Trotz Wachstum im Streaming:
RTL-Bilanz: 5,5 Millionen Abokunden, aber schwache Aussichten
Die Bertelsmann-Tochter legt ihren Jahresbericht für 2022 vor. Auf den ersten Blick sieht alles gut aus, doch die Gruppe musste die Ziele im Laufe des Jahres senken. Das liegt vor allem an einem Erlöskanal, der derzeit schwächelt.
Die RTL Gruppe schaut wegen der herausfordernden Situation auf dem TV-Werbemarkt vorsichtig auf das laufende Jahr. 2023 dürfte der Umsatz auf 7,3 bis 7,4 Milliarden Euro wachsen, teilte der im MDax notierte Fernsehkonzern am Donnerstag in Luxemburg mit. Allerdings dürfte der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) leicht auf 1,0 bis 1,05 Milliarden Euro sinken. Seine Anlaufverluste im wichtigen Streaming-Bereich will RTL auf unter 200 Millionen Euro reduzieren.
RTL will sein Streaminggeschäft weiterhin ausbauen. Ende 2022 zählte die Gruppe fast 5,5 Millionen zahlende Abonnenten und damit knapp 44,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Großteil davon entfällt auf den deutschen Dienst RTL+, den der Konzern etwa über eine strategische Partnerschaft mit der Deutschen Telekom vermarktet.
Ziele im Laufe des Jahres gesenkt
Im abgeschlossenen Jahr stieg der Umsatz organisch um 1,6 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro. Rechnet man die Akquisitionen von Gruner + Jahr mit, fällt das Plus deutlich größer aus. Der bereinigte operative Gewinn (Ebita) sank um sechs Prozent auf 1,08 Milliarden Euro. Damit erreichte der Konzern seine im Jahresverlauf gesenkten Ziele. Unter dem Strich fiel der Gewinn auf 766 Millionen Euro nach rund 1,45 Milliarden Euro im Vorjahr. 2021 hatte RTL aber von hohen Veräußerungsgewinnen in Höhe von 717 Millionen Euro aus dem Verkauf von SpotX profitiert.
Gleichzeitig sanken die TV-Werbeeinnahmen der gesamten Gruppe aufgrund des schwierigen makroökonomischen Umfelds um 4,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Vertriebserlöse blieben mit 438 Millionen Euro stabil.
Die Zahl der zahlenden Abonnenten für die Streaming-Dienste der RTL Group in Deutschland, den Niederlanden und Ungarn sind indes um 44,3 Prozent auf 5,5 Millionen angewachsen. Damit stiegen die Streaming-Umsätze von RTL+ und Videoland um 19,7 Prozent auf 267 Millionen Euro. 2021 lag dieser bei 223 Millionen Euro.
Konsolidierungsmöglichkeiten im Fokus der Strategie
Deutliche Fortschritte verbucht die Gruppe beim Fremantle-Wachstumsplan mit acht Akquisitionen und Step-ups im Jahr 2022. Im kommenden Jahr bleibe Marktkonsolidierung daher weiterhin strategische Priorität, mit der Konzentration auf Allianzen, Partnerschaften aber auch kleinere Konsolidierungsmöglichkeiten.
Für die Hauptversammlung der RTL Group am 26. April 2023 hat das Board of Directors der RTL Group eine Dividende von 4,00 Euro je Aktie für 2022 vorgeschlagen, wovon 3,50 Euro die Basis-Dividende darstellen, während die verbleibenden 0,50 € sich auf die Veräußerung von RTL Belgien und RTL Kroatien beziehen.
RTL-Chef Rabe setzt große Hoffnungen in Fremantle
"2022 war ein starkes Jahr für die RTL Group, obwohl wir mit einer noch nie dagewesenen Anzahl von externen Herausforderungen konfrontiert waren. Der Umsatz erreichte 7,2 Milliarden Euro und damit den höchsten Wert in der Geschichte des Unternehmens. Da unsere TV-Senderfamilien in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden weiterhin hohe operative Gewinne erwirtschafteten und unser globales Content-Geschäft Fremantle Rekordergebnisse erzielte, blieb unser bereinigtes Ebita vor Streaming-Start-up-Verlusten stabil und auf demselben Rekordniveau wie im Vorjahr", so RTL-Chef Thomas Rabe.
Große Hoffnungen werden vor allem in die Tochter Fremantle gesetzt, in der hauptsächlich die Contentproduktion des Konzerns gebündelt ist. "Das Wachstumsgeschäft der RTL Group in den Bereichen Streaming und Inhalte machte 2022 mit 5,5 Millionen zahlenden Abonnenten für RTL+ und Videoland sowie über 100 Schauspielproduktionen von Fremantle deutliche Fortschritte. Wir sind auf dem besten Weg, unsere ehrgeizigen Streaming-Ziele zu erreichen, und Fremantle ist auf dem besten Weg, bis 2025 ein Drei-Milliarden-Euro-Unternehmen zu werden."
Auch die Akquisition von Gruner+Jahr Anfang 2022 wird im Jahresbericht erwähnt. Im Februar 2023 wurde dann bekannt, dass die Gruppe beabsichtigt, 23 der übernommenen Zeitschriftentitel einstellen zu wollen, was in der Branche zu einem Aufschrei führte.
Mehr Fußball, keine Formel Eins mehr
Des Weiteren erwarb die Bertelsmann-Tochter im vergangenen Jahr zahlreiche Sportlizenzen wie etwa für Spiele der Uefa, der Fifa und Qualifikationsrunden. Im September 2022 erwarb RTL Deutschland außerdem die Rechte für die Live-Übertragung der Spiele der US-amerikanischen National Football League (NFL), einschließlich des Super Bowls, ab September 2023. Außerdem wird M6 exklusiv 18 Spiele der Rugby-Weltmeisterschaft 2023 in Frankreich übertragen. Nicht mehr relevant für den Konzern ist hingegen die Formel Eins, dessen Übertragungsrechte RTL Anfang 2023 komplett an Sky übergab.
Neben lokalen, exklusiven Inhalten und Sportrechten investiert die RTL Group auch in international beliebte TV- und Filmformate. So gab die Gruppe im Februar 2022 bekannt, dass RTL Deutschland einen exklusiven Vertrag über ein umfangreiches, mehrjähriges Programmvolumen mit der US-Produktionsfirma Warner Bros. Entertainment abgeschlossen hat. Im April 2022 erweiterte RTL Deutschland seine Lizenzvereinbarung mit Paramount Global Content Distribution.