Holger Zech über das WDR-Gesetz:
Warum Radio-Spendings demnächst zu Facebook und Google wandern könnten
Beim WDR-Radio wird Werbung stufenweise reduziert. Dass die privaten Mitbewerber im NRW-Hörfunk nicht profitieren werden - davon ist Holger Zech von Crossmedia überzeugt.
Die zulässige Werbezeit der WDR-Hörfunksender wird bis 2019 schrittweise reduziert von jetzt 90 Minuten täglich auf 60 Minuten - auf nur noch einem einzigen Sender. Das ist der Wille der Politik. "Diese Eingriffe in den Radiowerbemarkt sind allerdings einschneidend - und sie konzentrieren sich zu sehr auf erwünschte Kurzeffekte, blenden aber langfristig gefährdende Markteffekte aus", so Holger Zech in seinem Gastbeitrag "200 Zeilen Zorn: Das neue WDR-Gesetz" in der aktuellen W&V (EVT 25.4).
"Die Entscheidung ist eindimensional, Marktstrukturen werden zu wenig beachtet", sagt der geschäftsführender Gesellschafter der Mediaagentur Crossmedia. Das WDR-Gesetz greife nicht in den Hörermarkt, sondern in den Vermarktermarkt ein. "Durch den gesetzlichen Wegfall zweier WDR-Sender wird sich der Vermarkteranteil der Privaten strukturell auf realistische 75 bis 80 Prozent erhöhen", glaubt der Manager. Damit werde quasi ein Markt, der aktuell noch bei 40 zu 60 Prozent stehe, "ein Markt mit monopolistischer Struktur" mit all seinen Konsequenzen. "Das kann politisch nicht gewollt sein", so Zech.
Die Politik rechne damit, dass Umsätze und Kunden zu den privaten Sendern abwandern, gibt der Mediakenner zu bedenken. Durch die gesetzliche Reduzierung der Werbezeiten und Sender verschärfe sich nun ein generelles Radioproblem: Die interessanten Werbeslots morgens und nachmittags sind ohnehin schon ausgebucht. Zu den attraktiven Uhrzeiten gibt es keine Alternative.
Seiner Meinung nach befindet sich der größte Konkurrent für Radiosender nicht in, sondern außerhalb der Gattung Funk: Es sei nicht davon auszugehen, dass andere regional belegbare Medien wie Tageszeitungen oder Außenwerbung besonders profitieren werden, meint der Crossmedia-Manager. Neue digitale Audioformate wie Spotify verfügten zwar über spürbare Reichweite, würden aber nicht annähernd den Verlust kompensieren können. "Vielmehr wird das Internet hier der eigentliche Profiteur sein, zum Teil in regionalen Angeboten", so Holger Zech. "Vor allem besteht die Gefahr, dass die großen internationalen US-Unternehmen Facebook und Google als die Gewinner aus dem WDR-Gesetz hervorgehen."
Den gesamten Gastbeitrag "200 Zeilen Zorn: Das neue WDR-Gesetz" finden Sie in der aktuellen Printausgabe der W&V. Abo?