterschätzt. Ein Beispiel: Um Kaffee zu inszenieren, könnte man auf verschiedene Szenen von Kaffeeröstern oder tanzender Kaffeebohnen setzen, um Menschen von einer Marke zu begeistern. Wirkungsstärker und mehr auf den Punkt ist hingegen eine große Kaffeetasse aus der Dampf aufsteigt in Verbindung mit dem Produkt. Der Betrachter riecht so förmlich den Kaffee des Herstellers. Die Länge des Spots scheint dann schon fast egal. Der Zuschauer hat nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und die gilt es so lange wie möglich zu halten. Deshalb sollten nach dem Prinzip „Branding first“ Marken und Produkte – anders als beim klassischen TV-Spot – gleich am Anfang des tonlosen Spots präsentiert werden, damit der Betrachter weiß, um was es geht und nicht gleich wieder wegschaut. An dieser Stelle ticken Digital-out-of-Home-Medien und Mobile-Screens übrigens gleich.
Wichtig ist aber auch zu beachten, wo der Spot abgespielt wird: DooH-Kanäle wenden sich an viele Betrachter. Die Facebook-App etwa, die auf dem Smartphone läuft, sendet die Botschaft meist nur an einen einzelnen User. Außerdem arbeiten DooH-Kanäle mit hoch- und querformatigen Spots. Die Timeline von Facebook dagegen meist nur mit Hochformat.
Der Videoanteil steigt und damit die Anforderungen an Markenartikler und Agenturen sich intensiver mit dem Produktionsflow und dem Verständnis der Kanäle auseinanderzusetzen. Die Mühe lohnt sich! Denn wer sich rechtzeitig Gedanken macht, wird mit mehr Wirkung belohnt – auch ohne Ton.
Claudius von Soos ist Leiter Media-Sales bei TV-Wartezimmer, einem in mehr als 7.000 Arztpraxen installierten System für audiovisuelle Arzt-Patientenkommunikation im Wartebereich. Zudem ist er Gründungsmitglied und Vorstand des DMI Digital Media Institutes, das dem Markt regelmäßig einheitliche Forschungsergebnisse und Kommunikationskonzepte für
DOOH-Angebote bereitstellt.