Neu geregelter Datenschutz:
Angela Merkel will DSGVO in letzter Minute lockern
Die Bundeskanzlerin hat sich durch Kritik aus Wirtschaft und Verbänden überzeugen lassen, dass die harte Form der DSGVO vor allem kleine Unternehmen überfordert.
Offenbar in letzter Minute will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Regeln zur Umsetzung der umstrittenen EU-Datenschutzgrundverordnung lockern. Weil manches "wirklich eine Überforderung" sei, will sie darüber nun mit dem zuständigen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) beraten, wie die Berliner Zeitung berichtet.
Vorangegangen war massive Kritik aus Wirtschaft und Verbänden. Zumal die DSGVO, die am 25. Mai in Kraft europaweit in Kraft treten soll, als Reaktion auf Datenskandale beispielsweise bei Facebook personenbezogene Daten besser schützen soll – aber vor allem kleine Unternehmen mit den allumfassenden Regelungen überfordert. Verstöße gegen den neu geregelten Datenschutz können sehr hohe Bußgelder nach sich ziehen.
Hier merkte Merkel nun dem Blatt zufolge an, die Richtlinie dürfe aber nicht dazu führen, dass der Umgang mit Daten nicht mehr praktikabel sei. Data Management sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und damit zentral für die weitere Entwicklung des Landes.
Was in Deutschland vorgefallen war
Hierzulande hat die Datenschutz-Konferenz (DSK) vor wenigen Wochen eine recht harte Gangart angeschoben und mit ihrer Auslegung der DSGVO dafür gesorgt, dass etwa beim Sammeln von Cookies – notwendig in der Online-Werbevermarktung fürs Targeting und Tracking – bereits jetzt stets für jede Seite und jedes Angebot eine Einwilligung des Nutzers einzuholen ist. Eine Regelung, die eigentlich erst mit der ergänzenden und nachgeschobenen E-Privacy-Verordnung festgehalten werden sollte, die nicht vor 2019 zu erwarten ist.
Passend dazu meldet sich am Freitag der Digitalverband Bitkom mit Blick auf die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder zu Wort. "Nach Auffassung der Datenschutzkonferenz würde die ab 25. Mai 2018 anwendbare Datenschutz-Grundverordnung die bisherigen Vorschriften des Telemediengesetzes zum Webtracking komplett ersetzen. Aus Sicht des Digitalverbands Bitkom ist diese Auslegung falsch und der Zeitpunkt der Aussage äußerst unglücklich", heißt es da.
Und: "Diese Interpretation der Rechtslage wenige Wochen vor Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung kommt zur Unzeit für Unternehmen", sagt Susanne Dehmel aus der Bitkom-Geschäftsleitung und dort für Recht und Sicherheit zuständig. "Webseitenbetreiber müssten ihre bislang rechtmäßigen Prozesse innerhalb kürzester Zeit umstellen. Das ist kaum leistbar und das müssten auch die Aufsichtsbehörden wissen." Zuvor hatten sich bereits ZAW und BVDW entrüstet über den deutschen Weg geäußert.
In Österreich sollen Medienberichten zufolge für Journalisten, Wissenschaftler und Künstler eine weniger strenge Regelung gelten. Will heißen: Die Auslegung der EU-Vorgaben wird etwas anders gehandhabt.
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