Andreas Teigeler, DigitasLBi

Andreas Teigeler, DigitasLBi

Andreas Teigeler, Chief Creative Officer von DigitasLBi

„Kreativ bedeutet, eine Aufgabe anzugehen und dabei alle bestehenden und bekannten Wege und Beschränkungen auszublenden. Kreativ bedeutet das rational Naheliegende in Frage zu stellen und in andere Richtungen zu denken. Kreativ zu sein bedeutet aber nicht in einer Traumwelt zu leben, sondern führt immer zu einem konkreten wahrnehmbaren Ergebnis, sei es ein Kunstwerk, ein Produkt, eine Plattform oder eine Kampagne.“

Akexander Reiss, Saatchi & Saatchi

Akexander Reiss, Saatchi & Saatchi

 Alexander Reiss, ECD Saatchi & Saatchi in Düsseldorf
„Kreativ bedeutet unvorhersehbar zu sein.“

Dirk Jehmlich, diffferent

Dirk Jehmlich, diffferent

 Dirk Jehmlich, geschäftsführender Gesellschafter der Strategieagentur diffferent
„Kreativ zu sein heißt, Zusammenhänge zwischen Dingen zu erkennen, die unerwartet und überraschend sind.“

Alexander Wipf, Isobar

Alexander Wipf, Isobar

Alexander Wipf, Managing Director Isobar

"Die Diskussion darüber, was kreativ ist und was nicht, ist so alt wie die Branche. Interessant ist die Frage aber trotzdem, und zwar nicht nur deshalb, weil sich die Branche in den letzten 20 Jahren stark verändert hat. Als kreativ galt lange die Fähigkeit, eine Botschaft im Massenkonsumzeitalter auf eine möglichst massenmedial taugliche Weise zu verpacken. Kreativität als Mittel zur Effektivitätssteigerung von Media. Alle sind sich einig, dass massenmediale Kommunikation immer eingeschränkter wirkt, Geschäftsprobleme nicht immer ohne Weiteres mit reiner Kommunikation gelöst werden können, und die Währung für Reichweite (GRP/EUR) alleine immer weniger aussagekräftig und sinnvoll wird. Die Aufgabe von Kreativität liegt also nicht mehr darin, die Effektivität massenmedialer Kommunikation zu erhöhen, sondern muss die Fähigkeit haben Geschäftsprobleme jenseits der Kommunikation zu lösen. Kommerzielle Kreativität hat heute im Vergleich zu früher viel mehr damit zu tun, Marken zu helfen erlebnisorientiert zu denken. Sprich: beim Konsumentenverhalten und den Interaktionen anzufangen, um neue Produkte und Services zu schaffen, anstatt nur Botschaften zu senden. 

So ist mit dem Wort „Kreativität“ auch bei Agenturen immer weniger ein Hilfsmittel gemeint, mit dem man die Äußerlichkeit einer Marke formt, sondern vielmehr ein Innovationsinstrument beim Finden neuer Inhalte, Werteversprechen, Prozesse, und Interaktionen. Nur damit verleiht man einer Marke eine Daseinsberechtigung oder hilft Unternehmen dabei einen iterativen und agilen Lernzyklus zu etablieren, um angestaubte Managementkonzepte aus der wissenschaftlichen Betriebsführung des Industriezeitalters abzustreifen.

Denn bei aller Veränderung, die von jenen die sich kreativ nennen verlangt wird, so hat der Grundwert von Kreativität nach wie vor Bestand: immer offen zu bleiben, verschiedene Arten von Kreativität (also Storytelling-Kreativität und strukturelle und prozessuale Kreativität) gleichberechtigt zu behandeln und einzusetzen. Erst durch die in bewusst in Kauf genommen Konflikte der verschiedenen Spielarten von Kreativität entsteht die notwendige Dynamik für Innovation, die den klaren Blick auf die Umsetzung einer gemeinsame Vision schärft."

Andreas Pauli, Leo Burnett

Andreas Pauli, Leo Burnett

Andreas Pauli, CCO Leo Burnett Deutschland

"Kreativ bedeutet „Neuformation von Information“. Habe ich aus der Neurobiologie geklaut. So sperrig das klingt, so hat es mich doch sehr an das erinnert, was wir „Kreativen“ in der Werbebranche den ganzen Tag machen. Denn kreativ sein kann man ja nur mit dem, was schon da ist. Selbst die noch so bahnbrechende Erfindung von etwas noch nie Dagewesenem basiert auf Gedanken, Informationen, Erfahrungen, Erlebnissen und Gefühlen, die schon existieren. Und viele der hervorragenden Werbekampagnen der letzten Jahrzehnte tun eigentlich genau das: Sie vermitteln den Menschen etwas, das sie eigentlich schon immer wussten, auf eine Art und Weise, wie sie es noch nie gesehen haben."   

