Wegen Facebook und der DSGVO:
"Unternehmen müssen endlich selbst mit ihren Kunden sprechen"
Viele Marken überlassen den Kontakt zu ihren Kunden anderen, dem Handel, Facebook oder dem Zufall. Voycer-Chef Michael Nenninger plädiert für den Aufbau eigener Communities.
"Unternehmen müssen endlich anfangen, mit ihren Kunden selbst zu kommunizieren." Den inständigen Rat gibt Michael Nenninger, CEO und Mitbegründer von Voycer. Viele Unternehmen überlassen den Kontakt zu ihren Kunden dem Handel oder beschränken sich auf das Ausstellen von Rechnungen. Natürlich haben Social-Media-Plattformen für ein wenig mehr Gesprächsfäden gesorgt. Nur stellen solche stummen Marken schnell fest, dass sie wenig bis nichts zu erzählen haben. Die Kunden selbst haben dagegen viel zu erzählen.
Hinzu kommt, erst hat Facebook die organische Reichweite von Unternehmen zusammengestrichen, jetzt wird der Umfang der Daten, die zur Verfügung stehen, massiv eingeschränkt. Daneben erschwert die EU-Datenschutzgrundverordnung das Sammeln von Daten über Dritte. (hier alles zur DSGVO auf W&V Online).
Als Software-as-a-Service-Anbieter für Engagement-Plattformen kann Voycer einige Cases vorweisen. Unter anderem lassen Innogy, Conrad Electronic und der ADAC von Nutzern Inhalte erstellen. Wenn der Stromanbieter Innogy beispielsweise Produkttests aufruft, kommen drei bis vierstelligen Bewerberzahlen zustande. Es mögen keine Facebook-Werte sein, aber Google findet Nutzer-Tipps und -Geschichten sehr spannend. So multiplizieren sich Reichweiten. Aber das ist nur ein Grund, warum Nenninger den Aufbau eigener Communities gerade jetzt empfiehlt:
Warum muss ich anfangen, (erstmals) mit Kunden zu sprechen?
In erster Linie, um die Konsumenten besser zu verstehen und sie enger zu binden. Auch wenn es seltsam klingt, viele Unternehmen haben oder hatten vor Facebook keinen direkten Kontakt mit Kunden – und wenn, dann nur am POS oder wenn sich diese beschweren. Was eigentlich fahrlässig für die Markenbindung ist.
Nur, wenn Marken ihre Kunden und deren Wünsche verstehen, können sie das eigene Angebot anpassen oder weiterentwickeln. Dabei ist es wichtig, dass Marken nicht nur mit Kunden direkt kommunizieren, sondern Konsumenten auch die Möglichkeit bieten, sich untereinander auszutauschen. Das gibt ihnen wichtige Einblicke zur Markenpositionierung
Viele Marken glauben, dass sie einfach automatisiert das Verhalten ihrer Kunden anhand der Nutzerdaten analysieren können. Oder, dass sie ihre Kunden nur danach zu fragen brauchen, was sie wollen. Ob das von einer Digital-Agentur, einem Marktforschungsinstitut oder von ihnen selbst gemacht wird, ist dabei irrelevant – denn das alleine macht noch keine Kundenzentriertheit aus.
Große Player wie Amazon oder Check24 verlassen sich zwar darauf, sie haben aber auch entsprechende Reichweiten und die Marktmacht, über Preise den Kunden zu binden. Für kleinere Retailer reicht dieser Ansatz nicht aus, sie müssen ihre Kunden über das Thema abholen. So schaffen sie etwas, was Amazon und Check24 außer Acht lassen: Sie bieten dem Kunden eine Product Experience.
Die einfache Formel für die Product Experience lautet: Marken müssen Verbrauchern eine Plattform anbieten, auf der sie sich im Kontext der Produkte austauschen können. Zum Beispiel eine Community, in der sich Tierhalter Tipps zu einem Thema wie "Mit dem Haustier auf Reisen" geben. Dann entsteht die Bindung mit der Marke über das Thema und die Vernetzung mit anderen Konsumenten. Und das passiert schon vor dem Kauf.
DSGVO sowie neue Facebook-Regeln erzwingen andere Kommunikationswege
Die jüngste Änderung des Facebook-Algorithmus hat Marken in Aufregung versetzt. Die Sichtbarkeit ihrer Posts im Newsfeed der User wird deutlich gesenkt, die Unternehmen müssen nun noch mehr auf gesponserte Posts oder auf Werbung setzen. Und das ist noch nicht der Höhepunkt der Entwicklung. Facebooks Botschaft an die Marken ist nämlich glasklar: Die Zeiten des sozialen Engagements für Marken mit ihren Anhängern sind vorbei.
