W&V Sie sind besonders wichtig und präsent für den Außenauftritt des Unternehmens und der Marke Sixt. Sehen Sie sich als Markenbotschafterin?
Sixt Ja, schon. Ich glaube, mein Mann ist dankbar dafür, dass ich das Gesicht von Sixt nach außen repräsentiere, weil er oft zu beschäftigt ist, um selbst bei den vielen Empfängen präsent sein zu können. Ich habe die Rolle der Markenbotschafterin gerne übernommen. Ich bin überall dort, wo ich Sixt nützlich sein kann. Deshalb bin ich auch Mitglied in annähernd 100 Organisationen und Vereinen – und ständig auf Reisen, um Sixt in die Welt hinauszutragen und dabei unseren „Spirit of Mobility“ zu verbreiten.

W&V Andere Länder, andere Sitten. Auf welche länderspezifischen Eigenheiten muss man besonders aufpassen, wenn man mit der Marke Sixt auftritt – sei es von Werbemotiven bis hin zum Sixt-Counter?
Sixt Ich habe zum Beispiel all unsere Uniformen selbst entworfen, bis in jede Einzelheit. Ich habe Teile genommen, die ich selbst gerne anziehe, und sie zu einer Uniform zusammengefügt. Die Mitarbeiterinnen am Counter müssen sich wohlfühlen, schön sein und nicht einfach in einer Uniform stecken. Sie sollen die Kleidung gerne anhaben und sie fröhlich tragen. Die Mitarbeiterinnen müssen sich damit identifizieren. Darum nenne ich unsere Uniformabteilung ­„Fashionstore“ und die Mitarbeiter bestellen „Prêt-à-porter“.

W&V Sixt-Angestellte sehen überall unterschiedlich aus?
Sixt Die Uniform ist das Erkennungszeichen von Sixt. Eine Sixt-Mitarbeiterin ist etwas Besonderes – sie ist schicker als andere. Was schick ist, bedeutet natürlich in jedem Land etwas anderes. Natürlich müssen die Uniformen auf die jeweiligen Kulturkreise abgestimmt werden. In Saudi-Arabien habe ich für die Mitarbeiterinnen einen Schleier gemacht. Ich kann natürlich einer jungen Frau in Saudi-Arabien keinen kurzen Rock anziehen. In Italien und Spanien beispielsweise, wo die Mädchen schlank sind und schöne Beine haben, gibt es Bermudas, schwingende Röckchen und kurze Jäckchen. In den kalten Ländern gibt es warme Bluson-Jacken, und in den Lkw-Stationen Jacke-Hosen-Kombinationen, damit die männlichen Kunden nicht auf dumme Gedanken kommen.

W&V Arbeiten Sie mit Modeberatern zusammen?
Sixt Nein. Ich kaufe gerne schöne Mode und lasse mich dadurch inspirieren. Ich brauche keinen Berater. Das Wichtigste ist doch, dass man auch mit der Mode niemals Menschen kränkt oder verletzt.

W&V So etwas kann man auch unabsichtlich machen . . .
Sixt Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede, deshalb ist die Expansion in andere Länder eine Aufgabe, die Fingerspitzengefühl und auch Respekt für die fremde Kultur erfordert. Zum Beispiel funktioniert die Werbung, für die wir bekannt sind, nicht in allen Ländern gleich.

W&V Bedeutet das, die Sixt-Dependancen in den Ländern dürfen ihre eigenen Werbeagenturen beschäftigen?
Sixt Sie müssen sich an die Corporate Identity halten. Der Mitarbeiter vor Ort kann alle Broschüren, die wir entwickeln, online abrufen. Er kann seine Botschaft kreieren mit den Tools, die wir ihm geben. Die Mentalität erarbeiten wir gemeinsam. Schließlich kann ich dem Saudi kein spezifisch deutsches Motiv aufdrücken. Aber prinzipiell sollten Mitarbeiter und auch Franchise-Nehmer bei uns wie Unternehmer im Unternehmen handeln: Sie sollen kreativ sein und eigene Entscheidungen treffen, um Kunden zufriedenzustellen.

