Sender müssen ihre Streaming-Qualität an Spotify und Co. angleichen

Im Audio-Streaming lassen die meisten Sender derzeit noch enormes Potenzial liegen. Ein großer Teil der Publisher sendet – obgleich über digitale Streams – mit Technologien, deren Klangqualität dem einer Blechdose gleicht. Das mag für den Wortanteil vielleicht noch funktionieren, aber die Tochter, die den neuen Hip-Hop Stream ausprobiert, schaltet vermutlich schnell wieder aus und hört dann lieber wieder ihre Playlists über Anbieter wie Spotify. Dadurch, dass das deutsche Funknetz eben ein Netz mit vielen Löchern ist und kein durchgehender Teppich, leidet oft die Stabilität der Streams. Aber das muss nicht sein. Neue Technologien mit adaptiven Bitraten ermöglichen Streaming ohne Unterbrechungen und in besserer Qualität. Schaffen es die Sender, die Qualität ihrer Streams an das Niveau von Spotify, Deezer oder Soundcloud anzugleichen, werden auch sie interessant für Werbepartner. Und das sollte nicht unterschätzt werden. Neben Abonnements ist die digitale Platzierung von Werbung eine essentiell wichtige Einnahmequelle – auch die der oben genannten Akteure.

Aufholbedarf in digitaler Vermarktung

Leider stehen in der Vermarktung digitaler Audioprodukte die meisten Sender noch ganz am Anfang. Wann hat sich das letzte Mal ein Sender ehrlich Gedanken dazu gemacht, welches Potenzial in seiner digitalen Reichweite steckt? Der Impact von Pre-Roll-Spots ist unumstritten und wirtschaftlich sicherlich interessant, aber am Ende nur eine sehr einfache Lösung. Die intelligente Einbindung von Werbung an das situative Hörerlebnis der Nutzer ist technologisch Herausforderung und monetäre Chance zugleich. Radio hat für die Zukunft die Möglichkeit seine digitale Reichweite als das zu verkaufen, was sie ist: ein Premiumprodukt. Die Aussteuerung ist längst keine Herausforderung mehr, sondern kann über Einkaufsplattformen problemlos und mit geringem Aufwand bewältigt werden.

Mit Daten die Zielgruppen genau ansprechen

Um Radio in die digitale Zukunft zu führen braucht es mehr als ein gutes Programm und stabile Verbreitung. Es braucht vor allem Daten. Viele der Systeme können jedoch nicht die Daten erheben, die notwendig sind, um neue Reichweiten- und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Neben der Güte der Daten fehlt es bei den meisten Systemen vor allem an der Möglichkeit auf Live-Daten zuzugreifen, um damit situativ auf das Programm oder die Werbung reagieren zu können. Hier bieten Anbieter für Programmatic Advertising Hilfestellung. Wie auch bei anderen Werbeformaten bietet Programmatic Advertising hohe Zielgruppengenauigkeit und damit hohe Wirkung durch Dynamik und Personalisierung. Audio Ads, die programmatisch über Plattformen wie die von The Trade Desk ausgespielt werden, berücksichtigen zum Beispiel Geo- und Wetterdaten, Tageszeiten oder auch den aktuellen Programmkontext. Außerdem kann über Frequency Capping und die Geräte-ID sichergestellt werden, dass die Spots nicht als störend empfunden werden. Viele dieser Möglichkeiten erlauben es Audiopublishern, eine wirkungsvolle Plattform für Markenkampagnen zu werden, statt lediglich für Abverkaufskampagnen herhalten zu müssen.

Fazit für die Zukunft

Mutig bleiben. Die Zuwächse in den letzten drei Monaten sind nicht nur in der Corona Krise begründet. Die Publisher haben schnell auf die Situation reagiert und ihre Angebote angepasst. Der Wortanteil ist gestiegen und diverse neue      Audioangebote, wie Podcasts und zusätzliche Streams, sind etabliert worden. Der Mut wird sich auch in Zukunft auszahlen.

Die richtige Partnersuche. Radio benötigt Partner, mit denen sie ihre digitale Geschäftsmodelle entwickeln können. Neue Technologien sind wichtig und unterstützen bei der Reichweitenentwicklung. Noch wichtiger ist jedoch, die wirkungsvolle, digitale Reichweite als Premiumprodukt zu vermarkten.

Datengetriebene Werbung: Agenturen und Markenunternehmen möchten ihre Botschaften zielgerichtet den Zuhörern präsentieren, für die sie am relevantesten sind. Dafür sind anonymisierte und datenschutzkonforme Daten notwendig, ähnlich, wie sie bereits im Web, dem mobilen Netz und im digitalen Fernsehen eingesetzt werden. 

Medienvielfalt ist nie so wichtig gewesen wie heute. Stellt sich die Radiobranche jetzt den Herausforderungen und nutzt die Chancen, die sich daraus ergeben, wird sie gestärkt aus dieser Krise hervortreten und in den Folgejahren weiter wachsen.


Autor: Katrin Otto

ist Expertin für Medien. Sie schreibt über Radio, Außenwerbung, Kino, Film und und natürlich Podcast und Streaming. Privat ist sie gern auf Konzerten, im Kino oder im Wasser.