Agenturkultur:
So arbeitet es sich bei ...Martin et Karczinski
Bei Martin et Karczinski sitzen die Mitarbeiter an eigens entworfenen Büromöbeln. In denen kann man sogar telefonieren.
"Wir investieren lieber in unsere Mitarbeiter als in Kletterwände oder Schwimmbäder", sagt Ancilla Martin, Head of People Management bei Martin et Karczinski. Menschlichkeit ist ein wesentliches Thema der Münchner-Züricher Agentur - Hilfsprojekte sind ein wesentlicher Teil der Unternehmenskultur. Das führt auch dazu, dass Martin gerade alle Hände voll zu tun hat, denn die Agentur wächst beinahe täglich.
Nummer 44 der Agentur-Porträts.
Gibt es in Ihrer Agenturgruppe Berufsfelder und Jobs, die lange unbesetzt bleiben und für die Sie händeringend nach Personal suchen? Wenn ja, wie lange sind die Stellen unbesetzt? Und was machen Sie, um genau dort Leute zu finden?
Bei uns hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Wir haben spannende Kunden gewonnen und wachsen stark. Seit Januar habe ich 25 neue Mitarbeiter eingestellt! Wir suchen vor allem Berater mit Digitalkompetenz, aber auch gute Corporate Designer auf Senior-Level und strategische Markenberater. Aber wir finden auch – in der Regel innerhalb von 2 bis 3 Monaten.
Von den 25 neuen Kollegen haben wir nur ein, zwei mit Headhunter gefunden – die meisten rekrutieren wir selbst. Wir spüren auch, dass so spannende Projekte wie etwa der Lufthansa-Relaunch uns als Arbeitgeber interessant gemacht haben.
Wie wir suchen? Wir haben eine große Video-Kampagne mit unseren Mitarbeitern umgesetzt, dafür sogar Preise gewonnen, wir schalten Anzeigen, stellen unsere Arbeit auf Kongressen vor und kommunizieren intensiv über unsere Website und Social-Kanäle…
Haben Sie ein Patentrezept für die Bildung einer starken Arbeitgebermarke gefunden? Ja? Welches ist Ihres?
Wir haben eine klare Haltung, in der der Mensch im Zentrum steht und seinen "Purpose" leben kann. Ein Beispiel sind die 60 seconds be.yond-Videoclips, in denen Mitarbeiter erzählen, wofür sie "brennen" und warum sie ein Teil von Martin et Karczinski sind. Das kommt an – ich habe eine ganze Liste an Kollegen, die gerne im nächsten Film dabei sein wollen und einige eingestellt, die von diesen Videos inspiriert wurden.
Außerdem haben wir gerade die Agentur umgezogen und über die Architektur, Räume und Ausstattung eine Wohlfühlatmosphäre geschaffen. Wir sorgen dafür, dass die Mitarbeiter zusammenkommen, zusammen kochen und Kunden einladen können.
Jeden Freitag gibt es die Möglichkeit, sich bei Apéro und Musik über aktuelle Projekte auszutauschen oder Besonderes vorzustellen, um dann entspannt ins Wochenende zu gehen. Diese Wertschätzung spricht sich rum.
Was tun Sie konkret zur Mitarbeiterbindung? Gibt es bei Ihnen die Möglichkeiten zu
a, Home-Office
b, Sabbaticals
c, flexible jährliche Urlaubszeiten
d, flexible Arbeitszeiten
e, Job-Tausch mit anderen Niederlassungen, bzw. Partner-Unternehmen
g, bezahlten Überstunden?
Bei uns gibt es hier keine Standardprogramme, sondern wir klären das individuell. Aktuell ist z.B. gerade einer unserer Gründer im Sabbatical. Alle Kollegen können immer im Züricher Büro arbeiten und umgekehrt. Bei uns arbeiten auch viele Mütter, die meisten in Teilzeit und auch der Urlaub ist flexibel.
Aber es war auch klar, dass das Lufthansa-Team während des Relaunchs keinen langen Urlaub gemacht und auch einige Überstunden geleistet hat. Das gleichen wir dann natürlich im Anschluss aus.
f, Möglichkeiten für eigene Herzensprojekte außerhalb des bezahlten Kundengeschäfts?
