
Digital Detox:
Weihnachtsgeschenk-Trend: Die Kiste fürs Handy
Vielen Menschen fällt es schwer, ihr Smartphone aus der Hand zu legen. Apps und Holzkisten sollen helfen, die Handy-Sucht zu überwinden. Aber funktioniert das wirklich?

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Wenn es nach dem schwedischen Beratungs- und Forschungsunternehmen HUI Research geht, sollte dieses Jahr unbedingt eine einfache Kiste unter dem Weihnachtsbaum liegen. Warum? Eine sogenannte Mobile Box soll Smartphone-Süchtigen helfen, sich eine digitale Auszeit zu nehmen. Good News: Der Auwand für dieses Geschenk hält sich in Grenzen: Wer die Box nicht kaufen möchte, kann sie einfach selbst bauen oder eine bereits vorhandene Kiste umfunktionieren. Tatsächlich finden sich im Internet verschiedenste Ausführungen: vom hölzernen Design-Stück mit und ohne Loch für das Ladekabel bis hin zum transparenten Kunststoffbehälter mit Zeitschloss. Laut Erik Jonsson von HUI Research stoße der bewusstere Umgang mit dem Smartphone in Schweden auf wachsendes Interesse. Und auch für den Münchner Trendforscher Ulrich Köhler entsprechen die Boxen dem Zeitgeist: "Es ist allerdings so, dass da aktuell vielmehr der Wunsch ist, sich da einzuschränken, eine genauere Übersicht zu haben, als dass das tatsächlich in gut messbarer Zahl schon passiert."
Emotional Überforderung durch komplexe Technologie
Modernere Smartphones verfügen natürlich inzwischen über Funktionen, mit denen man einen Überblick über die eigene Nutzungsdauer des Handys und einzelner Apps gewinnen kann. Bei Geräten Apple-Geräten nennt sich die Funktion "Bildschirmzeit", bei Android "Digital Wellbeing". Damit können Nutzer auch die Verwendung bestimmter Apps zeitlich einschränken. Hinzu kommen schon länger verfügbare Einstellungsmöglichkeiten wie etwa die "Nicht Stören"-Funktion. Außerdem gibt es spezielle Apps, die den bewussteren Umgang mit dem Handy erleichtern sollen - diese entpuppen sich jedoch oftmals als fiese Datensammler und sind deswegen nicht immer zu empfehlen. Aber wozu braucht es überhaupt diese Hilfsmittel? Warum legen Handy-Nutzer ihre Smartphones nicht einfach freiwillig beiseite oder schalten sie aus? Laut Trendforscher Köhler sind wir emotional von der komplexen Technologie überfordert. Die immer neuen Updates und die Bestätigungen mit einem Like führten zwar zur Ausschüttung von Glückshormonen, aber auch zu einer Abhängigkeit und langfristig zur Abstumpfung und Niedergeschlagenheit.
Ohne Smartphone bei Tisch
Auch Gastronomen haben die Handyboxen für sich entdeckt - und setzen voll auf smartphonefreien Genuss: Im New Yorker Restaurant "Hearth" können Gäste ihre Handys in Zigarrenkisten verbannen, die Kaffeehauskette "Le Pain Quotidien" spendierte in einer Aktion schon einmal kostenlose Desserts an Personen, die ihr Handy in einer Holzkiste am Tisch lagerten. Und auch der Fastfood-Gigant McDonald's macht mit: Der Website "Mashable" zufolge wurden in einer Filiale in Singapur Handy-Schließfächer aufgestelt, um vor allem Kinder vom Display wegzulocken. Und für die besonders harte Fälle gibt inzwischen sogar Handyattrappen: Null Megapixel, null Gigabyte, kein Update - das "NoPhone" sei das am wenigsten entwickelte Telefon aller Zeiten, heißt es auf der zugehörigen Website. Die Idee: Wenn Smartphone-Süchtige reflexartig zur Attrappe greifen, stehen die Ablenkungen eines echten Smartphones dann schlicht udn einfach nicht zur Verfügung. Doch Trotz der Gefahren übermäßiger Nutzung warnt Trendforscher Ulrich Köhler vor Rufen nach einer Komplettentsorgung des Smartphones. Auch die Zukunft werde maßgeblich von digitalen Technologie geprägt sein."Die Herausforderung besteht einfach darin, sie nicht komplett das Leben diktieren zu lassen, sondern sie zu nutzen, um unser Leben zu verbessern." (dpa)