Meinung:
"TV ist tot? Es ist quicklebendig!"
Fernsehen lebt, und wie!, findet Andreas Bartl, Geschäftsführer RTLZWEI und El Cartel Media. Es strotze sogar vor Vitalität. Die Fragmentierung des Bewegtbildmarkts sei daher kein Grund zur Aufregung.
Wenn sich das Klima ändert, wird es eng für manche Spezies. Passt sie sich nicht an, verhungert sie oder wird verdrängt. Deshalb müssen immer die Dinosaurier herhalten als sinnfälliges Bild für Menschen, Ideen, Unternehmen und Branchen, die dem Untergang geweiht sind – zum Beispiel das "alte Medium" Fernsehen. TV ist tot, heißt es ständig. Stimmt aber nicht, es ist quicklebendig! Denn anders als die Dinos hat TV den Wandel seines Lebensraums angenommen und gestaltet ihn mit. TV ist schon heute ein völlig anderes Medium als vor zehn Jahren. Neben den Werbekunden sind es die TV-Sender, die eine neue, einheitliche Bewegtbildwährung fordern. Das tut nicht, wer sich in die Ecke gedrängt fühlt, sondern wer weiß, was das Medium in seiner digitalen Vielfalt kann und bietet.
Es stimmt, die Sehdauer des linearen Fernsehens ist gesunken – zumindest in den jungen Zielgruppen. Diese Sichtweise greift aber zu kurz, aus mehreren Gründen: TV-Sender sind längst auch Streamer und Social-Media-Riesen. Beispiel "Love Island" bei RTLZWEI: Rechnet man TV und alle digitalen Channels zusammen, ist die Kontaktsumme der jungen Dating-Show seit der ersten Staffel 2017 von knapp 87 auf 176 Millionen gestiegen. Es ist das Gesamtkunstwerk aus linearem Fernsehen, Streaming, YouTube, Instagram, Facebook, Mobile App und Podcast, das Formate wie dieses relevant macht und zukunftsweisend.
Alle TV-Sender, Verlage und Radiosender stehen vor der Wahl, ob sie besser fahren, wenn sie sich von YouTube, Facebook & Co. abgrenzen, Symbiosen anstreben, oder eine kluge Mischung aus beidem versuchen. Es ist eine wichtige Diskussion, die wir alle selbstbewusst führen müssen – auch im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Angebote, die mit Gebührengeldern Plattformen noch stärker machen, die nicht nach den gleichen Regeln spielen müssen wie die deutschen Medienanbieter.
Die GAFAs sind nicht das, was die Asteroiden für die Dinos waren
Die großen US-Streamer Netflix, Amazon und Disney sind derweil die neuen, nicht-linearen Broadcaster: one-to-many und one way. Jüngste Zahlen zeigen, dass die Zuwächse bei den Abonnentenzahlen abflachen. Möglich, dass wir uns einer Sättigung in den Zielgruppen annähern, die für diese Anbieter erreichbar sind.
Wir sollten die Fragmentierung des Bewegtbildmarktes endlich weniger aufgeregt betrachten. Die GAFAs sind nicht das, was die Asteroiden für die Dinos waren: Eine Disruption, nach der nichts mehr ist wie vorher. Die US-Player sind schlicht neue Wettbewerber auf unseren Weiden: Sehr stark und hungrig, aber nicht die Antwort auf alle Bewegtbildbedürfnisse der Menschen. Das oft bemühte Rieplsche Gesetz besagt, dass kein neues Medium ein bestehendes vollständig ersetzt. Stattdessen konzentrieren sich die Bedrängten auf das, was sie besonders gut können. Sie stärken ihre Alleinstellungsmerkmale, angepasst an die veränderte Umwelt. TV stirbt also nicht, es wird besser.
Was sind die Kernkompetenzen der TV-Sender? Sie kennen ihr heimisches Publikum aus dem Effeff, seine Mentalität und Sehnsüchte. Für diese Menschen produzieren sie Inhalte, die nur hierzulande funktionieren und deshalb nicht ersetzbar sind. Die Geissens, Joko & Klaas, Inka Bauses einsame Bauern und so viele Formate mehr stehen für eine kulturelle Nähe und Authentizität, die weltweit vermarktete High-end-Serien nicht bieten können, so unbestritten großartig sie sind.
Unsere Zuschauerinnen und Zuschauer suchen und lieben die Geschichten und Gesichter, die wir ihnen bieten, mit Programminvestitionen allein der deutschen Privatsender in Höhe von rund acht Milliarden Euro jährlich.
Am Ende ist es das alte Spiel, das alle spielen, die ein Publikum suchen – ob am Lagerfeuer, im Theater, vor dem Fernseher oder mit der Streaming-App: Wer unterhält und informiert am besten? Hier herrscht Waffengleichheit zwischen allen Playern, alten und neuen. Deshalb lebt TV nicht nur, es strotzt vor Vitalität.
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