
Gastbeitrag:
Wie erreiche ich junge Zielgruppen?
Julius Beckmann, Chef der Agentur Dokyo, hat eine Reihe von Empfehlungen für FMCG-Marken parat, die auch jenseits von Corona gelten. Es geht darum, wie und über welche Kanäle junge Leute erreicht werden.

Foto: Dokyo
Um junge Leute zu kriegen, reicht bloßes 'Youth-Washing' nicht aus. Gerade in der Corona-Krise zeigt sich, wie geübt Jugendliche in der digitalen Routine sind. Home Schooling oder sich im Web organisieren, ist für sie eine Selbstverständlichkeit.
Daher sollten wir den Zeitgeist und die Bedürfnisse von Jugendlichen jetzt erst recht ernst nehmen, damit die Teenager am Ende vor dem Verkaufsregal auch wirklich zugreifen.
1. Was bedeutet jung wirklich?
60 Prozent der Weltbevölkerung gehören zu den Millennials oder der Generation Z. Dazu zählen Kinder, die bald in die dritte Klasse kommen, aber auch diejenigen, die noch mit VHS-Videos und D-Mark aufgewachsen sind.
Als 'Senior-Millennial' gehöre ich auch noch dazu, aber ich würde mich selbst nicht mehr als jung bezeichnen. Als jung gilt für mich die Generation Z: Alle Menschen, die ab Mitte der 90er geboren wurden.
2. Bildet Stämme!
Glaubt ihr wirklich, dass das Alter von Zielgruppen der kleinste gemeinsame Nenner ist? Greta Thunberg und Davina, die Tochter der Geissens, sind im gleichen Jahr geboren. Hier wird klar, dass dieser Nenner nicht viel wert ist.
Wir müssen daher ihre Interessen herausarbeiten und daraus sogenannte Tribes – Stämme – entwickeln, wie es zum Beispiel Netflix macht. Demografie spielt hier keine Rolle mehr, die Abonnenten werden in 'Taste Communities' gegliedert.
3. Content muss Bedürfnisse erfüllen
Wir sollten uns stets bewusst machen, dass jeder Stamm eigene Bedürfnisse hat. So ist das Hauptthema bei jungen Verwendern der Marke AXE die Frage: "How to be attractive?". (Die Agentur des Autors arbeitet für Axe; Anm.d.Red.)
Mit Hilfe von Menschen, die authentisch sind, gelingt es der Marke, in die Rolle des großen Bruders zu schlüpfen, der auf Augenhöhe seine Erfahrung teilt, ohne zu belehren.
4. Always on
Was die Generation Z eint, ist die intensive Nutzung von digitalen Medien. Besonders das Smartphone spielt hier ein große Rolle: Fünf satte Stunden jeden Tag. Falls sie doch mal vorm Fernseher sitzen, benutzen 95 Prozent zeitgleich ihr Handy.
Mein Tipp: Verlasst euch bitte nicht darauf, dass die Botschaft aus eurem TV-Spot bei den jungen Zuschauern ankommt, vielleicht läuft auf TikTok gerade ein Video, das witziger und schneller ist.
5. Die Big Five
Respect the channels: Seit Oma Videos auf Facebook teilt, wird klar, dass es nicht mehr der Kanal ist, um die Generation Z zu erreichen. Das gelingt mit den Big Five TikTok, Instagram, Messenger, YouTube und Snapchat oft besser.
Noch wichtiger: Respect the speed! Jedes soziale Netzwerk ist anders. Das perfekte Video für YouTube ist nicht unbedingt cool für TikTok. Hier müssen Marken gleich zur Sache kommen. Teenager lieben es, in einem schnellen Tempo unterhalten zu werden. Tipp: Probiert die Plattformen selbst aus. Ihr werdet merken, dass TikTok mehr Speed hat als YouTube.
6. Profis vertrauen
Wer keine Ahnung hat, wie er Marken auf TikTok oder Instagram inszenieren soll, der sollte mit denen sprechen, die davon leben. Influencer und Creators sind nicht nur Reichweitenbringer, es sind eure Partner. Glaubt ihnen ruhig mal!
7. Gebt Geld für die Idee aus
Früher war das Wichtigste die Produktion. Hauptsache es sieht nach großem Kino aus. Die Idee spielte dabei kaum eine Rolle, wichtig war nur, dass das Logo groß zu sehen war.
Diese Benchmark hat sich in den letzten Jahren bei jungen Menschen deutlich verschoben. Um auf einem 6-Zoll-Handy zu bestehen, kommt es nicht mehr auf den Sound oder die Postproduction an. Es kommt allein auf die Idee an. Berücksichtig das in eurem Budget!
8. Testen, testen, testen!
Niemand kann voraussagen, ob eure Idee erfolgreich sein wird. Fangt an zu testen! Ihr braucht keine Mafo-Maschinen mehr. Optimiert oder beerdigt Dinge. Keine Sorge, testen ist wirklich günstig geworden. Testet das Bedürfnis, den Insight, die Idee und die Exekution.
9. Keine Angst vor Peinlichkeiten
Influencer-Koops, die total in die Hose gegangen sind, gibt es immer wieder. Minisalami und Waschmittel in der Badewanne und so weiter. Das ist nicht schlimm.
Es ist nur schade um das Geld. Viel schlimmer ist es, bei der Generation Z nicht mit der Zeit zu gehen, als falsche Versprechungen zu machen. Dazu gehört auch, sich ab und zu mal zu blamieren. Das macht Marken für Jugendliche eher noch sympathischer.
10. Spaß haben
Junge Menschen haben Spaß an gutem Content. Wenn es keinen Spaß macht, diesen zu inszenieren, dann seid ihr auf dem falschen Weg. Wenn ihr Kampagnen für Teenager macht, dann habt Spaß!
Julius Beckmann, 36, Geschäftsführer von DOKYO und der Senior-Millennial der Agentur, beschäftigt sich viel und gerne mit jungen Zielgruppen, beruflich wie privat. Sein Sohn ist ein Jahr alt und Papa ist froh darüber, dass der Junge noch ohne TikTok und YouTube auskommt. Kann sich freilich bald ändern. Die Kreativagentur DOKYO in Hamburg, der Beckmann vorsteht, arbeitet unter anderem für die Marken Axe, Lätta, Ben & Jerry's und Dove.