Digitale Transformation:
Warum Mono, wenn Stereo viel besser ist
Kunden treten Unternehmen als eigenständige und selbstbewusste Persönlichkeiten entgegen. Darauf muss sich die Kommunikation ausrichten - auf allen Kanälen. Was das für Ihre Strategie bedeutet.
Manchmal muss man hart sein, wenn die Silicon-Valley-Gurus die Digitalisierung als allein seligmachende Sache anpreisen. "Nein, müssen wir nicht!" kann auch eine sinnvolle Antwort sein. Zu hohe Ansprüche lassen viele resignieren, noch mehr geraten auf mitunter existenzgefährdende Irrwege. In den meisten dieser Fälle mangelt es nicht nur an einer strategischen Einordnung der tatsächlich sinnvollen Maßnahmen. Vielmehr fehlt das grundsätzliche Bewusstsein, dass "die Digitalisierung" eines Unternehmens weitaus mehr als nur kleine Justierungen erfordert und erhebliche Auswirkungen auf etablierte Prozesse, die Unternehmenskommunikation und -kultur hat. Darauf gehen die Autoren des Buches "Chefsache Digitalisierung 4.0" ausführlich ein.
Perspektivwechsel - Consumer Centricity
Die Dimension und Dynamik der Auswirkungen der digitalen Transformation wird deutlich, wenn man den zugrundeliegenden Perspektiv- und Denkwechsel verinnerlicht. Im Zeitalter sozialer Netzwerke und personalisierter Algorithmen stehen der einzelne (!) Kunde und seine situativen (!) Bedürfnisse im Mittelpunkt aller unternehmerischen Entscheidungen und Prozesse. Eine bisher nie gekannte Nähe zum zufriedenen Kunden, die Sicherung der Marktposition im kompetitiven Wettbewerb, mehr Effizienz und daraus resultierend eine höhere Profitabilität - die gesteckten Ziele sind hoch, die dazu erforderlichen Maßnahmen komplex.
Ein völlig gewandeltes Kundenbild und -verständnis ist eine zwingend notwendige Grundlage der Transformation. Über Jahre etablierte Marketing-, Vertriebs- und Kommunikationsstrukturen verlieren an Relevanz, während neue Kanäle plötzlich - oder zumindest in einem ungewohnt schnellen Tempo - den Alltag des Kunden dominieren, seine Erwartungshaltung beeinflussen und - ebenso ungewohnt - sein Selbstbewusstsein gegenüber einem Unternehmen oder einer Marke verändern.
Sprich: die Selbstwahrnehmung des Kunden hat sich bereits verändert. Er betrachtet sich als aktiven und einflussreichen Part eines Kommunikationsprozesses, kennt seinen Wert, will Einfluss nehmen, erwartet individuelle Aufmerksamkeit auf Augenhöhe, ein "Erlebnis" und die Wertschätzung seiner Loyalität. Unternehmen, denen die Strategien, Werkzeuge und Mittel fehlen, diese Kundenbedürfnisse (besser als andere Unternehmen) zu erfüllen, werden sich im digital transformierten Wettbewerb nur noch schwer durchsetzen können.
Der Umgang mit diesen Kunden ist eine enorme Herausforderung, die als Haltung und Philosophie im gesamten Unternehmen nachhaltig verankert werden muss. Ein derart kundenzentriert und damit auf eine langfristige Kundenbeziehung ausgerichtetes Unternehmen muss verinnerlichen, dass jeder einzelne Kontakt mit dem Consumer Auswirkungen hat, die das Unternehmensziel als Ganzes positiv oder negativ beeinflussen können.
Dementsprechend schwierig bis unmöglich ist es, die Consumer Centricity parallel zu weiterhin unveränderten Strukturen aka Silos zu etablieren. Vielmehr muss die Hürde eines abteilungs- und kompetenzübergreifenden Perspektivwechsels mit einem operativen Masterplan genommen werden, der Zeit und Geduld erfordert. Und: Daten.
Daten- und kanalübergreifende Interpretationshoheit
Wenn der Kunde vom Ende der Wertschöpfungskette ins Zentrum aller unternehmerischen Entscheidungen und Prozesse rückt und zukünftig Geschäftsmodelle, Produktportfolios, Vertriebs- und Servicestrukturen aktiv beeinflusst, wird das Wissen über ihn zum eigentlichen Schatz.