W&V Das ist leicht gesagt. Geben Sie Ihren Mitarbeitern tatsächlich diese Freiheit?
Sixt Ich will sie dafür motivieren. Wir haben unsere 100 Länder aufgeteilt in acht Area Divisions – nach Kulturkreisen. Einmal im Jahr stimmen wir die Mitarbeiter bei einem Treffen auf Sixt ein. In diesem Jahr hole ich alle Mitarbeiter aus den acht Divisions hierher ins Hauptquartier. Wir gehen gemeinsam auf eine Berg-Expedition, für die sich alle gut vorbereiten müssen. Wer auf dem Gipfel angekommen ist und einige Tests bestanden hat, erhält eine Auszeichnung bei unserem anschließenden Treffen in Istanbul. Das schweißt zusammen. Bei den Meetings umarmt der Israeli den Saudi und der Iraki umarmt den Israeli. Wo sonst gibt es so etwas? Wir sind eine Sixt-Familie. Ich mache das Marketing nicht für die Menschen, sondern mit den Menschen.

W&V In Ihrem Unternehmen können also nur sportliche ­Menschen arbeiten?
Sixt Bei mir müssen alle fit sein, um so schnell laufen zu können, wie ich vorauslaufe.

W&V Apropos Familie: Viele Unternehmen haben ein Problem, wenn es um die Nachfolgeregelung geht, weil der Nachwuchs nicht in die Firma einsteigen will oder noch zu jung ist. Haben Sie und Ihr Mann dieses Thema bereits geregelt?
Sixt Vergessen Sie nicht, wir sind eine börsennotierte Aktiengesellschaft, in der der Aufsichtsrat über den Vorstand zu entscheiden hat. Ich habe zwei wunderbare Söhne. Beide sind hochqualifiziert mit Abschlüssen auf internationalen Universitäten. Aber sie müssen alle notwendigen Kriterien erfüllen, um bei Sixt in Führungspositionen zu gelangen. Wir haben alle unsere Bereiche: Mein Sohn Konstantin ist verantwortlich für das gesamte E-Commerce und Online-Marketing, und Alexander ist Head of Corporate Development and Strategy. Und zum Thema Nachfolger kann ich noch sagen: Ich habe den Namen Sixt erhalten und bin mit den Unternehmer-Genen infiltriert. Auch meine Söhne leben diesen Geist. Die Aktionäre profitieren von diesem Sixt-Family-Spirit. Es gibt keinen Herrn Europcar, keine Frau Avis und keine Familie Hertz. Es gibt aber einen Herrn Sixt, eine Frau Sixt und die beiden jungen Sixt. Aber damit kein Missverständnis aufkommt: Mein Mann hat unzählige Male erklärt, dass er noch lange nicht an Rente denkt.

W&V Derzeit erlebt die gesamte Branche ja auch schwere ­Zeiten. Selbst Marktführer Sixt büßt Umsatz und Gewinn ein. Hat sich das Buchungsverhalten der Menschen in Bezug auf Mietwagen durch die Krise verändert?
Sixt Ja und nein. Der Geschäftsreisemarkt ist sicher von der Krise betroffen, aber die Ferienreisen sind weiterhin ungebrochen. Der Deutsche und auch der Engländer wollen in den Urlaub fahren und mieten sich dafür ihr Ferienauto. Ebenso der Franzose, der weiterhin von Paris an die Küste fährt. Amerikaner wollen Good Old Europe mit dem Auto erkunden, um ihre Wurzeln zu suchen.

W&V Aus Amerika stammt das Thema Social Media. Plattformen wie Facebook und Twitter sind in aller Munde. Was halten Sie von diesen neuartigen Werbekanälen?
Sixt Social Media ist ein essentieller Baustein des Sixt-Marketings. Wir sind in diesem Bereich sehr aktiv. Jedes Land betreut zum Beispiel seinen Facebook-Auftritt in der jeweiligen Landessprache. Es wird lokal gefüttert. Ich persönlich bin aber kein Freund von Facebook. Ich finde es furchtbar, wenn jemand damit angibt, wie viele Menschen er auf seinem Facebook-Account hat. Warum sollte ich mein Leben wildfremden Menschen öffnen?

W&V Trotzdem erlauben wir uns eine private Frage: Was ist Ihr persönliches Lieblingsfahrzeug?
Sixt Zu meiner großen Freude habe ich die Möglichkeit, immer wieder wechseln zu können. Aber mein Auto muss ein Cabrio sein. Ich will das Dach aufmachen können und die Freiheit atmen, auch im Winter.


Autor: Rolf Schröter

Rolf Schröter ist Chefredakteur der W&V und interessiert sich nicht nur deshalb prinzipiell für alles Mögliche. Ganz besonders für alles, was mit Design und Auto zu tun hat. Auch, wenn er selbst gar kein Auto besitzt.