Fußball-Fernsehrechte:
Telekom schnappt sich EM - und sucht Free-TV-Partner
2024 wird die Telekom die Spiele der Fußballeuropameisterschaft 2024 übertragen. Sie sicherte sich die Rechte für ihre Plattform Magenta.
Erstmals schauen ARD und ZDF womöglich in die Röhre: Sie haben die Fernsehrechte für die Fußball-EM 2024 nicht erhalten. Wie sich bereits abgezeichnet hatte, wird die Europameisterschaft stattdessen in Deutschland von der Telekom übertragen. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die EM im Herrenfußball in Deutschen Arenen ausgetragen wird.
Die Deutsche Telekom und ihr Dienst Magenta sicherten sich die Rechte für das Heimturnier, ARD und ZDF sind zum ersten Mal nicht von der Partie. Das letzte Wort ist hier aber noch nicht gesprochen: Sie haben, ebenso wie private Fernsehsender, also zum Beispiel RTL oder Sat.1, die Chance, von der Telekom Sublizenzen zu erwerben und damit doch noch Livebilder von dem Turnier in Deutschland zu zeigen.
"Wir sind weiterhin bereit, zu wirtschaftlich und programmlich akzeptablen Bedingungen Übertragungsrechte am Turnier zu erwerben, um der EM 2024 ihrer gesellschaftlichen Bedeutung entsprechend die größtmögliche Verbreitung in Deutschland zu geben"“, sagte der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm. "Unser Interesse, die EM 2024 in irgendeiner Form im Programm zu haben, besteht weiter. Wir bleiben für Gespräche mit den neuen Rechteinhabern offen", sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut.
Nachdem bereits im September über den sich anbahnenden Deal berichtet wurde, machte die Telekom ihren Coup am Mittwoch offiziell. Die Vereinbarung über die Medienrechte mit der Europäischen Fußball-Union Uefa umfasst die exklusiven Verwertungsrechte für alle 51 Spiele.
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Die Telekom sicherte zu, alle Spiele der deutschen Herrennationalmannschaft sowie weitere EM-Begegnungen würden frei empfangbar sein. Das gelte auch für die Halbfinalspiele und das Finale. Magenta TV kostet normalerweise knapp 8 Euro Abogebühr im Monat (ohne Festnetzvertrag bei der Telekom). Magenta Sport kostet (ohne Telekom-Festnetz) rund 10 Euro pro Monat.
Die Telekom prüft eine mögliche Sublizenzierung an einen Free-TV-Partner. Neben den Öffentlich-Rechtlichen gilt der Privatsender RTL als Kandidat; RTL zeigt aktuell die EM-Qualifikationsspiele der deutschen Mannschaft.
Alle Interessenten wollen erst einmal abwarten, welche Angebote die Telekom macht. "Mit Blick auf die EM 2024 warten wir nun erst einmal ab, welche Lizenzierungspläne die Telekom überhaupt verfolgt", sagte ein RTL-Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur DPA.
"Es gibt keinen konkreten Zeitplan für uns. Wir stehen offen für Gespräche mit allen Partnern", sagte Michael Hagspihl, der Geschäftsführer Privatkunden der Telekom.
Die Partien 2024 werden über auf die TV- und Streamingplattformen der Telekom übertragen. Sie sollen in Deutschland flächendeckend für die gesamte Gesellschaft zugänglich sein. "Wir werden alles tun, damit die Heim-EM zu einem Fest für die Fans wird und alle dabei sein können", sagt Hagspihl. Uefa-Marketingdirektor Guy-Laurent Epstein freute sich, "so früh einen sehr starken Medienpartner gefunden zu haben".
Die Fußballeuropameisterschaften waren bisher fest in der Hand von ARD und ZDF und sind es auch 2020 noch. Anders sieht es bei der Berichterstattung von den Weltmeisterschaften aus. Bei der WM 2002 in Japan und Südkorea hatte in Sat.1 erstmals auch ein deutscher Privatsender WM-Spiele live übertragen. RTL hatte einige 2006 und 2010 gezeigt. Der Pay-TV-Sender Premiere, der jetzt Sky heißt, war von 2002 bis 2010 dreimal dabei.
Die Telekom besitzt bisher nur kleinere Sportrechte. Sie zeigt unter anderem als Bezahlangebot die Basketballbundesliga, die Deutsche Eishockey Liga (DEL) und Livespiele aus der dritten Fußballliga. Zuletzt waren die Spiele der Basketball-WM bei Magenta kostenfrei im Internet zu sehen. Magenta bündelt außerdem die Mediatheken zahlreicher Fernsehsender.
Was das für Werbekunden bedeutet
Als deutsche Sponsoren sind zur EM 2024 bereits VW (DFB & Uefa) und Adidas (Uefa) dabei.
Vorteil für Werber: Bisher waren die Abendspiele aufgrund der Ausstrahlung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen quasi werbefrei - nun können Werbekunden auch die attraktiven Primetime-Partien buchen. Billiger könnte es unter Umständen auch werden.
Nachteil für Werber: Bei ARD und ZDF erreichten die Fußballwettbewerbe zuletzt noch immer Traumquoten. Im Schnitt sahen bei der EM 2016 pro Spiel im Schnitt gut 13 Millionen Menschen zu. Insgesamt waren 59,8 Millionen Zuschauer dabei, das bedeutet, fast 80 Prozent der potenziellen Zuschauer schauten mindestens ein Spiel (Quelle: ARD Werbung). Telekom hatte Ende 2018 mit Magenta 4,3 Millionen Kunden (Haushalte). Mit attraktiven Angeboten und Eigenproduktionen wolle man aber wachsen: Ziel sind erst einmal 10 Millionen Kunden.
Die Telekom kündigte heute außerdem an, dass der neue Magenta-TV-Netflix-Tarif nun auch den Streamingdienst Netflix umfasst. Und noch in diesem Jahr soll es einen Magenta-TV-Stick geben, der die Plattform unabhängig vom Internetanbieter auf den Fernseher bringt. (sh/mit dpa)