
Vorwürfe von Investor:
Was hinter dem Aus von Naketano stecken könnte
Warum verkündet eine erfolgreiche Modemarke völlig überraschend ihr baldiges Ende? Ein früherer Gesellschafter klagt und schildert seine Sicht der Dinge.

Foto: Naketano / tournee Fotolia
Haben die Gründer den Modemarkt satt? Ist das Ganze ein Marketinggag? Ein kalkulierter Neustart, um neue Vertriebsstrukturen aufzubauen? Über das überraschende Aus des erfolgreichen Modelabels Naketano, das Ende 2018 eingestellt wird, gab es in den vergangenen Monaten viele Spekulationen. Die Gründer selber hüllen sich in Schweigen, das nährt die Legendenbildung.
Die Lösung des Rätsels scheint jedoch profan zu sein: Es geht offenbar schlicht um Geld und einen Eigner-Streit mit einem früheren Gesellschafter, der sich von den Gründern Sascha Peljhan und Jozo Lonac über den Tisch gezogen fühlt.
Dies legt ein Bericht von Spiegel Online nahe, in dem sich der frühere Geschäftspartner - unter anderem Namen - erstmals zum Ende der Marke ausführlich zu Wort meldet. Von einem "schmutzigen Kampf" ist die Rede, von Intransparenz, "tiefer Enttäuschung" und "arglistiger Täuschung". Und von schlecht verhandelten Verträgen und naivem Vertrauen.
Klage vor dem Landgericht Essen
Sieben Jahre lang half der Unternehmer als Miteigentümer der Firma den Gründern bei der Finanzierung und bürgte zum Teil mit Millionenbeträgen. Ende 2013 verkaufte er seine Anteile auf Basis eines Gutachtens, aus seiner Sicht heute weit unter Wert. Denn Naketano sei schon 2013 weit profitabler gewesen, als ihm vermittelt wurde. Die Zahlen geprüft habe er nie, sondern auf den persönlichen Kontakt und auch Freundschaft vertraut.
Der offensichtliche Erfolg von Naketano bestärkte den 50-Jährigen dann 2016 zunehmend in dem Verdacht, getäuscht worden zu sein. Erst jetzt schaute er genauer hin: Statt 9 Millionen Euro, wie vom Gutachter für 2013 prognostiziert, erlöste Naketano tatsächlich 15,5 Millionen Euro. Entsprechend höher fiel auch der Gewinn aus. Sein Verdacht: Dem Gutachter seien Zahlen vorenthalten worden.
Im Mai 2017 hat der Unternehmer deshalb die beiden früheren Geschäftspartner beim Landgericht Essen verklagt. Er will seine Anteile zurück. Anfang 2018 kam dann die Ankündigung für das Aus von Naketano. Es sei Zeit für eine Veränderung, zitierte die Fachzeitschrift "Textilwirtschaft" damals aus einem Schreiben an die Händler. Firma und Marke stünden nicht zum Verkauf.
Eine Marke stirbt, eine Marke wird geboren?
Der frühere Gesellschafter glaubt, dass der Rechtsstreit über die Eigentümerverhältnisse der Auslöser für den Markenselbstmord ist. Denn die Klage erschwere es, einen Käufer für das Label zu finden. Und wenn die Klage erfolgreich ist, werden seine Anteile nach dem Marken-Aus nicht mehr viel wert sein.
Seine Vermutung ist, dass die Gründer die Marke Naketano sterben lassen, aber bereits an einem neuen Label arbeiten.
Gegenüber Spiegel Online äußern sich Naketano und die Gründer nicht. Aus den Gerichtsakten lässt sich laut dem Nachrichtenportal jedoch herauslesen, dass sie sämtliche Anschuldigen zurückweisen und den früheren Gesellschafter stattdessen der Nachlässigkeit bezichtigen.
Provokante Interpretation von "Brave new word"
Was auch immer der Grund für das Ende von Naketano ist, viele Kunden trauern der Marke jetzt schon hinterher. Naketano und seine Kordelpullis haben Erfolg vor allem bei den Millennials, das Label gab sich einen veganen Anstrich, verzichtete auf Materialien wie echtes Leder. Immer mehr Einzelhändler nahmen die Streetwear-Marke deshalb bundesweit in ihr Sortiment auf, freuten sich über die Wachstumsraten, die ihnen das Label bescherte.
Und Aufmerksamkeit war der Marke mit dem Claim "Brave new word" immer gewiss, weil sie mit ihren sexistischen Produktnamen polarisiert und immer wieder den schmalen Grad des guten Geschmacks verlässt. Trotzdem kleiden sich nach wie vor junge Menschen gerne in Naketano-Kapuzenpullover oder Jacken mit Namen wie "Muschifurz", "Global Asozial am Blasen" oder "Zeich ma Titten".
Das Ergebnis stieg stetig - 2015 auf 23 Millionen Euro. Neuere Zahlen liegen laut "Bundesanzeiger" nicht vor.