
Detaillierte Überprüfung:
So will die Berliner Zeitung mit der Causa Friedrich umgehen
Stasi-Tätigkeit, Schleichwerbung - die Zeitung will die Vorwürfe gegen ihren Neu-Verleger Holger Friedrich minutiös aufarbeiten.

Foto: Berliner zeitung/Paulus Ponizak
Eigentlich wollte das Neu-Verlegerpaar Silke und Holger Friedrich mit dem Kauf des Berliner Verlags frischen Wind in die Zeitungsbranche bringen. Seit Ende vergangener Woche weht dieser Wind den beiden aber eher etwas ungemütlich entgegen.
Gleich zwei Baustellen taten sich zum vergangenen Wochenende auf: Eine davon, Holger Friedrichs zeitweilige Stasi-Mitarbeit während der DDR-Zeit, wurde von der Welt recherchiert. Eine zweite Geschichte deckte der Spiegel auf: Die Berliner Zeitung hatte kürzlich über das ostdeutsche Biotech-Unternehmen Centogene berichtet – allerdings in dem Beitrag nicht erwähnt, dass Friedrich im Aufsichtsrat des Unternehmens sitzt und laut US-Börsenaufsicht über eine in Berlin ansässige Firma daran beteiligt ist.
Fakten Sammeln
Für den Berliner Verlag eine überaus heikle Situation. Die Redaktion, die von den Neuigkeiten offenbar kalt erwischt wurde, hat nun angekündigt, die Sache detailliert aufzuarbeiten. Die beiden Chefredakteure der Berliner Zeitung, Jochen Arntz und Elmar Jehn, haben einen Brief "In eigener Sache" an die Leser verfasst, in dem sie unter anderem erklären, wie sich die Gemengelage derzeit darstellt.
Und zwar so: Die Berliner Zeitung werde über den Fall berichten, "wie sie auch sonst berichten würde. Journalistisch klar und unabhängig", schreiben die beiden Blattmacher. "Wir werden Fakten sammeln, wir wollen die Akten – die Opfer- und die Täterakte – einsehen. Die Redaktion wird sich ein Bild machen und auch Experten bitten, sich ein Bild zu machen. Sie wird auch versuchen, mit Menschen zu reden, die in den Akten auftauchen. Holger Friedrich hat der Redaktion ausdrücklich zugesichert, sie auf diesem Weg zu unterstützen."
Unbefriedigende Antwort
Die Redaktion habe Friedrich auch bereits gefragt, warum er nicht schon früher, bei der Übernahme des Verlags, von seiner Vergangenheit gesprochen hätte. Er habe der Redaktion zu verstehen gegeben, "dass er dieses Thema für sich abgeschlossen hatte." Das sei für viele in der Redaktion und im Land nicht befriedigend.
Im Rahmen der Aufarbeitung wolle man außerdem eine Debatte anstoßen. Eine mit dem Verleger über seine Verantwortung. Die andere mit den Lesern: "Über die Frage, wieso die Deutschen dreißig Jahre nach dem Mauerfall nicht weiter gekommen sind in der Pflicht, uns unserer Verantwortung zu stellen und unsere besondere Geschichte eines geteilten Landes in all ihrer Härte zu erkennen."
"Es gibt gewisse Spielregeln"
Auch die Centogene-Geschichte hat noch ein Nachspiel. Laut der Berliner Zeitung hatte Friedrich dem Herausgeber und der Chefredaktion den Hinweis gegeben, dass Centogene Weltmarktführer in der gentechnischen Analyse sei und dessen Börsengang ein Anlass zur Berichterstattung sein könnte. Nur: „Weder der Chefredaktion noch den beiden Wissenschaftsredakteuren war zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass Holger Friedrich an dem Unternehmen beteiligt ist. Wäre das anders gewesen, hätte die Redaktion diese Information in den Artikel mit aufgenommen", so die Zeitung. Künftig werde die Redaktion "für Transparenz sorgen" und in der Berichterstattung prüfen, "ob geschäftliche Interessen des Unternehmerehepaares Friedrich oder des Medienhauses berührt seien."
Michael Maier, der neue Herausgeber der Berliner Zeitung, hat sich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung ebenfalls zu dem Fall geäußert. Er übt Kritik – plädiert aber auch für etwas Nachsicht: "Falsch war, nicht zu erwähnen, dass der Verleger im Aufsichtsrat sitzt. Das war mir und der Redaktion nicht bekannt. Die Jung-Verleger haben mittlerweile sicher verstanden, dass es gewisse Spielregeln gibt, die man am besten übergenau einhält."
Fest steht: Den Nimbus der innovativen und unkonventionellen Blattmacher, die die Zeitung mit frischen Ideen in eine neue, digitale Zukunft führen wollten, sind die Friedrichs nun erst einmal los. Ihre Antritts-Ankündigung, mit ihrem Engagement der herrschenden "Politik- und Medienverdrossenheit" entgegenzuwirken, setzten sie auf diese Art jedenfalls nicht um.