Undercover im Lager:
RTL entfacht Shitstorm über Zalando
RTL wirft Zalando in einer Dokumentation vor, es mit dem Arbeitsrecht nicht ganz so ernst zu nehmen und Mitarbeiter an den Rand ihrer Belastbarkeit zu treiben. Eine junge Journalistin bewarb sich undercover als Lagerarbeiterin in Erfurt, um die Zustände dort zu dokumentieren.
RTL wirft Zalando in einer Dokumentation vor, es mit dem Arbeitsrecht nicht ganz so ernst zu nehmen und Mitarbeiter an den Rand ihrer Belastbarkeit zu treiben. Die junge Journalistin Caro Lobig bewarb sich undercover als Lagerarbeiterin in Erfurt, um die Zustände dort zu dokumentieren. Unterstützung erhielt sie von dem Undercover-Papst Günther Wallraff. Heimlich ausgestattet mit einem Schrittzähler lief sie angeblich bis zu 27 Kilometer am Tag als sogenannte "Pickerin". Sie sammelte Artikel für Bestellungen aus hunderten von Regalmetern zusammen und wurde dabei mit Hilfe ihres Produkt-Scanners überwacht. Aus den Daten leiteten die Vorgesetzten die Schnelligkeit der Picker ab, ermittelten aber auch ihre Standzeiten. Ein im Beitrag zitierter Arbeitsrechtler sieht darin datenschutzrechtliche Probleme, da mit solchen Geräten zwar die Produkte überwacht werden dürften, jedoch nicht die Mitarbeiter. Ein anonymer Lager-Mitarbeiter zieht gar den Vergleich zur Stasi.
Der Arbeitsrechtler prangert außerdem die willkürlichen Diebstahlkontrollen als unzulässig an, da sie die Belegschaft unter Generalverdacht stelle. Als unzulässig stellt er auch die Praxis hin, wonach sich die Lagermitarbeiter während ihrer Arbeitszeit nicht hinsetzen dürfen. Außerdem kritisiert der Beitrag den fehlenden Betriebsrat in dem Lager und bekommt dabei auch Schützenhilfe von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. In einem Interview sagt die Undercover-Journalistin, es gehe ihr zwei Woche nach dem Ende ihrer Einsatzes besser, ihr Staubhusten sei weg und den Knien und Gelenken gehe es langsam besser.
Insgesamt wird Zalando in dem Beitrag als Arbeitgeber dargestellt, bei dem ein großer Druck herrscht, der sich auch negativ auf die Gesundheit der Mitarbeiter auswirke. Um das zu unterstreichen, kommt ein anonymer Rettungssanitäter zu Wort, der über die häufigen Einsätze bei dem Zalando-Lager spricht. Auch ein Todesfall aus dem vergangenen Jahr wird zitiert. Ein Mitarbeiter soll auf der Toilette einen Herzinfarkt erlitten haben. Dabei kann bei dem Zuschauer durchaus der Eindruck entstehen, der Mitarbeiter sei in dem Logistikzentrum gestorben, wogegen sich Zalando in einer Mitteilung zu der Dokumentation zur Wehr setzt. "Tatsache ist, dass es bis zum heutigen Tag keinen einzigen Todesfall in unserem Logistikzentrum in Erfurt gab. Aufgrund des unerwarteten häuslichen Todesfalls eines unserer Mitarbeiter, haben wir selbstverständlich Anteil genommen, mit allen Kollegen eine Schweigeminute eingelegt und im Namen der Kollegen einen Kranz bei der Beerdigung niedergelegt", heißt es da. Das Unternehmen nehme die erhobenen Vorwürfe sehr ernst und werde alle Kritikpunkte gründlich und selbstkritisch prüfen. Einige Punkte will Zalando jedoch so nicht stehen lassen.
Schon in der Nacht, nachdem der Beitrag um 22.15 ausgestrahlt wurde, reagierte Zalando auf den drohenden Shitstorm und postete bei Facebook: "Puh, die Emotionen kochen ziemlich hoch, aber da müssen wir wohl durch. Unten schon einmal der Link zur Themenseite Logistik mit vielen Fakten. Ein ausführliches Statement folgt Morgen." Das ist inzwischen online mit Stellungnahmen zu den Kritikpunkten der Sendung. Darin distanziert sich Zalando unter anderem von dem Vorwurf, eine Überwachungskultur zu fördern. Der harsche Ton der Vorgesetzten sei "bedauerlich und spiegelt in keiner Weise die von uns gewollte und gelebte Unternehmenskultur wider." Diesen Einzelfällen wolle Zalando nachgehen.
In den sozialen Netzwerken entlädt sich dennoch wie gewohnt die Empörung der Nutzer. Bei Twitter hat es der Hashtag #Zalando inzwischen in die Trend-Themen geschafft und die Facebook-Seite des Händlers wird zugepflastert mit Beschimpfungen und Ankündigungen, dort nichts mehr zu bestellen.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Arbeitsbedingungen bei Zalando angeprangert werden. Auch das "Handelsblatt" und der "Spiegel" haben sich mit dem Thema bereits beschäftigt.