Agenturkultur:
So arbeitet es sich bei ... Dokyo
"Schlechte Jobs können nicht durch Firmenyoga und Netflix-Abos kompensiert werden", sagt Dokyo-Geschäftsführer Julius Beckmann. Er ködert lieber mit sexy Projekten.
Dokyo-Geschäftsführer Julius Beckmann findet Machen und Freiheit wichtiger als Hüpfburgen oder morgendliche Yogastunden. Der 35-Jährige führt neben Gründer Frank Berning seit einem Jahr die Agentur. Zur frühen Verantwortung gehört für ihn auch, dass die Youngsters "mal auf die Nase fliegen". Egal. Gemeinsam wird der Fehlschlag ausgebügelt. Nummer 21 der Agentur-Porträts.
Gibt es in Ihrer Agenturgruppe Berufsfelder und Jobs, die lange unbesetzt bleiben und für die
Sie händeringend nach Personal suchen? Wenn ja, wie lange sind die Stellen unbesetzt? Und
was machen Sie, um genau dort Leute zu finden?
In den ersten Jahren haben wir fast ausschließlich mit freien Mitarbeitern gearbeitet. Wir haben also aus unserer Historie heraus ein hervorragendes Netzwerk an freien Experten und Kreativen. Das ermöglicht uns, auf jedes Briefing eine sehr gute Lösung zu finden. Was die festangestellten Mitarbeiter angeht, haben wir schon aufgrund unserer Größe und Struktur ein anspruchsvolles Profil: schlaue, neugierige und empathische Menschen, die eigenverantwortlich arbeiten wollen. Solche Menschen sind heute heiß begehrt. Das braucht manchmal seine Zeit. Aber es ist uns wichtig, sich die Zeit zu nehmen und auf tolle Leute auch mal zu warten. Es können auch gerne Quereinsteiger sein, die wir dann selbst ausbilden. Unser Executive Creative Director Gerrit und ich haben bei Dokyo auch ganz jung angefangen und mussten auch am Anfang eine Menge dazulernen. Neben den Stellenanzeigen auf den verschiedenen Jobbörsen haben sich aber die Dokyo-Mitarbeiter als die besten Headhunter erwiesen, wenn es darum geht, neue Jobs mit
Talenten zu besetzen. Wenn es klappt, gibt es natürlich auch einen Bonus.
Wie sehen SIe sich als Arbeitgebermarke?
Allgemein würde ich sagen: Identifikation und Chancen sind unser Rezept. Wir haben wirklich gute Kunden mit spannenden Briefings für spannende Projekte oder Kampagnen. Wer bei uns als junger Spezialist oder als Generalist anfängt, kriegt direkt die Möglichkeit, sich einzubringen und etwas Neues auszuprobieren, dazu gehört auch mal auf die Nase zu fliegen. Aber das fangen wir gemeinsam auf. Bei jungen Talenten steht immer ein erfahrener Mentor oder eine erfahrene Mentorin, die mit unterstützen. Ich durfte zum Beispiel in meinem ersten Jahr bei Dokyo einen globalen Film produzieren. In einem klassischen Netzwerk hätte ich auf so eine Chance mindestens fünf Jahre warten müssen. Eine frühe Integration schafft enorme Identifikation für uns als Arbeitgeber. Für unsere Kunden garantiert es jede Menge frische Ideen junger Talente, kombiniert mit den Erfahrungen der "alten Recken" macht uns das zu einer starken Arbeitgebermarke.
Was tun Sie konkret zur Mitarbeiterbindung? Gibt es bei Ihnen die Möglichkeiten zu
a) Home-Office?
b) Sabbaticals?
c) flexiblen jährlichen Urlaubszeiten?
d) flexiblen Arbeitszeiten?
e) Job-Tausch mit anderen Niederlassungen bzw. Partnerunternehmen?
f) eigenen Herzensprojekten außerhalb des bezahlten Kundengeschäfts?
g) bezahlten Überstunden?
Das Erste, was mir bei den ganzen New-Business- und Buzzword-Modellen etwas zu kurz kommt, ist die Mitarbeiterbindung durch die fachliche Einbindung. Ich finde, die Leute müssen zuerst einmal die Möglichkeit haben, richtig tolle Dinge zu machen! Dinge, auf die sie stolz sein können. Das ist das Allerwichtigste. Schlechte Jobs können nicht durch Firmenyoga und Netflix-Abos kompensiert werden. Junge Talente sollen zu uns kommen, um zu gestalten. Nicht um Firmenkühlschränke mit Fidschiwasser auf Instagram zu posten. Aber natürlich versuchen wir alles, damit wir uns hier bei Dokyo so wohl wie möglich fühlen.
