Start-ups:
"Die Gründerszene steht unter Druck"
n-tv rückt Start-ups ins Rampenlicht und widmet ihnen mit dem "n-tv Start-up Magazin" ein eigenes Format. Wirtschaftsredakteurin Janna Linke über Ideen, die sie beeindrucken, und Fettnäpfchen, in die viele Start-ups tappen.
Kreative und innovative Geschäftsideen gewinnen für Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Janna Linke, die bei n-tv für das „Start-up Magazin“ über spannende Jungunternehmen und innovative Gründer:innen berichtet, zeigte auf der Screenforce Academy, wie n-tv die Gründerszene in den Fokus rückt und spricht im Interview darüber, wie man ein komplett neues Format entwickelt, wie Start-ups profitieren und die Stimmung in der Gründerszene allgemein.
Frau Linke, kreative und innovative Geschäftsideen gewinnen für Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Sie haben diese Entwicklung mit Ihrem Team zum Anlass genommen, den Gründer:innen mit dem „n-tv Start-up Magazin“ ein eigenes Format zu widmen. Wie entwickelt man ganz konkret bei einem Nachrichtensender ein neues Format, das ja auch in den Programmablauf passen muss?
Es gab diesen einen Schlüsselmoment in 2014. Ich war Volontärin in der Wirtschaftsredaktion von n-tv und auf Station an der Börse in Frankfurt. Am 1. Oktober 2014 ist dort erst Zalando und dann einen Tag später Rocket Internet an die Börse gegangen. Es herrschte eine richtige Aufbruchsstimmung. Mein erster Gedanke war: Das ist erst der Anfang und was steckt hinter dieser Partystimmung? Welche Geschichten hinter den Gründerinnen und Gründern? Wie groß ist das Potenzial der Ideen? Genau das könnte man doch auch in einem eigenen Format beleuchten und somit Wirtschaftsberichterstattung auch für eine jüngere Zielgruppe spannend machen. Dank der großen Unterstützung unserer Chefredakteurin Sonja Schwetje haben wir zuerst einen Piloten produziert und dann regelmäßig im Programm platziert. Zuerst als Kurzformat „Start-up News“, dann das Langformat „Start-up Magazin“.
Welche Herausforderungen gab es bei der Entwicklung?
Über allem steht erstmal die Frage, ob ein solches Format vom Publikum überhaupt angenommen wird. Deshalb haben wir gerade zu Beginn sehr eng monitort. Zudem war es nicht immer einfach, unserem Anspruch, hinter die Kulissen zu schauen, die persönlichen Geschichten zu zeigen, die Heldenreise genauso wie das Scheitern, gerecht zu werden, weil nicht jedes Start-up war und ist darauf vorbereitet, dass wir ihre Geschichte auch kritisch beleuchten. Das haben wir gerade in den ersten Jahren gemerkt. Da wir ein sehr kleines Team sind, sind für uns auch Synergien sehr wichtig. Wir haben zum Glück in der RTL-Familie einen sehr guten und intensiven Austausch, so dass wir viel Material liefern, aber auch viel bekommen. So laufen unserer Beiträge beispielsweise auch im RTL Nachtjournal und andersrum.
Wie entdecken Sie bei n-tv die Start-ups, über die Sie berichten? Kommen die Gründer:innen auf Sie zu oder ist es Ihr Redaktionsteam, das nach vielversprechenden Start-ups Ausschau hält?
Zum Großteil entdecken wir als Redaktionsteam die Start-ups, über die wir berichten, selbst. Wir schauen, welche Themen gerade angesagt sind, welche Themen die Menschen beschäftigen und dann, welche Start-ups Lösungen für diese bestimmten Probleme anbieten. Ganz aktuell beschäftigen wir uns viel mit dem Thema Energie und Nachhaltigkeit. Aufmerksam werden wir auf die Start-ups dann über direkten Kontakt auf Messen, über Social Media, Fachmagazine und auch über Nachrichten, die sie uns direkt schreiben. Wir bekommen pro Tag bestimmt 100 Nachrichten via Mail oder anderen Kanälen mit Themenvorschlägen. Am Ende ist aber nur entscheidend, wie relevant das Thema gerade für unser Publikum ist. Wichtig: Wir machen keine Werbung.
