Best Case der Woche:
Kunden-Erlebnis geht auch ohne Besitz
Gemeinsam mit PudelsKern zeigen und bewerten wir wöchentlich die spannendsten Cases der Welt. Dieses Mal: Tulu vermietet Haushaltsgegenstände an die Nachbarschaft - vom Mixer bis zur Playstation.
Muss man unbedingt eine Schlagbohrmaschine besitzen, nur weil man alle Jubeljahre ein Regal an der Wand befestigt? Sinnvoller ist es sicherlich, sich eine auszuleihen, wenn man sie braucht. Zum Beispiel von den Nachbarn – vorausgesetzt, dass sie selbst eine besitzen und gerade zuhause sind. Professioneller geht es bei Tulu zu, einem in Tel Aviv und New York ansässigen Mietservice. Er versorgt die Bewohner in Wohnkomplexen mit Haushaltsgegenständen, die sie benötigen. In Kooperation mit den Gebäudeeigentümern richtet das Unternehmen smarte Räume ein, in denen die Mieter Gebrauchsgegenstände des täglichen Bedarfs mieten können. Zu den Produkten gehören zum Beispiel KitchenAid-Mixer, Staubsauger und Werkzeuge sowie VR-Headsets und Playstations. Die Mieträume sind rund um die Uhr geöffnet. Die ausgeliehenen Objekte werden stundenweise oder zu einem Festpreis berechnet. Im Zuge der Corona-Krise hat Tulu sein Angebot um alltägliche CPG- und Lebensmittelprodukte erweitert, zum Beispiel Pasta, Seife und Toilettenpapier. Mit seinem Angebot reagiert Tulu auf die Herausforderungen des urbanen Lebens. In den Megacitys gibt es meist nur teure und winzige Wohnungen, die über so gut wie keinen Stauraum verfügen, den man für kaum genutzte Gebrauchsobjekte nutzen kann.
Trendeinschätzung vom Experten:
"Die Corona-Krise hat unsere globalisierte und hochgradig vernetzte Welt in einen Zustand der Stasis versetz. Doch sie zeigt uns nicht nur unsere Schwachstellen, sondern auch unsere Stärken auf. Überall auf der Welt schließen sich Menschen zusammen, um ihren Nachbarn zu helfen. Der Ausbruch von Nachbarschaftshilfe hat Millionen von WhatsApp-Gruppen hervorgebracht, die sich nur um eine Frage drehen: Brauchen Sie Hilfe? Die Corona-Krise scheint uns an etwas erinnert zu haben, das wir lange vergessen hatten: die Macht und die Vorteile einer lokalen Gemeinschaft.
Auf dem Prinzip der sozialen Verbundenheit basiert auch das Konsummodell der P2P-Plattformen. Auf ihnen verbinden sich immer mehr gleichgesinnte Verbraucher miteinander, um Produkte und Dienstleistungen zu tauschen, zu vermieten oder zu einem kleinen Preis wieder zu verkaufen. Getrieben werden sie dabei nicht nur von einem bewussteren Konsumverhalten, sondern auch von einem Bedürfnis nach Gemeinschaft und Authentizität. Von Mode über Autos bis hin zu Möbeln – über alle Kategorien hinweg nimmt die Popularität von Peer-basierten Formen des Austauschs weiter zu.
Der Service von Tulu ist ein weiteres Glied in einer langen Kette von innovativen Sharing- und Renting-Angeboten, deren Marktrelevanz auch vom Konsumermarken mehr und mehr erkannt wird. Das Besondere an Tulu ist, dass es auf eine Community aufsetzt, die Menschen umfasst, die nicht irgendwo auf unserem Planeten wohnen, sondern die sich räumlich wirklich nahe sind."
Wolf Thiem ist Mitinhaber von Gretchenfrage! Agentur für kreative Antworten, und Mitbegründer von PudelsKern, dem Shopper Xperience Designlab von Gretchenfrage. Er ist Trendblogger und Herausgeber von Trendreports.