Je größer die Lust, morgens durch die Tür zu kommen, desto besser für uns alle. Und dafür haben wir dank unserer Größe und Unabhängigkeit alle Möglichkeiten, vor allem individuelle Mitarbeiterwünsche umzusetzen: So bereist gerade eine Beraterin Südamerika, ein Kreativer geht im Sommer für drei Monate nach China, um dort als Dozent seinen akademischen Traum zu verwirklichen. Ein anderer Kollege hat sein eigenes und erfolgreiches Special-Interest-Magazin, während sein Tischnachbar Baseball-Caps für Amateurfußballklubs designt. Das ist natürlich mit einem Organisationsaufwand für Dokyo verbunden. Aber es ist ein Gewinn, weil wir und unsere Kunden neue Impulse bekommen. Was flexible Arbeitszeitmodelle angeht, haben wir damit in den letzten Jahren gute Erfahrungen gemacht, gerade bei unseren Vätern und Müttern in der Agentur. Aber grundsätzlich gibt es für uns keinen Grund, auf klassische 40-Stunden-Modelle zu bestehen.
Kletterwand, Baumhaus, Sterne-Kantine – was gibt es bei Ihnen an unüblichen Incentives für
Mitarbeiter?
Unser größtes Incentive ist die persönliche Gestaltungsfreiheit. Der Agenturraum gehört allen, die hier arbeiten. Wenn jemand von uns freitagabends in den Büroräumen feiern will, soll er das machen. Finden wir super, aber er muss auch hinterher bitte wieder alles aufräumen. Minitischtennisplatten, Yogastunden, der Superfreitag, das sind alles Wünsche der Mitarbeiter. Trotz der vielen Möglichkeiten, seine Arbeit selbst einzuteilen – wenn man Schlafen mal abzieht –, verbringen wir hier alle mehr Zeit miteinander als mit unseren Partnern und Familien. Da braucht es ein Gemeinschaftsgefühl und viel Raum für Blödsinn. Das andere wichtige Incentive sind Fortbildungen in Form von Reisen. Wir sind regelmäßig auf der SXSW, The Next Web, Re:publica, bei E-Sports-Events oder anderen Festivals. Immer in kleinen Gruppen, die dann hinterher allen anderen in Mini-Keynotes erzählen, was es für neue Ideen gibt, die die Medien bewegen.
Wie erfassen Sie die Mitarbeiterzufriedenheit? Welche Ihrer Errungenschaften sind den
Mitarbeitern besonders wichtig?
Wir sind kein Riesenladen. 30 Kolleginnen und Kollegen auf zwei Etagen. Da kriegt man jeden Tag mit, wie es um die allgemeine und individuelle Zufriedenheit steht. Darüber hinaus pflegen wir die Kultur des 48-Stunden-Feedbacks: Innerhalb von 48 Stunden kann und muss man alles loswerden können, was man im fachlichen Prozess oder sozialen Miteinander supertoll oder superschrecklich fand. Jahresgespräche sollte man dafür nutzen, Ziele zu erörtern und Pläne zu schmieden, wie wir sie zusammen erreichen können.
Hand aufs Herz: Wie ist bei Ihnen die Frauenquote?
Wie hoch die Quote der Mitarbeiter über 45? Und unter 25?
Wie lang bleibt ein Mitarbeiter im Schnitt?
Sie liegt bei 50 Prozent. In der Kreation sind wir im Moment etwas männerlastiger. Dafür suchen wir übrigens gerade wieder Verstärkung. Falls es eine tolle Kreative liest, bitte sofort bei uns melden. Unser Altersdurchschnitt beträgt 31 Jahre. Wenn man sich die letzten zehn Jahre ansieht, sind wir durch unser Wachstum konstant jünger geworden. Die durchschnittliche Verweildauer im Unternehmen haben wir nicht erhoben. Die Fluktuation ist aber gering, ich kann mich an jeden Weggang der letzten Dekade mit Namen und Gesicht erinnern.
Clean-Desk-Policy oder ganz persönliche Schreibtische? Wie steht Ihre Agentur zu dem Thema?
Wie gesagt, jeder Dokyo-Mitarbeiter hat bei der Umsetzung der Arbeit Gestaltungsmöglichkeiten, das betrifft auch seinen Schreibtisch. Solange er halbwegs ordentlich bleibt, falls jemand vorbeikommt. Außerdem glauben wir daran, dass ein klarer Gedanke eher an einem aufgeräumten Tisch entsteht. Und es macht viel mehr Spaß, sich morgens an einen Tisch zu setzen, wo alles übersichtlich ist, als an einen Altar voller Gebimmel.
Wie stehen Sie zur internen Offenlegung aller Gehälter im Unternehmen?
Wir bezahlen gut. Ich glaube aber nicht, dass transparente Gehälter arbeitnehmerfreundlich sind. Das führt ganz schnell zu einer ganz unangenehmen und ungesunden Form von Unruhe nach dem Motto: "Oh Gott, der Junior macht es für die Hälfte und ist auch noch den ganzen Sommer im Büro." Individuelle Gehälter spiegeln bei Dokyo die aktuellen und vergangenen Leistungen wider. Außerdem ist bei uns eine 40-Stunden-Woche auch wirklich noch eine 40-Stunden-Woche.
Dann wollen wir natürlich wissen: Was verdient ein Junior bei Ihnen im ersten Jahr?
Um das zu erfahren, müssten Sie schon als Junior bei uns anfangen.
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