Die Grundlage dieses Wissens sind Daten, die wiederum idealerweise der Informations-, Nutzungs- und Interpretationshoheit des Unternehmens unterliegen. Fehlt es an dieser Hoheit, ist ein Unternehmen weder strategisch noch operativ voll handlungsfähig und begibt sich eventuell in eine verhängnisvolle Abhängigkeit von externen Anbietern. Die können andererseits, sinnvoll verknüpft, Daten beisteuern, die auf der Customer Journey (u.U. in Echtzeit) relevant sind: Lokalisierte Bewegungs- und Wetterdaten liefern mitunter erhellende Erkenntnisse, aus denen man Rückschlüsse über ein individuell beeinflusstes Kaufverhalten ableiten kann.
Im unmittelbaren Einflussbereich des Unternehmens liegt dabei eine in sich stimmige Omnichannel-Strategie, mit denen der Kunde über möglichst viele (dann aber: relevante) Kanäle angesprochen wird und seinerseits viele Möglichkeiten hat, erfolgreich mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten. Dies wiederum bedingt, dass man ein situatives Verständnis für die optimale Kommunikation miteinander etabliert und lernt, welcher Kunde wann und wie sinnvoll angesprochen werden möchte - oder, mitunter noch wichtiger, Aufmerksamkeit benötigt. Die Identifikation relevanter "Touch Points" ist für den lokalen Einzelhandel ebenso wichtig wie für den global operierenden Konzern.
Während die Auswahl der zur Verfügung stehenden Kontaktpunkte, an denen relevante Daten gesammelt werden können, durch verschiedene Faktoren beeinflusst bzw. beschränkt werden können (was wiederum optimierbar ist), gibt es bei der internen Nutzung wesentlich niedrigere Hürden - theoretisch. Denn auch hier ist ein Bewusstseinswandel nötig: Kundendaten müssen aus dem Vertriebs- und Marketing-Silo befreit und in einem kundenzentrierten Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette genutzt werden. Sie bestimmen zukünftig Entscheidungsprozesse im Einkauf, in der Produktentwicklung, in der Logistik, der Produktion, im Bereich Finanzen. Marketing, Vertrieb und Einkauf profitieren von einer kundenzentrierten Sortimentsoptimierung und zuverlässigen Erfolgsprognosen individuell ausgespielter Werbemaßnahmen, während Controlling, Strategie und Finanzen die relevanten Informationen für effiziente Entscheidungen erhalten.
Customer Experience: Real Time, Right Time
Die richtige Botschaft, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, in der richtigen Form - auf diese essentielle Formel lässt sich ein verbessertes Kundenerlebnis reduzieren, wenn ein Unternehmen Schritt für Schritt den notwendigen Digitalisierungs-Prozessen Raum gibt. Welche Technologien dabei letztendlich zum Einsatz kommen, ist eher nachrangig. Augmented Reality, Chatbots, Sprachassistenten sind Werkzeuge, deren Effizienz sich in "Beta-Tests" beweisen kann und dabei gegen etablierte(re) Methoden behaupten muss. Weitaus wichtiger ist, dass die technologischen, strukturellen und kulturellen Aspekte der digitalen Transformation und die daraus resultierende Komplexität als strategische Herausforderung verstanden wird. Unternehmen (und Mitarbeiter), die sich verändernde Kompetenzen und Strukturen als Zwang empfinden, stehen ohne eine in diesen Disziplinen erfahrene Beratung vor einem enormen Problem.
Mehr dazu finden Sie hier:
"Das Buch aus der Chefsache-Reihe zeigt auf, welche Bedeutung und Auswirkungen die digitale Transformation auf unser persönliches, gesellschaftliches und berufliches Umfeld hat. Praxisnah lernt der Leser Chancen und Perspektiven kennen, die so offen sind, dass er sie jederzeit für sich adaptieren kann. Es geht um Projekte, Maschinen, Prozesse, Kompetenzen, Führung und vor allem um Menschen. So wird ebenfalls aufgezeigt, wie es bei all der Technologie- und Prozessorientierung gelingt, den Rollen und Bedürfnissen von Führungskräften und Mitarbeitern neu gerecht zu werden."