Programmatic Audio :
Wie Spotify und Google den Programmatic-Audio-Markt antreiben
Zalando, Moskovskaja, Deliveroo - Spotify treibt den Radiovermarkter RMS mit neuen Kampagnen vor sich her. Doubleclick schaltet Audio auf seinen programmatischen Marktplatz auf.
2018 soll das Jahr des Durchbruchs für die bisherige Testlauf-Disziplin Programmatic Audio werden. Bislang kann - anders als in anderen digitalen Disziplinen wie Display - nur ein Bruchteil des Online-Audio-Inventars programmatisch eingekauft und ausgesteuert werden.
Das liegt vor allem an Spotify. Der reichweitenstarke Musikstreamingdienst (159 Millionen Nutzer weltweit, davon 88 Millionen im werbevermarkteten Gratisdienst) hat die Radiobranche wachgerüttelt und treibt sie seit der Trennung von Radiovermarkter RMS vor sich her - obwohl die Nutzung in Deutschland zuletzt einen Dämpfer erfahren hatte.
"Wir haben in den vergangenen sechs Monaten einen Sprung im Programmatic Audio Advertising getan", sagt Zuzanna Gierlinska, Leiterin Programmatic bei Spotify Europe mit Sitz in UK. Um das zu untermauern, hat Gierlinska zum Programmatic Audio Day in Berlin eine Reihe neuer Kampagnen präsentiert.
Zu den neuen Kunden im deutschsprachigen Raum zählen Zalando und Moskovskaja. In UK hat Deliveroo eine Kampagne mit 48.000 verschiedenen Spots ausgespielt - abgestimmt auf Tageszeit, Wetter, Ort und Geschlecht.
Aus der Nische in den Mainstream
Erstmals hat Google Audio in einer Betaversion auf seinen Programmatic-Marktplatz Doubleclick aufgeschaltet - die Zalando-Kampagne in Deutschland und Österreich wurde darüber ausgespielt. Gierlinska wertet den Einstieg zweier "industry leader" als ein Zeichen dafür, dass Programmatic Audio sich aus der Nische heraus Richtung Mainstream bewegt.
Den Werbetrend bestätigen auch Mediaagenturen. Alexander Kraft, Managing Partner Programmatic bei der Omnicom Media Group hält "gut dreistellige Wachstumsraten für abolut realistisch" - von sehr niedrigem Niveau versteht sich. Die OMD hat für Moskovskaya die programmatische Kampagne umgesetzt, mit der die Marke von Dezember bis März ihre Mix-Drinks promoted hat.
Durch Experimente im Genre-Targeting hat die Marke herausgefunden, dass nicht wie bislang angenommen, Electronic Dance Music das markenaffinste Genre ist, sondern Hip-Hop-Hörer eine noch größere Markenaffinität haben. Insgesamt erreichte die Kampagne 8,5 Millionen Ad Impressions.
Radiovermarkter RMS baut Datenplattform auf
Der Vorsprung von Spotify liegt im Datenwissen über seine Nutzer. Über die Log-ins weiß der Streamingdienst Bescheid über deren Geschlecht, Musiknutzung, Freunde und Genrepräferenzen. Das ist ein Vorteil gegenüber Privatfunkvermarktern wie der RMS. Die haben zwar auch schöne Online-Reichweiten zu bieten, aber bislang eine eher mangelnde Datenlage: 80 Prozent der Nutzer sind bislang nicht identifizierbar, weil sie beispielsweise über Sonos auf die Webradios zugreifen.
Die Folge: Targeting- und Reportingmöglichkeiten sind beschränkt, die Werbewirkung muss über Befragungen nachgewiesen werden. "Als digitaler Anbieter muss man den Anspruch haben, messbar zu sein", sagt deswegen Frank Bachér, Leiter Digitale Medien bei RMS. 2018 will die RMS deswegen nicht nur die Schnittstellen zu allen großen Agenturen für die automatisierte Einbuchung einrichten, sondern auch eine Datenplattform aufbauen, die programmatische Kampagnen überhauot erst standardisiert möglich macht. Dazu sollen die Vertragspartner versuchen, über Incentivierung ihre Webradio-Hörer zu Logins zu bewegen.
Bachér will zudem "weitere Datentöpfe zukaufen". Die Branche hat auch begriffen, dass sie im Wettbewerb mit großen Plattformen zusammenrücken muss. So lässt Antenne Bayern sein Online-Audio Portfolio demnächst wieder von der RMS vermarkten.
Nicht zuletzt durch die Entwicklung neuer sprachgesteuerter Geräte steht Online Audio insgesamt eine prächtige Marktentwicklung bevor: In Deutschland wurden im Online-Audio-Werbemarkt im vergangenen Jahr immerhin 35 Millionen Euro netto umgesetzt, für dieses Jahr prognostiziert der BVDW 50 Millionen Euro Nettoumsatz. Die Wachstumsraten liegen bei 40 Prozent. Programmatic wird dabei in Zukunft die größte Rolle spielen: "Die datenbasierte Vermarktung ist nicht aufzuhalten", sagt Ex-Amnet -Manager Frank Sültmann, nun Vorstand bei Yieldlab. Er rät Vermarktern deswegen zu Zusammenschlüssen mit Datenpartern, um den Audiomarkt insgesamt nach vorne zu bringen.