David Link, cyperfection

David Link, cyperfection

David Link, Head of Creative und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Digitalagentur cyperfection aus Ludwigshafen

„'Kreativ'“ ist jemand, der das Besondere in Dingen sieht, in denen andere es nicht vermuten. Jemand, der in der Lage ist, Bestehendes neu zu verknüpfen und so zu arrangieren, dass es zu etwas Außergewöhnlichem wird."

Matthias Harbeck, Serviceplan Gruppe

Matthias Harbeck, Geschäftsführer Kreation der Serviceplan Gruppe

Was kreativ bedeutet? Was für eine Frage. Am besten, man ist es, ohne lang darüber zu quasseln. Aber gut, drücken gilt hier nicht. Also: Kreativ bedeutet neu, unvorhersehbar, unberrechenbar. Schlaumeierisch gesagt: Kreativ sein ist ein Paradox. Die sinnvolle Kombination von Dingen, die nicht zusammengehören. Dann macht es „Klick“ im Kopf.

Das Wort „sinnvoll“ ist hier wichtig. Gedanken, Gefühle, Formen wahllos miteinander zu kombinieren endet in der Regel im Irrsinn. Kreative Kombinationen dagegen müssen Sinn machen. Am besten erst im Kopf des Konsumenten. Wenn der Konsument den letzten Schritt einer Gedankenkette selbst tun, wenn er die letzte Bedeutung eines Filmes, eines Bildes selbst entschlüsseln kann, dann, liebe Testinstitute da draußen, ist die Wirkung viel stärker, als wenn man alles vorgekaut bekommt.

Konsument ist übrigens ein Wort, das ich nicht so gern benutze. Natürlich geht es bei Werbung letztlich ums Verkaufen. Doch je mehr Botschaften auf uns „Konsumenten“ heute einprasseln, desto mehr setzen sich nur die relevanten durch. Das kann das vielzitierte richtige Angebot zur richtigen Zeit im richtigen Medium sein. Stichwort Programmatic. Entscheidend aber ist: Je besser die Botschaft inszeniert ist, desto stärker – again – die Wirkung. Ich halte es daher mit seiner Heiligkeit Sir John Hegarty und spreche lieber von Publikum als von Konsumenten. Einem Konsumenten will man etwas verkaufen. Sein Publikum will man unterhalten. Das Schöne ist, gut unterhalten kauft man mehr, als nur gut informiert. Nicht umsonst heißt es „Kauflaune“.

Was ist gute Unterhaltung bei guter Kreation? Viel mehr als Entertainment. Ein neuer, anregender Gedanke etwa. Ein neue Perspektive auf das Leben, bei der man sich denkt: Wow, so habe ich das noch gar nicht gesehen. So bleibt etwas in Erinnerung, so erzählt man es gern weiter.

Gute Kreation lebt von starken Gefühlen. Von Begeisterung, Rührung, Erschütterung, Beschwingtheit, von Witz, von allem, was einen bewegt. Langweilig aufgezählte Information? Bewegt mich nicht. Mich bewegen gute Geschichten mit einem überraschenden Ende. Menschliche Geschichten, die meine Vorurteile und Denkschubladen erschüttern. Die eine eigene Dynamik entwickeln, aber nie zum Selbstzweck werden, sondern im Dienst der Marke stehen. Sagt sich einfach, ist aber sauschwer, täglich umzusetzen.

Kreativ bedeutet insofern natürlich auch unnachgiebig, ausdauernd, zäh. Wie heißt es so schön? Ein guter Kreativer unterscheidet sich von einem schlechten nicht durch seine Ideen, sondern dadurch, dass er nicht so schnell aufgibt. 

PS.: Ich bin übrigens ziemlich stolz darauf, in diesem Text kein einziges Mal die momentanen Buzzwords „Disruptive“, „Diversity“ und „Digital Transformation“ benutzt zu haben. Aber bei Bedarf, liebes Publikum, einfach oben an geeigneter Stelle gedanklich einfügen, schon macht es „Klick“ im Kopf.


Autor: Julia Gundelach

Julia Gundelach ist freie Autorin mit Schwerpunkt Specials. Daher schreibt sie Woche für Woche über neue spannende Marketing- und Medien-Themen. Dem Verlag W&V ist sie schon lange treu – nämlich seit ihrem Praktikum bei media & marketing in 2002, später als Redakteurin der W&V.