Werbeliebe-Student Kratz sah das nicht ganz so und pochte auf verlässlichere Konditionen: Viele Studenten müssten Schulden, die sie wegen des Studiums aufgenommen hätten, zurückzahlen, das ginge schlecht mit einem gering bezahlten Agenturjob. Die Unternehmensseite sei da einfach attraktiver. "60 bis 70 Stunden zu arbeiten ist kein Thema," fügte sein Kollege Alexander Schulze hinzu. Aber mit 2.300 Euro verdienten die Einsteiger im Vergleich zu anderen Branchen einfach zu wenig. Auch Michael Geffken von der Leipzig School of Media sprang ihm bei. Im Kampf um die guten Leute hätten die Agenturen häufig das Nachsehen, Geffken sagte an Brinkert gewandt: "Sie konkurrieren heute mit Größen wie Daimler oder Google." Und nannte gleich ein plakatives Beispiel: Seine eigene Tochter habe sich von Google bei einer Agentur abwerben lassen.

Die Forderung nach mehr Geld  und höheren Einstiegsgehältern allerdings mochten Brinkert und Bierbaum nicht gelten lassen und verwiesen auf den Kostendruck durch die Kunden. Gleichzeitig aber räumte Brinkert ein, dass die Agenturen tatsächlich ein Imageproblem hätten, das man an der Wurzel behandeln müsse. "Für den Nachwuchs sind wir keine Popstars mehr," resümiert er. Auch die Agenturen müssten angesichts der fehlenden Bewerber Marketing für sich als Arbeitgeber machen. Deswegen müssten sich die Agenturen fragen: " Wie bekommen wir mehr in die Kirche?"

Auf die 100.000-Euro-Frage hatten ADC und GWA keine konkrete Antwort. Dafür gaben sie den Werbeliebe-Studenten "Hausaufgaben" auf. Sie sollten "Wertschätzung" genauer definieren und das Ergebnis dann bei den Verbänden einreichen. Dann könne man auf den nächsten Vorstandssitzungen reagieren und gegebenenfalls Thesenpapiere oder Empfehlungen für die Mitglieder erarbeiten.


Autor: Anja Janotta

seit 1998 bei der W&V - ist die wohl dienstälteste Onlinerin des Hauses. Am liebsten führt sie Interviews – quer durch die ganze Branche. Neben Kreativ- und Karrierethemen schreibt sie ab und zu was völlig anderes - Kinderbücher. Eines davon dreht sich um ein paar nerdige Möchtegern-Influencer.