Neuer Vergleich?:
So könnte Kirch die Deutsche Bank doch in die Knie zwingen
Zehn Jahre nach der Pleite des Kirch-Konzerns droht der Deutschen Bank doch noch eine teure Niederlage. Showdown ist am Freitag in München...
Im milliardenschweren Schadenersatzprozess der Erben und Insolvenzverwalter von Leo Kirch gegen die Deutsche Bank kommt es am Freitag zum Showdown: Das Oberlandesgericht München hat "die umfassende Erörterung aller in diesem Verfahren aufgetretenen Fragen" angeordnet und das persönliche Erscheinung von Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen angeordnet. "Erst nach dieser Erörterung wird der Senat entscheiden, ob und gegebenenfalls wie weiter zu verhandeln ist", teilt das Gericht mit.
Dass ein Urteil nach jetzigem Stand für die Deutsche Bank teuer werden könnte, haben die Richter schon deutlich gemacht. Für eine mögliche Zahlung hat die Deutsche Bank bisher keine Rückstellung gebildet; bisher sind ja alle Klagen abgewiesen worden, ein erster Vergleich ist gescheitert. Der 75-jährige Rolf Breuer müsste damit rechnen, von der Deutschen Bank in Regress genommen zu werden. Eine Anklage der Staatsanwaltschaft München gegen Breuer und seinen Nachfolger Josef Ackermann wegen versuchten Prozessbetrugs könnte näher rücken. Von einem Geldregen profitieren würden auf der einen Seite Kirch-Geschäftsführer Dieter Hahn und die Familie des 2011 verstorbenen Leo Kirch, auf der anderen Seite die Gläubiger des Kirch-Konzerns. Vor allem die BayernLB, die HypoVereinsbank und die Commerzbank haben noch hohe Forderungen an die Insolvenzverwalter. Insgesamt sind aus der Kirch-Pleite noch mehrere Milliarden Euro offen.
Seit der Insolvenz der KirchMedia im April 2002 hat Leo Kirch die Deutsche Bank und ihren damaligen Vorstandschef Rolf Breuer mit Klagen überzogen. Breuer habe die Pleite verschuldet mit seinem Interview im Februar 2002, in dem er - "nach allem, was man hören und lesen kann" - bezweifelte, dass der mit gut sechs Milliarden Euro verschuldete Kirch noch frische Bankkredite bekommen werde. "Der Rolf hat mich erschossen", hatte der im Sommer 2011 verstorbene Kirch geklagt. Der Bundesgerichtshof bestätigte 2006 Kirchs Anspruch auf Schadenersatz im Prinzip: Kirch hatte seine Beteiligung an Axel Springer für einen Kredit bei der Deutschen Bank verpfändet, und über einen Kreditkunden hätte Breuer nicht so sprechen dürfen.
Aber ob überhaupt ein Schaden entstand und in welcher Höhe - das sollten die Gerichte im nächsten Schritt klären. Das Münchner Landgericht lehnte die Klage von Kirchs KGL-Pool über gut zwei Milliarden Euro ebenso ab wie die Klage der Kirch-Printbeteiligung GmbH über 1,3 Milliarden. Aber im Februar 2011 eröffnete der OLG-Senat von Richter Guido Kotschy den Berufungsprozess der KGL-Pool. Und es kam zur Wende: Der ehemalige Staatsanwalt Kotschy schlug einen Vergleich vor: 775 Millionen Euro sollte die Bank an Kirch zahlen, und damit sollten alle Forderungen beglichen sein. Im Februar 2012 wäre der damalige Bank-Chef Josef Ackermann fast darauf eingegangen - der Deal scheiterte aber im letzten Moment.
Jetzt könnte es teurer werden. Denn Kotschy hält es laut "dpa" für "sehr wahrscheinlich", dass die Bank Kirch damals unter Druck gesetzt hat, um bei der Sanierung des Medienkonzerns Geld zu verdienen. Auf Einladung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder hatte Breuer im Januar 2002 mit Verlegern über Kirch gesprochen. Die Bank wurde gebeten, als Vermittler tätig zu werden. Wenige Tage später bezweifelte Breuer im TV Kirchs Kreditwürdigkeit. Und dann bot er Kirch Hilfe an. Die Bank habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass Kirchs Bewegungsfreiheit weiter eingeengt wurde, vermutet das Gericht. Allerdings wäre ein Urteil des Oberlandesgerichts juristisch nicht das letzte Wort. Die unterlegene Seite würde in dem Streit um Milliarden den Bundesgerichtshof anrufen. Um endlich einen Schlussstrich zu ziehen, dürfte Kotschy am Freitag deshalb erneut für einen Vergleich werben. Vielleicht findet er bei Ackermanns Nachfolger Fitschen offene Ohren.
ps/dpa