US-Zeitungsmarkt:
Zeitgewinn als Fusionsziel
Die Aktionäre von Gannett und Gatehouse haben die Fusion der Zeitungsriesen abgesegnet. Unklar ist allerdings, ob der Deal zur Erfolgsstory wird. Tausende Arbeitsplätze werden wegfallen.
Nachdem Ende vergangener Woche die Aktionäre der US-Zeitungsgiganten Gannett und Gatehouse Media grünes Licht gegeben haben, könnte schon an diesem Dienstag die größte Fusion in der Geschichte des US-Zeitungsmarktes offiziell über die Bühne gehen.
Durch den Deal, der bereits im August angekündigt worden war und der ein Volumen von 1,13 Milliarden Dollar hat, entsteht der nach Auflage größte US-Zeitungskonzern mit mehr als 260 Tageszeitungen und Hunderten Wochenblättern. Das fusionierte Unternehmen erreicht laut Marktforscher Comscore zudem online über 145 Millionen Unique Visitors pro Monat.
Gannett gibt in den USA neben dem überregionalen Titel USA Today 109 Lokal- und Regionalzeitungen heraus, darunter den Arizona Republic, die Detroit Free Press, den Indianapolis Star sowie den Milwaukee Journal Sentinel. Zum Unternehmen gehört außerdem die britische Newsquest Media Group mit ihren 22 Tageszeitungen, 150 Wochentiteln und mehr als 40 Publikums- und Fachzeitschriften.
Der Lokalzeitungsverlag Gatehouse Media mit Sitz in Perinton/New York ist Teil der New Media Investment Group, die von der Fortress Investment Group kontrolliert wird. Die wiederum gehört zum japanischen Technologie- und Medienkonzern Softbank. Gatehouse besitzt 152 Tageszeitungen wie den Austin American-Statesman, den Oklahoman, die Palm Beach Post sowie vor allem kleinere Lokalblätter und 284 Wochentitel.
Die Aktionäre der New Media Investment Group werden künftig 50,5 Prozent der Aktien an dem neuen Unternehmen halten, die Gannett-Aktionäre 49,5 Prozent. Hauptsitz des fusionierten Zeitungsriesen unter der alt-neuen Medienmarke Gannett wird der bisherige Gannett-Sitz in McLean/Virginia nahe Washington D.C. sein.
Massiver Arbeitsplatzabbau erwartet
Durch die Fusion versprechen sich die beiden Konzerne erhebliche Synergie-Effekte. Wurden anfangs Kosteneinsparungen von jährlich rund 200 Millionen Dollar angepeilt, sei inzwischen von Einsparungen in Höhe von "400 Millionen Dollar und mehr" die Rede, wie der US-Medienexperte Ken Doctor berichtet.
Laut Doctor dürfte dies zu einem massiven Stellenabbau führen. Nach seinen Schätzungen könnte schon im nächsten Jahr jeder achte Job verlorengehen – etwa 3450 der insgesamt 27.600 Arbeitsplätze beider Unternehmen.
Branchenbeobachter und Analysten sind sich allerdings uneins, ob derart große Einsparungen überhaupt möglich sind. Damit der Deal aber zur Erfolgsstory wird, sind sie schlechthin unumgänglich. Denn finanziert wird die Fusion über einen 1,8-Milliarden-Dollar-Kredit der Private-Equity-Firma Apollo Global Management, den die New Media Investment Group aufnehmen musste. Und Apollo lässt sich das Risiko mit einer happigen Zinsrate von 11,5 Prozent hervorragend vergüten.
Auch McClatchy und Tribune wollen fusionieren
Entscheidend wird zudem sein, ob das neue Gannett die anvisierte "digitale Transformation" erfolgreich in die Wege leiten kann. Denn in diesem Bereich liegen die beiden Verlage bislang noch weit hinter der New York Times oder Washington Post zurück.
Immerhin könnten die Synergie-Effekte der Fusion dem Management kurzzeitig etwas Luft verschaffen im sich rasch verschlechternden Zeitungsmarkt. Verkauften die US-Zeitungen 1998 an Werktagen durchschnittlich noch 56,2 Millionen Exemplare, waren es im vergangenen Jahr lediglich noch geschätzte 28,6 Millionen. Laut der Studie "The Expanding News Desert" der University of North Carolina wurden seit 2004 die Print-Ausgaben von etwa 1800 US-Zeitungen eingestellt.
Auch andere Verlage versuchen deshalb, über Fusionen Zeit zu gewinnen. Wie Ken Doctor in seiner Analyse schreibt, verhandeln derzeit der Verlag McClatchy mit seinen 29 Tageszeitungen und Tribune Publishing, der drittgrößte Zeitungsverlag der USA mit der Chicago Tribune, der New York Daily News, der Baltimore Sun sowie mehreren Lokalzeitungen, ebenfalls über eine Fusion.