WDR/Prometheus:
Teurer Gottschalk, taffes Gutachten: ARD und ZDF in der Kritik
Zu viel Vertragstreue bei der ARD gegenüber Thomas Gottschalk? Die AG Dok findet 2,7 Millionen Euro an den Entertainer erklärungsbedürftig. Und das zu einer Zeit, in der Gegner von ARD und ZDF das aus ihrer Sicht überteuerte System ganz abschafffen wollen.
Der WDR soll sich wegen der Details eines Millionen-Honorars an TV-Entertainer Thomas Gottschalk erklären. Der Filmverband Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok) fordert Aufklärung von Intendant Tom Buhrow, ob der Kölner ARD-Sender für die vorzeitig abgesetzte Reihe "Gottschalk live" mehr als zwei Millionen Euro ohne Gegenleistung gezahlt habe. Der Sender bestätigt den Eingang eines entsprechenden Schreibens vom Verbandsvorsitzenden Thomas Frickel. "Der WDR ist dabei, die Fakten zu prüfen. Hierbei ist uns Seriosität wichtiger als Schnelligkeit", so eine WDR-Sprecherin gegenüber der "dpa". Die "Bild"-Zeitung hatte am Pfingstwochenende darüber berichtet.
Die Anfrage der AG Dok bezieht sich auf die Vorabend-Talkreihe "Gottschalk live", die Gottschalk von Januar bis Juni 2012 im Ersten moderiert hat. Der WDR hatte die Sendung nach 70 Folgen abgesetzt. Frickel zufolge waren ursprünglich 144 Shows geplant. Er bezieht sich auf interne Papiere, nach denen Gottschalk sich auch bei einem vorzeitigen Aus des Formats vertraglich das vollständige Honorar von rund fünf Millionen Euro habe zusichern lassen. Laut Frickel sind 2,3 Millionen Euro nach Absetzung der Show erklärungsbedürftig, sowie weitere 400.000 Euro für zwei geplante Abendshows, die ebenfalls nicht zustande gekommen seien. Gottschalk lässt über eine Sprecherin mitteilen: "Ich habe alles geliefert, was die ARD bestellt hat. Dafür hat die ARD bezahlt, was vorher vereinbart war."
Das Gezerre um Gottschalks Millionengage ist Öl auf die Mühlen der Gegner des öffentlich-rechtlichen Systems. Dazu zählen etwa Justus Haucap, Professor für Volkswirtschaftslehre der Heine-Universität Düsseldorf, einstiger Vorsitzender der Monopolkommission, Christiane Kehder und Ina Loebert. Sie haben vor wenigen Tagen im Namen des Thinktanks Prometheus – Das Freiheitsinstitut ein Gutachten vorgelegt, das eine radikale Reform der Rundfunkordnung vorsieht. ARD und ZDF sollten demnach weitgehend privatisiert und mit den Erlösen ein Stiftungsfonds gegründet werden, der dann "gesellschaftlich bedeutsame Programminhalte" finanzieren sollte. Für deren Auswahl sei eine unabhängige Kommission zuständig, "die aus Repräsentanten der Zivilgesellschaft bestehen soll und nicht von aktiven Politikern dominiert werden darf". Kurzum: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll in der bestehenden Form abgeschafft werden und stattdessen nach dem Vorbild Neuseelands privatisiert werden, denn die bestehende Form der Finanzierung sei nicht mehr zeitgemäß.
Für diesen "Denkanstoß" an die deutsche Rundfunkpolitik wirkt unter anderem die ARD/ZDF-kritische "FAZ" dankbar, die sich einmal mehr am öffentlich-rechtlichen Gebührentopf mit Einnahmen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro pro Jahr reibt.
ps/dpa