Kommentar zum Prozess-Beginn :
Späte Reue bei "Bild"? Diekmann setzt sich für Wulff ein
Kai Diekmann und "Bild" haben massiv zum Sturz von Christian Wulff beigetragen. Zum Prozessauftakt gegen den Ex-Bundespräsidenten stimmt Diekmann versöhnliche Töne an
So manch einer dürfte sich die Augen reiben, wenn er am Donnerstag "Bild" liest oder die Website der Springer-Boulevardzeitung besucht. Der Start des Prozesses gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist dort umfangreich thematisiert. Ins Auge sticht indes ein Kommentar von Chefredakteur Kai Diekmann, der das Gerichtsverfahren für überflüssig hält (!). Wir erinnern uns: Diekmann war es, der massiv mit Berichten über Drohanrufe des Politikers dazu beigetragen hat, dass Wulff zu Fall gebracht worden ist. Diekmann war es auch, der es sich nicht nehmen ließ, vom fernen Silicon Valley aus das Ehe-Aus zwischen Christian und Bettina Wulff persönlich in der "Bild" zu verkünden.
Nun kommentiert Kai Diekmann den Prozess gegen Wulff, der am Donnerstag in Hannover beginnt, mit den Worten: Wulff sei "gestraft genug". "Nach umfassendsten Ermittlungen bleibt vom Vorwurf der Käuflichkeit ein Betrag von 719,40 Euro. Alles andere ist vom Tisch!", so Diekmann, der nochmals die Vergehen des ehemaligen ersten Mannes im Staat auflistet. Abschließend meint der "Bild"-Lenker: "22 (!) Verhandlungstage wäre dafür kein anderer Bürger vor Gericht gezerrt worden." Ist das späte Reue?
Die Chefredakteure der deutschen Presse sehen das übrigens anders, wie ein weiterer Artikel in der aktuellen "Bild" kundtut. Die Mehrheit der vom Tagesblatt befragten Chefschreiber findet den Prozess gegen Christian Wulff konsequent und richtig.