Facebook betreibt einen Walled Garden in dem sich die User untereinander tummeln, während Marken am Zaun stehen und gegen Bezahlung Schilder hochhalten dürfen, um auf sich aufmerksam zu machen. Anstatt weiterhin die Budgets für Facebook zu erhöhen, sollten Entscheider umdenken, ihre Owned-Media-Kanäle stärken.Werden die User im eigenen Garten betreut, können Unternehmen selbst entscheiden, welche Kundeninformationen sie wie nutzen. Sie können diese dann gezielter für eine Stärkung der Kundenbindung oder zum Aufbau eigener Micro Influencer verwenden. Unternehmen müssen Konsumenten zukünftig ein eigenes Zuhause anbieten, wollen sie das volle Potenzial von Kundendaten und Social Engagement nutzen.
Das Thema Kundendaten wird sich ab dem 25 Mai 2018 verschärfen. Dann muss nach den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung sichergestellt sein, dass eine Zustimmung für die Ansprache des Konsumenten besteht. Der Vorteil von Kundeninteraktionen in den Owned-Media-Kanälen ist, dass Unternehmen die Datenschutzbestimmungen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben selbst gestalten können.
Auch hier gibt es eine Entwarnung: Eine eigene Engagement-Plattform lässt sich technologisch sehr einfach rechtskonform aufbauen, wenn man hier auf Standardsoftware setzt, da die gängigen Lösungen am Markt die Vorgaben der EU-DSGVO erfüllen.
Konsumenten liefern Daten - freiwillig und datenschutzkonform
In der Regel registrieren sich Nutzer mit E-Mail und Nutzername. Weitere Daten können sie dann freiwillig im Rahmen der Pflege ihres Profils angeben. Zusätzliche Informationen zu Interessen und Bewegungsdaten auf der eigenen Plattform oder Daten zur Aktivität auf auf welche Inhalte ein Nutzer reagiert, müssen dann in der Datenschutzvereinbarung ausgewiesen werden.
Erfahrungsgemäß ist die Bereitschaft von Konsumenten recht hoch, ihre Daten einer Marke zur Verfügung zu stellen, wenn sie ihr vertrauen. Ein Beispiel: Im Schnitt abonnieren 45 Prozent der registrierten Nutzer einer Community auch den Newsletter des Unternehmens.
Damit Marken rechtlich auf der sicheren Seite sind, müssen alle Daten anonymisiert ausgewertet werden. Sollen Daten einer Person zugeordnet werden, muss dem Konsument der Nutzungsgrund genannt werden und er muss der Verwendung widersprechen können. Wenn ein Kunde seine vollständigen Kontaktdaten in seinem Profil hinterlegt, muss er wissen, was mit seinen Informationen geschieht.
Beachtet ein Unternehmen all diese Aspekte, entsteht kein Problem. Denn es werden Daten verwendet, die der Nutzer selbst angegeben hat. Das ist wichtig, denn im Gegensatz zu vielen Apps benötigen Customer Communities keinen Zugriff auf andere Quellen. Verwendet ein Nutzer seinen Facebook-Login, um sich in der Community zu registrieren, erfolgt kein Zugriff auf die Freundesliste.
Brand-Communities sorgen für glaubwürdigen Content und machen Kunden zu Influencern
In erster Linie, um Kunden zu aktivieren, das Vertrauen in die Marke zu steigern und sie zu Empfehlungen zu motivieren. Denn gerade die Use Cases oder Produktbewertungen der eigenen Kunden sorgen für Glaubwürdigkeit und zeigen Einsatzszenarien, die kein Redakteur erfinden könnte. So wird der Kunde zum Micro Influencer, indem er Inhalte schafft, die andere Kunden wieder teilen und inspirieren. Und genau das macht ihn wertvoll und authentisch.
Natürlich müssen auch Micro Influencer bei Laune gehalten und belohnt werden. Das erfolgt meist durch Gamification-Mechanismen oder eine Incentivierung von exklusiven Produkten und Vorabtests. Das zahlt sich für Marken aus: Denn dieses Engagement ist echt und nicht gekauft.
Natürlich hängen die Art und Bereitschaft für das Engagement stark vom Thema ab. Grundsätzlich gilt: Je mehr Emotionen ein Thema erzeugt, desto einfacher lassen sich die Kunden ins Boot holen. Ein Stromkonzern wie Innogy kann über das Thema Smarthome Use Cases generieren und eine emotionale Bindung zum Nutzer aufbauen. Denn kein Kunde redet über Strom aus der Steckdose. Daher haben sich die Entscheider von Innogy bewusst für Produkttests im Bereich Smarthome entschieden, mit denen sie Kunden zu mehr Engagement animieren. Und nun kommunizieren die Kunden für den Stromanbieter.
Michael Nenninger hat 2009 Voycer gegründet. Zuvor war er bei KPMG und Siemens tätig. Trotz des Erfolgs von Facebook war für ihn von Anfang an klar, dass Unternehmen eigene Plattformen aufbauen müssen. Etwas, das seit 2000 immer wieder versucht wurde, aber nur selten gelang. Nicht zuletzt scheiterte es häufig an den Kosten und am technischen Aufwand.
Der Software-as-a-Service-Anbieter für Engagement-Plattformen liefert neben der Plattform daher auch individuelle Community-Strategien. Zu den Kunden gehören unter anderem die DER Touristik, Toom, der Robinson Club, die Leipziger Buchmesse, Innogy, Conrad Electronic und der ADAC.