Medienwächter rüffeln:
Tut RTL zu wenig für Gehörlose?
Die Medienanstalten finden, dass die Sender der RTL-Familie immer noch zu selten TV-Sendungen untertiteln und verweisen auf ProSiebenSat.1, wo es speziell für Hörgeschädigte mehr Angebote geben soll.
RTL hat nach Ansicht der Medienanstalten "nach wie vor" zu wenige Sendungen mit Untertiteln speziell für Hörgeschädigte im Programm. Die Medienanstalten haben sich auf ihrer Gesamtkonferenz in Halle darüber ausgetauscht und den Kölner Sender für sein geringes Angebot an so genannten barrierefreien Formaten kritisiert. Sie verweisen auf Ergebnisse aus einem Monitoring. Ausgehend von der Forderung der Medienwächter, mindestens eine Sendung pro Abend in einem Sender der Gruppe mit Untertiteln anzubieten, haben darin die Medienanstalten erstmals im Sommer 2013 die Zahl der untertitelten Angebote bei der RTL-Familie und auch bei ProSiebenSat.1 ermittelt.
Die Ergebnisse eines erneuten Monitorings in diesem Sommer machen nun den TV-Aufsehern zufolge deutlich, "dass in den Programmen der RTL-Mediengruppe Sendungen mit Untertiteln speziell für Hörgeschädigte auf festen Programmplätzen weiterhin nicht ausgestrahlt werden". Auch bezogen auf Sendungen mit einfachen Untertiteln sei der Anteil wesentlich geringer als bei der TV-Familie von ProSiebenSat.1. Die RTL-Konkurrenz hätte im ihre barrierefreien Angebote im Vergleich zum ersten Monitoring nochmals deutlich ausgebaut, bilanzieren die Medienwächter. Seit Ende 2013 erfüllt damit Konzern hinter ProSieben, Sat.1 oder Kabel eins nach Angaben der Medienanstalten die Forderung nach der Zahl der untertitelten Programme für Gehörlose. Auch haben die Münchner demzufolge angedeutet, dass sie daran arbeiten, im nächsten Ausbauschritt zusätzlich Live-Sendungen zu untertiteln.
Winfried Engel, Vorsitzender der Gremienvorsitzendenkonferenz der Medienanstalten hat nun als nächstes Ziel "intensive und ernsthafte Gespräche mit der RTL-Sendergruppe" vor Augen. Währenddessen kündigt Jürgen Brautmeier, Vorsitzender der Direktorenkonferenz, ein Gutachten zur Mediennutzung behinderter Menschen an und spielt die beiden Senderfamilien gegeneinander aus: "ProSiebenSat.1 hat die Zeichen der Zeit bereits erkannt." Schon drohen die Medienanstalten mit "gesetzlichen Verschärfungen", wenn sich die Lage insbesondere bei der RTL-Familie nicht verbessere
Und was sagt RTL dazu? "Die Mediengruppe RTL Deutschland nimmt die Verpflichtung zur Schaffung barrierefreier Inhalte ernst und zeigt seit Langem zahlreiche Programmangebote optional mit Untertiteln, wie beispielsweise Spielfilme bei RTL, Vox und Super RTL. Einen Schwerpunkt setzen wir auf Formate mit hoher Reichweite wie die EM-Qualifikationsspiele der deutschen Fußballnationalmannschaft bei RTL", betont ein Sprecher der Gruppe. Des Weiteren seit etwa eine Folge der mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichneten RTL-Doku-Reihe "Das Jenke-Experiment" untertitelt worden, in der Jenke von Wilmsdorff das Leben mit körperlichen Handicaps thematisierte. Die Kölner zeigen sich offen für Mehr: "Wir werden die Ergebnisse der Untersuchung der Landesmedienanstalten bewerten und in unsere fortlaufenden Bemühungen einbeziehen", so der Sprecher der Mediengruppe RTL Deutschland.
Welcher Sender wie viele Programme für Hörgeschädigte untertitelt – das hat die Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten bis Ende 2012 ermittelt und in eine Tabelle gefüllt. Sie ist hier zu finden. Deutlich wird, dass die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sender in den vergangenen Jahren den Untertitel-Anteil deutlich erhöht haben. Dass Sender allerdings sorgfältig untertiteln müssen, zeigt eine TV-Panne im Schweizer Fernsehen, wo sexy Texte bei einem Live-Sportbericht eingespielt wurden.
Update: 93 Prozent des Angebots im ARD-Programm sind nach neuesten Angaben inzwischen mit Untertiteln für gehörlose und schwerhörige Menschen versehen. Damit konnte die Untertitelquote seit 2012 nahezu verdoppelt werden. Weiterer Schwerpunkt ist das Hörfilmangebot für Blinde - für 38 Prozent des Hauptabendprogramms im Ersten gab es in diesem Jahr eine Audiodeskription, vor zwei Jahren waren es knapp 21 Prozent. Das Angebot soll weiter ausgebaut werden.