
Springers WAZ-Offerte: Im Gesamtpaket nicht machbar
Die WAZ würde in Teilen sehr gut passen zu Springers Portfolio. Medienwissenschaftler Horst Röper zeigt aber auf, dass das Kartellamt einen Großeinstieg Mathias Döpfners tatsächlich verhindern würde.
Der Medienwissenschaftler Horst Röper stuft das überraschende Angebot des Springer-Vorstandchefs Mathias Döpfner für Teile der WAZ-Gruppe als "sehr, sehr ungewöhnliches Unterfangen" ein. Röper stützt aber auch Döpfners Bedenken hinsichtlich der Machbarkeit: "Das Gesamtangebot ist für mich aus kartellrechtlichen Gründen nicht durchsetzbar", so Röper in einem Expertengespräch mit der Nachrichtenagentur "dpa". Dies gelte etwa für die Zeitungen in NRW, in Braunschweig oder in Thüringen.
Bei den Programmzeitschriften und Frauenzeitschriften sieht der Konzentrations-Forscher dagegen keine kartellrechtlichen Probleme. Allerdings wirft dieser Part Fragen bei Röper auf: "Warum sollten die WAZ-Manager den renditestarken Zeitschriftenbereich aus der Hand geben, solange es bei den Tageszeitungen Probleme am Markt gib?" Zu Springer passen könnte auch das Südosteuropa-Geschäft der WAZ-Gruppe, etwa in Ungarn. Horst Röper äußert sich zudem verwundert darüber, dass Springer "dezidierte Preisvorstellungen" ohne genaue Kenntnis der Geschäftszahlen abgebe. Das Angebot von Springer-Chef Mathias Döpfner bewerte die WAZ-Gruppe deutlich höher als dies bei internen Verkaufsgesprächen zwischen den bisherigen Eigentümern bislang der Fall gewesen sei. Damit streue Döpfner "jetzt richtig Salz in viele Verhandlungsrunden", sagt der Geschäftsführer des Formatt-Instituts der "dpa" in Dortmund. Im Prinzip treibt Döpfner den Preis nach oben.
Am Freitag erst ist durch das "Manager Magazin" ein Brief von Springer-Chef Döpfner an die WAZ-Eigner und den Testamentsvollstrecker der Brost-Gruppe bekannt geworden. Darin äußert er Interesse an einzelnen Teilen der WAZ-Gruppe und bewertet den gesamten Medienkonzern mit 1,4 Milliarden Euro. Das Angebot platzt in interne Verkaufsverhandlungen der beiden Eigentümerfamilien des großen Zeitungs- und Zeitschriftenverlages von der Ruhr. Die Gruppe gehört zu jeweils 50 Prozent den Nachkommen ihrer Gründer: den drei Töchtern von Jakob Funke und den drei Enkelkindern von Erich Brost mit Peter Heinemann als Testamentsvollstrecker. Funke-Tochter Petra Grotkamp hatte den Brost-Erben Ende August das Angebot gemacht, deren Hälfte am Verlag für rund 470 Millionen Euro zu übernehmen.
Ein Springer-Vorstoß würde den Plänen der Funke-Tochter aber in die Quere kommen, da der genannte Gesamtpreis von 1,4 Milliarden Euro das Verlagshaus deutlich höher bewertet. Grotkamp hat die Offerte fix zurückgewiesen. Die gesamte Funke-Gruppe ließ noch am Freitag erklären, sie sei derzeit an einem Verkauf auch von Geschäftsanteilen der WAZ-Gruppe nicht interessiert. Heinemann hat das Angebot in Anlehnung an ein Bibelzitat knapp kommentiert: "Prüfet alles und behaltet das beste."
Und so sieht das Unternehmen aus: In der WAZ-Gruppe erscheinen mehr als 27 Tageszeitungen mit mehr als 2,5 Millionen Exemplaren Auflage und zahlreiche Zeitschriften in ganz Europa. Die Gruppe ist mit einem Umsatz von 1,1 Milliarden Euro einer der größten Regionalzeitungsverlage Europas. Außerhalb Deutschlands ist sie in Österreich, Albanien, Kroatien, Mazedonien, Russland, Serbien und Ungarn aktiv. Die Axel Springer AG ist Deutschlands größter Zeitungs- und drittgrößter Zeitschriftenverlag.