Was muss ein Start-up mitbringen, um in die engere Auswahl für eine Berichterstattung zu kommen?
Relevanz ist das A und O. Hat die Idee einen Einfluss auf die Lebensrealität unsere Zuschauer:innen? Bietet sie einen Mehrwert? Ist sie wirklich innovativ? Trifft sie den Zeitgeist? Zudem sollte das Produkt beziehungsweise die Dienstleistung gut filmisch darzustellen sein. Bewegtbild funktioniert nun mal anders als Text.
Zwei Jahre Pandemie liegen hinter uns und auch gerade haben wir es mit multiplen Krisen zu tun. Wir haben in der Ukraine einen Krieg vor der Haustür, Inflation, maue Konsumstimmung in der Bevölkerung. All das wirkt sich ja sicher auch auf die Bereitschaft von Investor:innen aus, Geld in junge Unternehmen zu investieren. Wie schätzen Sie die Stimmung in der Gründerszene derzeit ein?
Aktuell ist vielen nicht nach Feiern zumute. Die Gründerszene steht unter Druck. Denn das Geld der Investoren sitzt nicht mehr so locker wie es 2021 noch der Fall war. Bundesweit brachen die Investments 2022 um mehr als 40 Prozent auf knapp 10 Milliarden Euro ein. Und ohne Geld gründet es sich schlecht. Aber ganz wichtig: 2021 war ein krasses Rekordjahr mit Rekordfinanzierungen. Ich glaube, dass wir gerade eine Bereinigung des Marktes sehen, der an vielen Stellen einfach zu überhitzt war. Für gute Ideen und gute Teams wird es aber immer Geld geben. So sind Gründungen im Umwelttechnologie-Bereich in 2022 sogar um 14 Prozent gestiegen.
Mal ganz allgemein gesprochen: Wie sollten sich Gründer:innen vorbereiten, wenn sie Kontakt mit Redakteur:innen / Journalist:innen aufnehmen wollen? Ist es immer noch so, dass hier gern mal Werbung mit redaktioneller Berichterstattung verwechselt wird?
Leider ja. Das hat mich zuletzt auch dazu gebracht, einen Post genau darüber zu verfassen. Der Titel: „Hört auf, Journalismus mit Werbung zu verwechseln!“. Uns erreichen wie gesagt täglich über 100 Nachrichten, viele von PR-Agenturen. In den Mails werden wir oftmals weder persönlich angesprochen, noch wird klar welchen Mehrwert die jeweilige Idee für unsere Zuschauer:innen hat, noch was der aktuelle Bezug ist oder was überhaupt die Story ist. Eine gute Geschichte ist aber essentiell. Auch für Gründer:innen. Zudem sollten sie darauf vorbereitet sein, dass ihre Idee kritisch beleuchtet wird. Das gehört dazu und unterscheidet Journalismus von Werbung.
Gibt es eine Gründung, die Sie in letzter Zeit besonders imponiert hat?
Ja, und zwar ein Exoskelett, das querschnittsgelähmte Menschen wieder laufen lässt. Es stammt von einem Start-up aus Israel, dessen Gründer selbst querschnittsgelähmt ist. Durch das ständige Sitzen werden die inneren Organe und der Kreislauf in Mitleidenschaft gezogen. Das Laufen im Exoskelett soll das verhindern und den Betroffenen helfen, ein Stück Normalität im Alltag wiedergeben. Wir begleiten einen Nutzer dieses Exoskeletts schon seit einigen Jahren und treffen ihn immer wieder für Updates. Für diese Beiträge interviewen wir auch Fachärzt:innen, Krankenkassen und zeigen Konkurrenzprodukte. Denn egal wie toll eine Idee auch sein mag, wir beleuchten sie und ihren Markt von allen Seiten.
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