Data Marketing:
So wird jeder Marketer zum Data-Analysten
Oft sehen Marketing-Entscheider nur aufbereitete Reportings, die Datenquellen selbst bleiben ihnen verborgen. Das nutzt keinem, sagt Jasper von Hardenberg, CEO der Strategieagentur CRTN. Datengetriebenes Arbeiten geht anders.
Dass Unternehmen heutzutage datengetrieben arbeiten müssen, um der Digitalisierung erfolgreich zu begegnen, diese Erkenntnis ist in den Chefetagen schon lange angekommen. Umso überraschender ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, der zufolge fast die Hälfte aller deutschen Unternehmen nicht in der Lage sind, geschäftsrelevante Erkenntnisse aus ihren gesammelten Daten zu ziehen. Dabei ist das gar nicht so kompliziert: Mit fünf einfachen Schritten kann im Grunde jeder Marketer zum Data-Analysten werden.
1. Entwickeln Sie eine Datenstrategie
Im ersten Schritt ist es wichtig, überhaupt erst ein Problem zu identifizieren sowie ein Ziel zu definieren. Denn datengetriebenes Arbeiten ist kein Selbstzweck, sondern soll schließlich ein konkretes Problem lösen. Und jede Organisation hat ihre eigenen Probleme. Bei der einen sind es schlechte Kreativ-Dienstleister-Briefings und bei der anderen fehlen die richtigen Insights bei der strategischen Kommunikationsplanung. Marketingabteilungen brauchen sodann eine kanalübergreifende Datenstrategie, mit der die richtigen Datenquellen – egal aus welchem Kanal – in Zusammenhang gebracht werden.
Diese fußt auf einer Status-Quo-Analyse: Auf welche Datenquellen kann ich zugreifen? Welche Prozesse sind in der Organisation bereits eingespielt? Welche zusätzlichen Datenquellen können eventuell Abhilfe schaffen? Sind diese Fragen geklärt, muss eine technische Lösung aufgesetzt werden, mit der die Daten zusammengetragen werden.
2. Lernen Sie, mit Daten zu arbeiten
Häufig erreichen die Marketing-Entscheider nur aufbereitete Reportings von Kampagnen. Die eigentlichen Datenquellen und Tools werden oft tiefgründiger in der Fachabteilung ausgewertet oder im schlimmsten Falle sogar nur beim Media- und Kreativ-Dienstleister. Somit sieht der Entscheider ausschließlich das, was er auch sehen soll, jeweils aus der Perspektive der einzelnen Fachabteilungen aufbereitet und womöglich geschönt.
Stattdessen sollten Sie die Daten selbst "ownen". Heißt: Es sollte keine Reporting-Erstellung zwischen Data-Tool und Entscheider mehr notwendig sein. Dabei braucht es im ersten Schritt keine "One-fits-all-Lösung", sondern vielmehr eine Mischung aus unterschiedlichen Tools, mit denen man beginnen kann, im pragmatischen Rahmen datengetrieben zu arbeiten. So lernen Sie, wie Daten sinnvoll genutzt werden und Entscheidungen beeinflussen können. Diese ersten Learnings helfen Ihnen, Ihre eigenen Anforderungen zu verstehen und herauszufinden, welche Dashboard-Lösung infrage kommt.
3. Machen Sie Daten mit Dashboards zugänglich
Möchte ein Entscheider eine datengetriebene Arbeitsweise in seinem Team aufbauen, müssen alle Daten für jeden zugänglich sein. Eine zentrale Data-Management-Plattform inklusive Use-Case-orientierter Dashboards für alle relevanten Hierarchiestufen schaffen hier die Grundlage. Wichtig bei der Auswahl: Es muss nicht immer gleich der Ferrari unter den Data-Management-Plattformen sein. Die Auswahl der richtigen Plattform ist immer abhängig von den Bedürfnissen, der Größe, den Zielen und letztlich auch vom Budget einer Organisation.
Bei einem Online-Marketing-Team macht beispielsweise eine Plattform Sinn, die alle wichtigen KPIs einer Multi-Channel-Kampagne überwacht. Für ein Content-Marketing- oder ein Communications-Team eignet sich eher eine Plattform, die die relevantesten Themen der Zielgruppen mittels Daten aus Social-Listenting-Tools, Umfragen und Kampagnen identifiziert. Machen Sie es also nicht komplizierter als es ist.
4. Aufbau eines Marketing- und Business-Intelligence-Teams
Marketing-Teams benötigen Verantwortliche für das kontinuierliche und vor allem objektive Messen sämtlicher KPIs. Objektiv können nur Mitarbeiter sein, die keine kanalspezifischen Interessen verfolgen. Wie allerdings baut man ein solches Marketing- und Business-Intelligence-Team konkret auf? Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Wenn Data-Spezialisten bereits im Unternehmen vorhanden sind (allerdings in Silos), sollten sie im Rahmen einer Reorganisierung in einem neuen Team zusammengeführt werden. Ist das nicht der Fall, kann ein Berater dabei helfen, das richtige Talent zu finden oder die bestehenden Mitarbeiter in den Daten-Tools zu schulen.
Wichtig bei der Zusammenstellung eines solchen Teams ist eine gute Kombination aus spezifischer, kanalbezogener Datenkompetenz (beispielsweise Search Data, Social Media Data, Online Marketing Performance Data) auf der einen Seite und Strategie- und Prozesskenntnis auf der anderen Seite. So finden die Daten auch ihren Weg an die richtigen Stellen im Unternehmen. Die Zusammenstellung sollte, wenn möglich, intern umgesetzt werden, eine zusätzliche Unterstützung von externen Beratern könnte allerdings hilfreich sein.
5. Überdenken Sie alle Prozesse und Arbeitsweisen
Wer datengetriebene Arbeit in seinem Team etablieren möchte, muss jeden gelernten Arbeitsschritt auf den Prüfstand stellen. Egal ob es das Briefing der Kreativagentur, der Budget-Allokationsprozess oder Freigabeprozesse sind. Die Frage lautet immer: Wo können Daten helfen, bessere Entscheidungen zu treffen? Wo können Daten dabei helfen, Entscheidungen effektiver zu fällen, da die Einbeziehung des Top-Managements überflüssig wird? Welche Verantwortlichkeiten müssen umverteilt werden, welche Prozessschritte inhouse statt vom Dienstleister erledigt werden? Alle diese Fragen gilt es, neu zu beantworten.
Der Gastautor:
Jasper von Hardenberg ist CEO der Berliner Strategieagentur CRTN (lies: certain). Die Marken- und Kommunikationsberatung legt großen Wert auf die datenbasierte Verknüpfung der Bereiche Brand und Performance. Zu den Kunden der Agentur zählen die AOK, die Volkswagen Group und das Startup Nolte Bier.