
Resilienz-Typologie:
Wie Marken in der Krise den richtigen Ton treffen
Deutsche Konsumenten haben Strategien entwickelt, um mit den Herausforderungen von Covid-19 zurecht zu kommen. Um erfolgreich zu sein, sollten Marken ihre Kommunikation anpassen.

Foto: Wavemaker/MScience/Screenshot
Mehr Ich-Zeit, mehr Solidarität, mehr Online-Events und mediale Ablenkung: Zur Bewältigung der aktuellen Corona-Krise haben die deutschen Konsumenten gleich vier unterschiedliche Resilienz-Strategien entwickelt.
Zwei Drittel von ihnen (66 Prozent) setzen ihren Fokus während Covid-19 auf das eigene Wohlbefinden und nehmen sich wieder mehr Zeit für sich.
Knapp jeder Zweite (45 Prozent) entdeckt in der Krise seine Solidarität und engagiert sich für seine Mitmenschen. Als positives Event inszeniert ein Drittel der deutschen Konsumenten (33 Prozent) die Pandemie, um gut durch die Krise zu kommen. Größtmögliche Ablenkung sucht jeder Vierte (25 Prozent) im täglichen Konsum großer Mengen an Content.
Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie "Resilienz-Typologie in der Corona-Krise" von Wavemaker unterstützt von M-Science, der zentralen Forschungsunit der GroupM.
"Resilienz nennen Psychologen die Fähigkeit, mit Krisen klarzukommen und sich von Chaos und Unsicherheit nicht unterkriegen zu lassen",erläutert Lucas Brinkmann, CEO Wavemaker DACH.
Für das Marketing zeigt diese Studie demnach vor allem eines: Marken sollten ihre Kommunikationsstrategien jetzt an die unterschiedlichen Verhaltenstypen der Konsumenten anpassen, um erfolgreich den richtigen Ton in der Krise zu treffen.
Die vier Typen im Detail
Ego-Tivity: Auf die neue "Ich-Zeit" der Konsumenten eingehen
Die Corona-Krise zwingt die Menschen aktuell dazu, überwiegend zuhause zu bleiben. Diese Zeit nutzen die meisten Konsumenten vermehrt für sich: Sie beginnen, neue Dinge zu lernen oder alte Hobbies wiederzuentdecken. Viele stellen sich auch Sinnfragen oder kehren sich nach Innen, um ihr Leben neu zu ordnen. 43 Prozent der deutschen Konsumenten möchten künftig gesünder und achtsamer leben.
Jeder Vierte (24 Prozent) schaut regelmäßig Tutorials auf YouTube. Als mögliche Strategie, diesen Verhaltenstyp erfolgreich anzusprechen, bietet sich ein mehrwertiger Betrag zur persönlichen Ich-Zeit der Konsumenten an. Online-Kurse, Tutorials und Experten-Content können hier punkten. Aber auch ein Retro-Ansatz "alter" Hobbies und spirituelle Unterstützung werden für eine positive Markenwahrnehmung sorgen.
Für welche Branchen relevant? Besonders interessant ist der Verhaltenstyp für Marken aus den Bereichen Food, Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Sport/Outdoor, Verlage/Medien, Beauty sowie IT/Computer.
New Solidarity: Helfer unterstützen und Helden feiern
Jeder zweite Konsument gibt an, sich vermehrt um andere zu kümmern, virtuell oder im realen Leben. Diese aktive Solidarität zeigt sich an vielen Stellen der Gesellschaft: von neu eingerichteten Gabenzäunen über "Support your Local"-Aktionen bis zum abendlichen Applaus für Ärzte und Pflegekräfte. 38 Prozent der deutschen Konsumenten kaufen zudem für andere ein oder werden von anderen versorgt.
Marken, die auf diesen Typ abzielen, können in ihrer Kommunikation beispielsweise entsprechende Helfer-Netzwerke und -Initiativen unterstützen und positives oder heldenhaftes Verhalten in der Krise feiern.
Für welche Branchen relevant? Vor allem in den Branchen Versicherungen, Finanzdienstleistungen, Bio-Produkte, Retail, Automobil, Luxus und Reisen stellt der Verhaltenstyp "New Solidarity" eine relevante Zielgruppe dar.
Eventification: Mit eigenen Challenges und Entertainment-Events punkten
Die Corona-Krise als positives Event: Insbesondere in den Social Media-Kanälen inszenieren Konsumenten Covid-19 als Ereignis, das ihnen in der schweren Zeit Spaß bereiten soll. Zu den (spontanen) Entertainment-Events zählen u. a. Wohnzimmerkonzerte, Zoom-Partys sowie zahlreiche Online-Challenges wie #museumfromhome oder #playaparttogether. Allein die #klopapierchallenge hat mehr als 5,3 Millionen Views auf TikTok und 8 Mio. auf YouTube generiert. Für Marken bietet sich hier eine gute Möglichkeit, bei den Konsumenten des Verhaltenstyps "Eventification" zu landen, indem sie entsprechende Challenges und Online-Entertainment-Events entwickeln und medialisieren. Eigene "Event-Spaces", in denen Konsumenten Marken erleben können, sind ebenfalls sehr gefragt.
Für welche Branchen relevant? Für Unternehmen aus den Kategorien Fun & Games, Telekommunikation, FMCG, Kosmetik, Musik/Entertainment, Mode und Sport ist dieser Verhaltenstyp besonders relevant.
Binge-Capism: Auf kostenlosen Content und weitere Möglichkeiten zur Ablenkung setzen
Um sich von Corona abzulenken, konsumieren ("bingen") ein Viertel der Konsumenten große Mengen an Content. Im Fokus stehen dabei vor allem Entertainment-Inhalte (z. B. auf Netflix, TikTok) sowie Corona-News und -Updates. 26 Prozent der deutschen Konsumenten suchen aktiv nach "Ablenkung von Corona". Die Nutzung von Video-Streaming und -Apps ist um 25 Prozent gestiegen. Eine mögliche Strategie, den Verhaltenstyp "Binge-Capism" zu erreichen, ist z. B. ein kostenloser Zugang zu Content oder High-Speed Internet. Insgesamt gilt es, das unter anderen Umständen negativ konnotierte Lean-Back-Verhalten positiv anzuerkennen und weitere Möglichkeiten zur Ablenkung anzubieten.
Für welche Branchen relevant? Gefragt sind hier insbesondere die Branchen Media, Streamingdienste, Telekommunikation, Getränke & Spirituosen, Snacks, Fast Food und Lieferdienste.
Dass auch Top-Marken nicht stringent die Corona-Realität berücksichtigen, zeigt unser aktuelles W&V Data Ranking zu den teuersten Motiven der Woche.