Netzaufreger:
Rügenwalder verärgert Fleischliebhaber - mit Ökostrom
Erst Shitstorm - und dann konzertierte Unterstützung: Mit einem an sich harmlosen Posting löste Rügenwalder heftige Netzreaktionen aus.
Der Wursthersteller Rügenwalder produziert noch immer das, wofür die Marke bekannt geworden ist: Wurst aus Fleisch. Ergänzend bietet das Unternehmen schon seit 2014 Produkte für Vegetarier an, inzwischen auf vegane Sorten. Mehr Angebot statt Verzicht: Kein Grund zur Aufregung.
Seit 2016 produziert Rügenwalder nach eigenen Angaben ausschließlich mit Ökostrom, seit Mitte 2019 kommt der vom Energielieferanten Entega, weil dieser das Gütesiegel "Ok Power" trägt. Woher der Strom kommt, der die Herstellung von Wurst und pflanzlichen Aufstrichen erlaubt, merkt der Kunde eigentlich gar nicht. Kein Grund zur Aufregung.
Möchte man meinen. Doch beide Infos - vegane Wurst, hergestellt mit 100 Prozent Ökostrom - verbreitete Rügenwalder am 14. November als Twitter-Botschaft und auf Facebook, weil die Firma den November zum Monat des Klimaschutzes ausgerufen hat. Zeitgemäß zum Thema Klimaschutz: Für Menschen, denen das wichtig ist, kann das ein Kaufargument sein. Für alle anderen ist es buchstäblich Wurst. Eigentlich.
Stattdessen löste der Beitrag von Rügenwalder einen mittelschweren Proteststurm aus, vor allem am 18. und 19. November ging es rund. Empörte Fleisch-Fans und Klimawandelleugner reagierten mit zornerfüllten Tweets und Facebook-Kommentaren, darunter diesen:
Erreicht zu haben scheinen die Protestierer damit allerdings das Gegenteil. Sie riefen die Verteidiger auf den Plan - und mit Reichweite einiger bekannter Twitterer wie @xPandorya (383.200 Follower), Rezo (@rezomusik, 275.000 Follower), @DerGraslutscher (10.200 Follower), Union Watch (@watch_union, 16.700 Follower) und Blogger @Gronkh (1,3 Mio.) kippte die Stimmung. Von den weit über 340 Kommentaren ist die Mehrheit inzwischen positiv.
Auf einmal bekommt Rügenwalder, Tage nach dem Tweet, haufenweise Gratiswerbung im Social Web.
Rügenwalder selbst nimmt es gelassen. Man habe, sagen die Geschäftsführer Godo Röben und Lothar Bentlage (unten), eine "rege und am Dialog orientierte Community, auf die wir auch sehr stolz sind". Daher sei der Austausch nicht ungewöhnlich.
"Dass nicht alle Follower jeden unserer Posts super finden, damit können wir leben, denn egal ob Fleischfans, Flexitarier oder Veganer: Wir wollen niemanden bevormunden oder den Menschen vorschreiben, wie man sich zu ernähren hat. Unterschiedliche Meinungen sind hier völlig normal", machen die Firmenchefs klar. Über die positiven Reaktionen, die sogar von bekannten Influencern kamen, freuen sie sich trotzdem.
Übrigens: Die im oben zitierten Posting von Kraftfuttermischwerk erwähnten Social-Media-Leute von Rügenwalder, die mit Protestwellen wie dieser umgehen, ist vor allem Franziska Sitzlach, unterstützt von ihrer Kollegin Gabriele Soballa (PR-Chefin). Wenn es rund geht, packen die Social-Media-Agentur von Rügenwalder, Brawand Rieken, und die PR-Agentur Engel & Zimmermann mit an.