Vor der Europawahl:
EU forciert den Kampf gegen Fake-News
Drei Millionen Euro packt die EU-Kommission zusätzlich in den Topf der Task-Force, die gegen Falschinformationen vorgeht. Auch Facebook und Twitter droht sie, Daumenschrauben anzulegen.
Aus Furcht vor Störungen der Europawahl verstärkt die EU-Kommission den Kampf gegen Falschnachrichten und Propaganda im Internet. Dafür sollen die Mittel für eine bereits vorhandene Analysegruppe verdoppelt, die Maßnahmen der EU-Staaten besser gebündelt und die sozialen Netzwerke in die Pflicht genommen werden. Die Brüsseler Behörde stellte dazu am Mittwoch einen Aktionsplan vor.
Die Kommission hat Russland als Hauptquelle von Falschinformationen und Einflussversuchen auf Wahlen in Europa in Verdacht, wie Vizepräsident Andrus Ansip sagte. "Desinformation ist Teil von Russlands Militärdoktrin und seiner Strategie, den Westen zu spalten und zu schwächen", fügte er hinzu und verwies auf eine Troll-Fabrik in St. Petersburg und sogenannte Bot-Armeen, also automatisierte Fake-News-Kanäle in den sozialen Netzwerken.
Die 2015 beim Auswärtigen Dienst der EU gegründete Task Force gegen russische Desinformation soll ausgebaut und ihr Budget von 1,9 auf fünf Millionen Euro aufgestockt werden. Parallel dazu wird auch die Personaldecke erhöht und in den kommenden zwei Jahren um 50 bis 55 Bedienstete aufgestockt.
Zudem soll bis März 2019 ein Schnellwarnsystem einsatzfähig sein, über das EU-Staaten Versuche melden können, die öffentliche Debatte zu manipulieren. Das Schnellwarnsystem soll ein gemeinsames Lagebewusstsein und eine koordinierte Reaktion erleichtern. Ergänzend zu den Bemühungen der EU-Institutionen sollten die Mitgliedstaaten das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen von Desinformation schärfen und die Arbeit unabhängiger Medien, Faktenprüfer und investigativer Journalisten unterstützen.
Vor allem aber drängt die EU-Kommission soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter, ihre im Oktober abgegebene Selbstverpflichtung zum Kampf gegen Fake News und manipulierende Wahlwerbung konsequent umzusetzen. Die Behörde fordert unter anderem, dass die Netzwerke offen legen, wer Wahlwerbung schaltet und bezahlt. Zudem sollen sie gegen Millionen Scheinkonten vorgehen und automatisierte Bots erkennen und entsprechend kennzeichnen sollten. Bis Ende Dezember und dann monatlich sollen die Netzwerke Rechenschaft ablegen. Überdies werden die Plattformen darin aufgefordert, mit nationalen Kontaktstellen im Bereich der Desinformation und mit Faktenprüfern zusammenzuarbeiten, um die wirksame Bekämpfung von Desinformation zu unterstützen.
Sollte der Ansatz der Selbstregulierung scheitern, kann die Kommission weitere – auch regulatorische – Maßnahmen vorschlagen. "Wenn es die nötigen Fortschritte nicht gibt, werden wir nicht zögern, unsere Optionen neu zu prüfen, darunter letztlich auch rechtliche Vorgaben", sagte Sicherheitskommissar Julian King. "Wir können uns kein Wild-West-Internet leisten, wo alles möglich ist."
dpa