Das gehört zu unserer DNA! Wichtig ist uns, dass wir unsere Philosophie auch leben und jeder Herzensprojekte verwirklichen kann. Ein Beispiel ist unser Adventskalender, den wir bereits im fünften Jahr durchführen. Hier können 24 Designer ihre Kunstwerke vorstellen und versteigern.
Wir haben inzwischen sogar schon richtige Fans, die sammeln… Das Geld verdoppelt Martin et Karczinski noch einmal, es geht dann an Menschen, denen es nicht so gut geht wie uns. Im vergangenen Jahr kamen hier 30.000 Euro zusammen. Damit haben wir den Bau einer Schule in Afrika mitfinanziert.
Kletterwand, Baumhaus, Sterne-Kantine – was gibt es bei Ihnen an unüblichen Incentives für Mitarbeiter?
Wir haben eine tolle Dachterrasse, eine außergewöhnliche Kaffeebar und sorgen für Begegnungen innerhalb der Agentur – wie schon beschrieben. Unsere Haltung ist hier aber eine andere: Wir investieren lieber in unsere Mitarbeiter als in Kletterwände oder Schwimmbäder. Meine Erfahrung ist, dass jeder eigene Vorstellungen hat, was er gerne macht. Wenn das Gehalt und die Freizeit stimmen, kann jeder tun, was er will.
Da uns auch die soziale Verantwortung sehr wichtig ist, investieren wir jedes Jahr einiges in Hilfsprojekte. Wir unterstützen unter anderem ein Waisenhaus in Südafrika und ein Wohnprojekt für Menschen mit Behinderung in Kirgistan. Auch das wissen hier alle zu schätzen und es schafft ein positives „Wir“-Gefühl.
Wie erfassen Sie die Mitarbeiterzufriedenheit? Welche Ihrer Errungenschaften sind den Mitarbeitern besonders wichtig?
Wir fragen die Mitarbeiterzufriedenheit regelmäßig ab. Dafür veranstalten wir auch immer wieder Organisations-Workshops, in die wir alle Mitarbeiter einbeziehen und offen darüber sprechen, was wir verbessern können.
Wie ist bei Ihnen die Frauenquote?
48 Prozent. Leider, leider haben wir immer noch zu wenig Frauen auf Teamleiterebene. Das würde ich gerne verbessern. Aber: Wir haben viele "Agenturkinder" und viele arbeitende Mütter mit flexiblen Arbeitszeitmodellen. Ich bin übrigens eine davon…
Wie hoch die Quote der Mitarbeiter über 45? Und unter 25?
Ca. 20 Prozent sind über 45, 3 Prozent sind unter 25.
Wie lang bleibt ein Mitarbeiter im Schnitt?
Im Schnitt 4 Jahre. Die vielen neuen Mitarbeiter drücken gerade den Schnitt – aber wir haben einige, die bereits seit über 10 Jahren bei uns sind.
Clean-Desk-Policy oder ganz persönliche Schreibtische? Wie steht Ihre Agentur zu dem Thema?
Ganz klar Clean Desk! Wir halten viel davon, morgens geordnet anfangen zu können und meinen, dass aufgeräumte Arbeitsplätze kreative Freiheit fördern. Wir haben speziell für uns entworfene Möbel in der Agentur, die das erleichtern: Mit cleveren Einbauten, in denen man alles schnell und geordnet verstauen kann, von großen Boards, Büromaterial und so weiter bis hin zur eigenen Handtasche. Man kann sogar drin sitzen und in Ruhe telefonieren.
Wie stehen Sie zur internen Offenlegung aller Gehälter im Unternehmen?
Ich fände eine Offenlegung eigentlich gut. Aber soweit sind wir in Deutschland noch nicht, da bräuchte es noch einen ordentlichen Mindshift. Oder erzählen Sie jedem, was Sie verdienen?
Dann wollen wir natürlich wissen: Was verdient ein Junior bei Ihnen im ersten Jahr?
Wenn ich das mit den anderen Agenturporträts vergleiche, muss ich feststellen, wir zahlen richtig gut.