Neukundenwerbung mit Kleingedrucktem

Bei der Neukundenwerbung dagegen macht Rewe derzeit alles falsch, was man falsch machen kann. Denn eigentlich soll Werbung so einfach wie möglich sein. Eine klare Ansage wie "Wir schenken Ihnen 15 Euro Rabatt auf Ihre erste Bestellung ab 70 Euro" - das wäre der richtige Weg. Doch was macht Rewe?

Prospekt von Rewe lockt auf den ersten Blick mit Rabatten.

Prospekt von Rewe lockt auf den ersten Blick mit Rabatten.

Gekennzeichnet mit drei Sternen listet Rewe fein säuberlich das Kleingedruckte auf: Gültig nur bei einem Mindestbetrag von 70 € für Neukunden und nur bis 27.1.2019. Maßgeblich das Datum der Lieferung, nicht der Bestellung.

Auf gut Deutsch: Wer am letzten Tag der Kampagne bestellt, die Lieferung aber erst am nächsten Tag erhält, hat verloren. Tja, lieber Kunde, hätteste halt die Details gelesen.

Und weiter geht es im Kleingedruckten: Für das Erreichen des Mindestrechnungsbetrags unberücksichtigt bleiben Rewe Paketservice-Artikel, Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Tabakwaren, Geschenk- und Guthabenkarten, Tchibo-Artikel, Zuzahlungen für Treue-Punkte-Artikel, Pfand, Sperrgut-Aufschlag und Servicegebühren (bspw. Liefergebühren).

Warum die Ausnahmen? Ist die Marge auf Zeitschriften oder Tchibo-Artikel geringer? Und selbst wenn dem so ist: Nimm das doch einfach hin, Rewe. Es geht nur um den ersten Einkauf von hunderten oder tausenden Käufern in Zukunft.

Doch es wird noch komplizierter: Bei dem Mindestrechnungsbetrag handelt es sich um den in der Rechnung ausgewiesenen und vom Kunden zu zahlenden Betrag (abzüglich der oben genannten Produkte) und nicht um den Bestellwert.

Bestellwert? Mindestrechnungsbetrag? Häh?!

Es geht munter weiter: Der gutgeschriebene Betrag wird nicht im Bestellvorgang angezeigt, sondern erst nach Abschluss des Bestellvorgangs in der übersandten Rechnung.

Man lasse den Kunden am besten auch noch im Unklaren, ob er denn den Rabatt nun bekommt oder nicht. Warum sollte man den Kunden auch ernstnehmen? Er ist doch nur Kunde.

Bestandskunden zahlen drauf

Noch weniger reizvoll, Sie ahnen es sicher, ist das Rabattangebot, das Rewe den Bestandskunden anbietet. Die Konditionen im Kleingedruckten sind dieselben - nur bekommen treue Rewe-Besteller lediglich 7 Euro Rabatt - für einen höheren Mindestbestellwert.

Liebe Marketingabteilung: Durch drei Sterne wird das Kleingedruckte nicht besser oder gar verständlicher. Wer das Kleingedruckte gelesen hat, wird sich unwillkürlich fragen, wie viel er denn nun bestellen muss, um in den Genuss der 15 (oder 7) Euro Rabatt zu kommen.

Wer das Kleingedruckte nicht gelesen hat, wird sich vielleicht wundern, dass er eine Bestellung in Höhe von 73 Euro getätigt hat und trotzdem keinen Rabatt bekommt. So oder so ist Frust vorprogrammiert. Dabei ist Frust doch eigentlich genau das Gegenteil dessen, was man mit Werbung erreichen will.

Warum, liebes Rewe-Team, es so kompliziert machen? Warum nicht einfach für den ersten Kundenkontakt hinnehmen, dass man etwas draufzahlt?

Denn langfristig werden immer mehr Kunden online bestellen. Und so werden sich die Neukunden auch rechnen. Legt dem Kunden also nicht solche dummen Hürden in den Weg, sonst habt ihr den Kunden nicht verdient. Und dann geschieht es euch nur recht, wenn die Kunden Amazon Fresh in die Arme laufen, weil sie dort nicht veräppelt werden.


Autor: Yvonne Göpfert

ist Expertin für digitales Marketing und Multichannel-Commerce. Sie liebt VR, AR und ein bisschen auch KI und probiert aus, was die neuen Technologien so leisten. Zum Stressausgleich beschäftigt sie sich ganz analog mit Kräutern. Und mischt sie zu Tinkturen, Hustensirup oder leckeren Kochrezepten.